Dungeons & Dragons Interview: Rick Kavanian über seine erste Synchronrolle, ungarische Vampire und Mut zur Fantasie

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Special Christian Fussy - Redakteur
Dungeons & Dragons Interview: Rick Kavanian über seine erste Synchronrolle, ungarische Vampire und Mut zur Fantasie
Quelle: Paramount Pictures

Wir haben Rick Kavanian in Berlin zum Interview getroffen. Im Film "Dungeons and Dragons: Ehre unter Dieben" spricht der Tausendsassa eine Reihe von toten Soldaten. Diese kamen in einer Schlacht ums Leben und werden nun von den Helden des Films ausgegraben und nach dem Verbleib eines wichtigen Gegenstands befragt. Wir reden mit Kavanian über Dungeons and Dragons, seine Karriere im Synchronberuf, die Top Fünf der besten deutschen Synchronsprecher, Wünsche an die deutsche Filmindustrie und die Freude am Schauspiel.

Rick Kavanian, bekannt durch seine Auftritte in Sketch-Comedy-Shows wie Bullyparade, Bully & Rick und zuletzt der deutschen Version von Amazons LOL, ist nicht nur erfolgreicher Comedian, sondern auch ein stimmliches Chamäleon. Der Münchner ist bereits seit den frühen 1990ern als Synchronsprecher tätig und leiht seine Stimme sowohl nationalen als auch internationalen Produktionen. Im neuen Dungeons-and-Dragons-Film "Ehre unter Dieben" spricht das Multitalent mehrere Bewohner eines Soldatenfriedhofs. Unsere Helden rund um den von Chris Pine gespielten Edgin erwecken die Toten für jeweils fünf Fragen aus ihrer ewigen Ruhe, um herauszufinden, wer am Ende einer blutigen Schlacht in Besitz eines wichtigen magischen Artefaktes war. Die Ausführungen der Leichen werden dann jeweils in Rückblenden gezeigt. Ein Clip der besagten Szene wurde bereits im Vorfeld veröffentlicht. Unter diesen Zeilen könnt ihr euch daher gerne selbst einen Eindruck von der deutschen Vertonug machen. Zur Premiere des Films trafen wir Kavanian in Berlin zum Interview und sprachen mit ihm über seine Anfänge als Synchronsprecher, Spaß am Set, Comedy, Pen&Paper, die deutsche Filmlandschaft und seine Top 5 der deutschen Synchronriege. Viel Spaß beim Lesen!

01:38
Dungeons & Dragons: Lustige Szene aus dem Fantasy-Kracher

Dungeons and Dragons: Eine komplett neue Welt für Rick

PCG: Wie ist deine Verbindung zu Dungeons & Dragons?

Rick Kavanian: Ich hatte schon mal von Dungeons & Dragons gehört, aber nicht wirklich Ahnung. Vielleicht hätte ich noch gewusst, dass es ein Brettspiel ist, aber mehr... Der Kollege hat vorhin ganz selbstverständlich über Pen & Paper gesprochen. Ich so: Hehehehe. Für mich eine neue Welt.

PCG: Du wärst wahrscheinlich ziemlich fantastisch darin. Es geht viel um Improvisation. Auch ums Stimmen Imitieren und in Charaktere schlüpfen.

Rick Kavanian: Ich lerne das tatsächlich gerade von euch. Mir was das überhaupt nicht [bekannt].

PCG: Bei der Bullyparade und auch Sketch Comedy allgemein geht es ja auch darum, einen Charakter zu kreieren und dann loszulegen. Wäre das nicht mal was für euch? Ein Spieleabend mit Bully und Co.?

Rick Kavanian: Wir bräuchten halt jemanden, der uns anleitet, weil wir alle drei von nichts ne Ahnung haben (lacht), aber wie gesagt, ich hab mich gefreut als ich gehört habe, dass es ein Spiel ist, in dem man Dinge frei erfinden kann. Bei dem man sagen kann: Hey, wir sitzen jetzt am Lagerfeuer und da sitzen irgendwelche Drachen mit uns und den Drachen ist kalt, wir müssen denen Pullover stricken. Blöd gesagt, aber dass man sich eben Dinge gemeinsam überlegen kann und muss - das finde ich schon spannend.

PCG: Du hast den Film ja gesehen. Was ist das, was dich an der Welt am meisten fasziniert hat?

