Guardians of the Galaxy 3 in der spoilerfreien Filmkritik: Die Leiden des jungen Waschbärs

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Test Christian Fussy - Redakteur
Guardians of the Galaxy 3 in der spoilerfreien Filmkritik: Die Leiden des jungen Waschbärs
Quelle: Marvel Studios

Im Finale von James Gunns Space-Opera-Reihe "Guardians of the Galaxy Vol. 3" (Kinostart: 3. Mai 2023) dreht sich alles um das kleinste Guardians-Mitglied Rocket Raccoon. Im Mittelpunkt der Handlung stehen die komplexen Emotionen des wütenden Waschbärmannes und seine einstige Erschaffung durch den Schurken des Films, den High Evolutionary. Warum Teil Drei ein passender Abschluss für die Marvel-Reihe ist, wir aber trotzdem nicht jedem Fan einen Kinobesuch empfehlen würden, lest ihr in unserer spoilerfreien Filmkritik.

Nach dem Sieg über Thanos (Josh Brolin) in "Avengers: Endgame" zogen sich die Guardians of the Galaxy auf die Basis Knowhere zurück. Ein zuckersüßes Weihnachtsspecial und einen unsympathischen Thor-Film später, wird die Truppe nun sechs Jahre nach "Guardians 2" endlich von Stamm-Regisseur und -Drehbuchautor James Gunn dort abgeholt und auf ein weiteres, eigenes Spielfilm-Abenteuer geschickt. Sowohl für Gunn als auch für einen erheblichen Teil des Casts bezeichnet "Guardians of the Galaxy Vol. 3" den wahrscheinlich endgültigen Abschied aus dem Marvel-Universum. Fan-Erwartungen und -Befürchtungen sind dementsprechend hoch. Der Filmemacher bekam beim Endstück der Trilogie erneut volle kreative Kontrolle und sogar einen Freischein, jede Figur umbringen zu können, die er möchte. Dabei herausgekommen ist eine fast zweieinhalb Stunden lange Science-Fiction-Dramedy, die nicht nur die Geschichte der Guardians zu einem passenden Ende bringt, sondern gleichzeitig auch ein deutliches Ausrufezeichen unter Gunns gesamtes bisheriges Schaffen im Superheldengenre setzt.

Darum geht's in "Guardians of the Galaxy Vol. 3"

Peter Quill (Chris Pratt) ist traurig. Nach dem Tod von Vaterfigur Yondu (Michael Rooker) in "Guardians of the Galaxy Vol. 2" verlor der Anführer der Guardians mit Gamora (Zoe Saldana) in "Infinity War" auch noch seine große Liebe. Die Angst, eine weitere geliebte Person zu verlieren, hat den einst so lebensfrohen und draufgängerischen Piloten in einen dauerbesoffenen Miesepeter verwandelt - sehr zur Sorge seiner Crew. Erst das plötzliche Auftauchen von Adam Warlock (köstlich: Will Poulter), einem Auserwählten vom Volk der Sovereign, reist den legendären Star-Lord aus seiner Lethargie. Der hat es nämlich auf Quills besten Freund Rocket (Stimme: Bradley Cooper) abgesehen und handelt im Auftrag von dessen Erschaffer, dem High Evolutionary (Chukwudi Iwuji). Vor vielen Jahren wurde Rocket von dem Wissenschaftler als Teil eines grausamen Experiments kreiert, bei dem am Ende die "perfekte Lebensform" hätte entstehen sollen. Was genau damals vorgefallen ist und warum der High Evolutionary plötzlich wieder Interesse an seiner Schöpfung hat, erfahren wir im Lauf des Films in Flashbacks. In der Gegenwart muss dem Weltraum-Frankenstein aber erst einmal das Handwerk gelegt werden. Dieses Unterfangen vereint die Crew der Milano mit einigen alten Wegbegleitern - darunter auch eine Gamora aus der Vergangenheit...