Rick Kavanian: Wie schon gesagt, ist das eine Welt, die ich überhaupt nicht kannte. Dann habe ich mich mit dem Thema beschäftigt und fand es spannend. Und als ich den Film im Kino gesehen habe, war es dann so, als hätte mich jemand angeschnallt und eine Achterbahn runtergeschubst. Ich dachte, was ist denn jetzt los? Dieser viel zu dicke Drache, dieser Bearowl, die Doric (Sophia Lillis), die sich dann so... Boah, das ist toll gemacht. Auch die Böse mit dem Rauch. Das hat mich umgehauen. Die Stadt Neverwinter. Da sind so viele visuelle Momente, die mir extrem gut gefallen haben... auch das Gespräch vom Zauberer mit seinem Vorfahren. Und dann war der Film vorbei und ich hab gesagt: Leute, da muss ein zweiter Teil her! Ich hab' wirklich Spaß gehabt. Ich hab' gelacht, und sogar berührt hat es mich zwischendurch. Die Geschichte von Edgin (Chris Pine), schon dramatisch.

Dungeons & Dragons Interview: Rick Kavanian über seine erste Synchronrolle, ungarische Vampire und Mut zur Fantasie Quelle: Paramount Pictures

Improvisation und Spielfreude

PCG: Als jemand, der aus dem Comedy-Bereich kommt, kannst du vielleicht deine Einschätzung geben, was der Film besonders macht. Ich persönlich fand zum Beispiel sehr schön, dass der Humor in den Figuren verankert ist und nicht mit einem Augenzwinkern vorgetragen nach dem Motto "Ist das hier nicht alles albern?", sondern sie handeln in ihrer Rolle und das ist eben lustig.

Rick Kavanian: Du hast es super beschrieben! Genau so seh' ich das auch. Sowas kann ja auch schiefgehen, und das ist es überhaupt nicht. So ein tolles Timing. Das klingt jetzt vielleicht vermessen, aber ich erkenne die Freude meiner Kollegen am Spiel. Der hat da Bock drauf. Die haben gelacht, vielleicht mal verlacht, mal ernst gespielt. Da ist ein guter Spirit. Ich hab das gesehen und mir gedacht: Da hätte ich auch gern mitgespielt, das hat bestimmt Spaß gemacht.

PCG: Die Schauspieler haben mir alle erzählt, dass das Skript sehr stark war. Dass nicht viel rumimprovisiert wurde, sondern dass darauf vertraut wurde, dass sich jemand einen Joke ausgedacht hat mit Setup und Payoff. Wie ist das bei dir? Merkst du, dass dieses Judd-Apatow-mäßige Improvisationstheater so langsam auch in Deutschland Fuß gefasst hat oder ist das hier meistens noch, dass klassisch das Skript gespielt wird und höchstens nachher noch herumprobiert wird?

Rick Kavanian: Das ist eine gute Frage. Ich merke, dass dadurch, dass so viel gedreht wird, leider auch immer weniger Zeit da ist. Früher hatten wir mehr Zeit für Proben. Da hat man in der Probe vielleicht mal gemerkt, das ist vielleicht doch nicht so stark, was wir uns da überlegt haben. Das können wir umformulieren. Oder haben beim Drehen nochmal gesagt, das Ding ist schon im Kasten, aber machen wir noch mal eine für die Galerie oder für uns und dann kam plötzlich was raus, womit keiner gerechnet hat. Muss nicht sein, aber jetzt ist schon alles sehr eng getaktet und ich würde mir wünschen, dass wir uns mehr Zeit zum Proben nehmen und auch ein bisschen improvisieren. Weil es ist, wie du sagst: wenn du stark in der Figur bist, wenn du weißt, wie deine Figur funktioniert, dann bedienst du sie, dann kommen Dinge, sie fliegen dir eher zu. Wenn du nicht weißt, wie sie funktioniert, dann wird's schwierig. Aber wie du schön gesagt hast, unsere Figuren hier bei D&D, die sind durchdacht. Da kommt der Humor aus der Figur raus. Das ist toll.

PCG: Wenn du als Sprecher eine Rolle bekommst, wird dir nahegelegt, dich an der englischen Vertonung zu orientieren oder bekommst du nur ein Bild und du denkst dir dann, wie jetzt so eine Leiche klingt?