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Guardians of the Galaxy 3: Bittersüßer Trailer läutet Ende der Reihe ein

Der High Evolutionary - Ein brutaler Schurke

Wie vielleicht schon aus den Trailern zu erkennen ist, handelt es sich bei "Guardians of the Galaxy Vol. 3" um den bisher düstersten Teil der Reihe. Bereits in den Vorgängern waren zwar viele Handlungen der Protagonisten moralisch fragwürdig, bedrückend und emotional wurde es jedoch immer nur an ganz bestimmten Punkten. Im Gegensatz dazu ist das Finale durchgehend mit ernsthaften Momenten garniert. Insbesondere die Rückblenden, in denen Rockets Entstehung und Gefangenschaft durch den High Evolutionary gezeigt werden, enthalten eine Grausamkeit, die das Franchise so explizit noch nicht gesehen hat.

Vor allem die ständige Gewalt an Tieren, von denen einige ein brutales Ende finden, könnte für kleine Fans verstörend sein. Die mal mehr, mal weniger knuffigen Geschöpfe, die alle die Fähigkeit zur Sprache besitzen, werden zum Teil geschlagen, erschossen, bei lebendigem Leib verbrannt oder sogar geköpft. Wie alle Marvel-Filme ist auch "Guardians 3" ab 12 Jahren freigegeben und Blut gibt es in diesen Szenen nicht zu sehen. Dennoch ist das Leid allein schon durch die Geräusche der verängstigten Wesen ziemlich greifbar. Wer plant, mit seinen Kindern ins Kino zu gehen, sollte also vorher vielleicht lieber ein paar Späher aussenden, um zu überprüfen, ob der eigene Nachwuchs die entsprechenden Szenen ertragen kann oder nicht. Im Zweifelsfall würden wir lieber von einem Besuch abraten, da sich die Tierquälerei nicht auf ein paar wenige Szenen begrenzt, sondern im gesamten Film immer wieder thematisiert und gezeigt wird.

Guardians of the Galaxy Vol. 3 Quelle: Marvel Studios Die Guardians Manits (Pom Klementieff), Drax (Dave Bautista), Star-Lord (Chris Pratt) und Nebula (Karen Gillan)

Immer ein Highlight: Der (be)drückende Soundtrack

Auch abseits der Gewalt hat "Guardians of the Galaxy Vol. 3" einen etwas schwermütigeren Tonfall als die voranstehenden Filme - und das im Fall der Musik sogar buchstäblich. Bestand der Soundtrack der Vorgänger noch größtenteils aus fetzigen Pop- und Rockklassikern der 70er- und 80er-Jahre, finden sich diesmal auch langsamere Stücke aus den 90ern und 2000ern auf der Tonspur, darunter Tracks von Florence and the Machine, Faith No More und Radiohead. Was vielleicht erst einmal merkwürdig anmutet, immerhin war die Musikuntermalung in der Vergangenheit stark an die Identität von Peter Quill geknüpft, ergibt thematisch absolut Sinn. Evolution ist eben nicht nur das Ziel des Schurken, sondern auch ein zentrales Motiv des Films.

Zum Abschluss der Trilogie wird gleichzeitig zurück und nach vorne geschaut und beleuchtet, wo die einzelnen Figuren herkommen, wie sich ihre Ziele verändert haben und was jedes Mitglied der Guardians braucht, um die nächste persönliche Entwicklungsstufe zu erreichen. Rocket steht dabei am stärksten im Fokus und so ist es auch ein Musikstück seiner Wahl, das den Film eröffnet und beendet. Aber auch der Rest der Truppe lernt in den rund 150 Minuten Laufzeit etwas über den eigenen Platz in der Welt.

Guardians of the Galaxy Vol. 3 Quelle: Marvel Studios Adam Warlock (Will Poulter) und Ayesha (Elithabeth Debicki)

Perfekt unperfekter Abschluss

Gunn hat die Formel hinter seinen Ensemblefilmen mittlerweile perfektioniert und sorgt dafür, dass alle Hauptfiguren, ausgenommen vielleicht der bereits mit einer makellosen Persönlichkeit ausgestattete Groot (Vin Diesel), einen kleinen Charakterbogen haben. Die Stärke des Films liegt in seinen Charakteren und seiner thematischen Resonanz vielmehr als in der zugrundeliegenden Story. Wie in den meisten Marvel-Filmen ist der Schurke trotz persönlicher Verbindung zu Rocket und dem einnehmenden Spiel von Chukwudi Iwuji ("Peacemaker") eigentlich nur ein weiteres Hindernis, das überwunden werden muss.