Rick Kavanian: Als man mir die Rollen angeboten hat, wurde mir im Zoomcall der Ausschnitt gezeigt und ich war sehr selbstbewusst und hab gesagt, "ja, das macht der Rick schon". Und dann stand ich im Synchronstudio und hab gedacht: Oh, das ist doch nicht so einfach, weil es ja teilweise Rückblenden sind und die Leichen direkt miteinander im Dialog. Natürlich wollte ich nicht, dass man direkt mich raushört, weil es um die Figur und nicht um mich geht, und ich wollte eben auch, dass sie ihre Glaubwürdigkeit bewahren und nicht überzeichnet werden. Es ist zwar ein humoristischer Moment, aber eben aus der Figur heraus und nicht einfach ein Kommentar. Mit Regisseur Christian Zeiger haben wir Einiges ausprobiert, damit die [Leiche] Eins, wenn sie im Dialog mit der Drei ist, nicht so klingt wie die Vier oder die Fünf wie die Zwei. Also es war tricky (lacht).

Dungeons & Dragons Interview: Rick Kavanian über seine erste Synchronrolle, ungarische Vampire und Mut zur Fantasie Quelle: Paramount Pictures Was kommt als erstes bei deinem Prozess? Ist es zuerst die Persönlichkeit, der Charakter und die Stimme oder sind es Äußerlichkeiten? Du sprichst zum Beispiel eine Schildkröte, die stellt man sich ja langsam vor, man hat irgendwie im Kopf, wie eine Schildkröte klingt. Oder gehst du erst mal von der Persönlichkeit aus und versuchst den Charakter zu kreieren und danach kommt dieser Phänotyp "als Schildkröte"?

Rick Kavanian: Es ist total interessant, weil die Amerikaner sich wünschen, dass wir beim Synchron in Deutschland so nah wie möglich ans Original rankommen. Aber wenn ich zum Beispiel Hotel Transsilvanien als Beispiel nehmen darf, da war's so, dass Adam Sandler im Original ein bisschen wie einer seiner jüdischen Onkel oder Omas klingt. Auf Deutsch kannte ich das nicht. Dann habe ich an einen ungarischen Freund gedacht. (In Drakula-Stimme:)" So wie Drakula eben spricht, er spricht jetzt, wie Drakula eben spricht" - und die Amerikaner fanden's gut. Eine solche kreative Freiheit hat man eher selten. Bei Madagaskar habe ich versucht, so ähnlich wie Chris Rock zu sprechen, nur eben auf Deutsch, um den Original nahe zu kommen. Anders ist es, wenn wir aus Deutschland heraus animieren und ich eine Schildkröte bin, oder wie in Schule der magischen Tiere ein Chamäleon - da gab's ja keine Vorlage! Da haben wir probiert und verworfen, verworfen und probiert. Das ist dann wirklich ein Herantasten.

"Hallo, ich bin jetzt da"

PCG: Als jemand der einen Namen und ein Standing hat, meinst du, deine Erfahrung ist anders als bei Leuten, die frisch in die Branche kommen, oder ist der Prozess immer gleich?

Rick Kavanian: Der Prozess ist schon ähnlich, aber ich glaube auch, dass man sich in meinem Fall - eben weil ich das schon so lange mache - für meine Ideen mehr interessiert als bei jemandem, der ganz neu dazukommt. Mein allererster Satz, den ich im Synchronstudio gesprochen habe, war in einer spanischen Telenovela. Das war 1992 oder 93. Ohne Scheiß: ich wusste überhaupt nicht, was ich da mach'. Irgendwann hieß es da: "Äh, Rick, komm mal rein!" und dann kam ich so rein und dann stand da ein Satz und der Satz war "Hallo, ich bin jetzt da". Dann drei, zwei eins - und ich so "Hallo, ich bin jetzt da". "Ok Rick, das war's, danke". Ich so: "wie?" "Du hast einen Take" "Ahja".

PCG: Wenn du zu diesem Moment zurückgehen würdest und neu anfängst in diesem Beruf. Was wären aus deiner jetztigen Perspektive die Ratschläge, die du dir mitgeben würdest?

Rick Kavanian: Sprechausbildung, Gesangsausbildung, Schauspielausbildung. Ohne die drei kein Synchron. Und idealerweise einen freien Kopf bewahren. Ich hatte das Glück, dass ich zum Beispiel durch die Bullyparade, in der man ja alles selber gestaltet hat, mit Kreativität spielen konnte. Das prägt einen in der Arbeit. Wird einem etwas Tolles vorgesetzt, dann sagt man "natürlich mach ich das, das ist toll". Aber trotzdem ist da immer noch so eine kleine Stimme die sagt: Könnte man nicht da noch ein bisschen schrauben?

Synchron-Meister Deutschland und deutsche Synchron-Meister

PCG: Abgesehen von dir selbst, wer würdest du sagen, ist in der deutschen Synchronriege die Crème de la Crème?

Rick Kavanian: Axel Malzacher, Tobias Meister, Rolf Schult ist leider nicht mehr unter uns. Und Katrin Fröhlich. Und Elisabeth von Molo. Top Fünf für mich.

PCG: Hat sich das Berufsfeld in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert? Was ist die krasseste Veränderung, die du erlebt hast?

Rick Kavanian: Ich glaube durch die Technologie und die Flut an Produktionen, die synchronisiert werden müssen, merkt man leider bei der einen oder anderen, dass die Sorgfalt ein wenig nachlässt. Ich habe gelernt, dass Synchron sehr viel Sorgfalt erfordert und Präzision. Und genau das dürfen wir nicht verlieren. International ist man glaube ich beeindruckt von der Art, wie wir synchronisieren und das sollten wir uns nicht durch Hudelei oder Zeitmangel nehmen lassen.

PCG: Dadurch, dass auch aus anderen Bereichen vermehrt Leute und Prominente gecastet werden, wird es schwieriger, diesen Beruf zu machen?

Rick Kavanian: Ehrlich gesagt, weiß ich das gar nicht. Mir hat aber neulich ein Kollege erzählt, der wiederum von jemandem gehört hat, dass dieses ChatGPT irgendwas synchronisiert hat

(lacht) und das sei gar nicht so schlecht gewesen. Also, das wäre natürlich bitter, wenn so etwas Schule macht. Da hätte ich viel mehr Bedenken.

Dungeons & Dragons Interview: Rick Kavanian über seine erste Synchronrolle, ungarische Vampire und Mut zur Fantasie Quelle: Paramount Pictures

PCG: Was würdest du sagen ist der größte Unterschied zwischen deutschen Produktionen und internationalen?

Rick Kavanian: Ich hab noch nicht so viel international gemacht, aber ich sag mal so: Als wir Jim Knopf in Kapstadt gedreht haben, war dort wahnsinnig viel Personal. Da werden viele Menschen bewegt, angezogen, ausgezogen, umgezogen. Da wird viel geleuchtet usw. Aber das ist auch erforderlich bei einem so großen Film.

Man darf nicht der Illusion erliegen, dass viel Geld gleichzeitig bedeutet, dass man einen besseren Film macht. Mit 5000 Euro kann man einen bewegenden Film machen und mit 500 Millionen durchaus auch drei Filme, von denen alle sagen "Naja, öhm, puh". Ich glaube also nicht, dass ein hohes Budget automatisch für bessere Filme steht . Ich würde mal vorsichtig, VORSICHTIG, bitte nicht festnageln, sagen, die Amerikaner trauen sich ein bisschen mehr. Ich verstehe, dass es immer ein Risiko ist, viel Geld einzusetzen, aber gerade weil wir vorhin über Fantasie gesprochen haben: ich glaube, dass mehr Mut zur Fantasie stellenweise mit Budget unterstützt werden sollte.

Schau Dir die Amerikaner an: Avatar[-Regisseur James Cameron]. Ist der verrückt. Aber er macht's halt. Er macht's halt. Er spinnt. Er spinnt total. Und ich sitz' im Kino und denk mir, er hat sie nicht mehr alle. Aber er kann es und er macht es. Das ist schon krass.

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"Dungeons and Dragons: Ehre unter Dieben" läuft seit dem 30. März 2023 in den deutschen Kinos. Neben Chris Pine ("Star Trek") als Edgin sind Michelle Rodriguez ("Fast & Furious") als Holga, Sophia Lillis ("Es") als Doric, Justice Smith ("Pokémon: Detektiv Pikachu") als Simon und Regé-Jean Page ("Bridgerton") als Xenk als Abenteurer zu sehen. Die Rolle des schurkischen Widersachers übernimmt Charmebolzen Hugh Grant. Unsere Kritik zum Film findet ihr hier.

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