Guardians of the Galaxy Vol. 3 Quelle: Marvel Studios High Evolutionary (Chukwudi Iwuji) Seine Motivation, eine perfekte Spezies und Welt aus einem Haufen Kleintiere zu erschaffen, sowie die Tatsache, dass die Endstufe sämtlicher Evolution anscheinend immer ein humanoides Geschöpf zu sein scheint, unabhängig vom Lebensraum der jeweiligen Kreatur, ergibt dann auch nur mit Comicbuchlogik Sinn. Diese erlaubt es Gunn aber auch, ein paar wirklich eindrucksvolle Bilder in seinen Film zu packen. Gespickt mit knalligen Farben, interessanten Kreaturen-Designs und - etwas überraschend, aber hinsichtlich der Schöpfungsthematik nicht deplatziert - zahlreichen biblischen Motiven, ist "Guardians of the Galaxy 3" optisch unverkennbar James Gunn.

Eine klare "Moral der Geschicht" gibt es zwar nicht und viele Kritiker werden dem Film sicher wieder vorwerfen, nichts zu sagen zu haben, aber dem würde ich widersprechen. Zwar mag die Aussage nicht direkt offensichtlich oder besonders tiefgründig sein, James Gunn lässt uns in seinem wahrscheinlich letzten Marvel-Film aber definitiv mit einer persönlichen Botschaft zurück.

Guardians of the Galaxy Vol. 3 Quelle: Marvel Studios Gamora (Zoe Saldana) Unsere Helden lernen, dass eine eigene Identität zu finden ein wichtiger Aspekt unserer Existenz ist und wir nicht ewig an einer bestimmten Version einer Person festhalten können. Sei es eine Beziehung, ein Filmfranchise oder ein perfektes antropomorphes Frankenstein-Monster: Manchmal ist es Zeit, unsere eigene Kontrolle über eine Sache abzugeben, loszulassen und weiterzuziehen. Die besten Dinge im Leben sind selten planbar und genau die unerwarteten oder unerwünschten Entwicklungen können uns zu den interessantesten Erkenntnissen führen. Oder im Fall von Gunn zu einer Stelle als Chef der Kreativabteilung von Warner Bros. Pictures.

Guardians of the Galaxy Vol. 3 Quelle: Marvel Studios Drax (Dave Bautista) und Mantis (Pom Klementieff)

Fazit

"Volume 3" ist nicht nur ein weiteres Kapitel in der schier endlosen Marvel-Saga, sondern auch ein persönlicher Abschiedsbrief von Gunn und seinem Cast. Damit eignet er sich der Film hervorragend als Ausstiegspunkt für all diejenigen im Publikum, die mal eine Pause von dem kompletten Franchise machen wollen. Klar werden einige der Figuren in zukünftigen Marvel-Filmen wiederauftauchen, wer will, bekommt hier aber auch die Chance zu einem sauberen Lebewohl.

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Alles in allem ist "Guardians 3" ein wirklich schöner Schlusspunkt geworden. Auch wenn vielleicht nicht ganz die komödiantischen Höhen des Erstlings oder die emotionalen Tiefen des zweiten Teils erreicht werden, zählt der Film wie seine Vorgänger zu den besten des gesamten MCU. Ein paar Dinge gibt es aber natürlich trotzdem zu kritisieren. Momente in denen Figuren, die kein Problem damit haben, Handlanger zu töten, plötzlich aus innerer Größe davon absehen, einem wichtigen Schurken das Lebenslicht auszublasen, sind ein nerviges Klischee und leider auch hier präsent. Und auch die Albernheit von Dave Bautistas Figur Drax, die sich vom gefürchteten Krieger zum Obelix-ähnlichen Comic Relief gewandelt hat, geht stellenweise etwas zu weit. Diese Schwächen sind dank einer flotten Inszenierung und zahlreicher wirklich kreativer Momente aber verzeihbar. Wer den Vorgängern etwas abgewinnen kann und von der Gewalt gegen hilflose CGI-Tierchen nicht zu sehr abgeschreckt ist, kann getrost auch sein Ticket für Teil Drei lösen. "Guardians of the Galaxy" läuft seit dem 3. Mai 2023 in den deutschen Kinos.

    • Kommentare (6)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von heinz-otto Hobby-Spieler/in
        Ich war gestern abend drin und kann mich der Kritik voll anschließen. Ich mag die Marvel-Filme zwar, finde das Riesen-Franchise aber inzwischen eher antrengend. Die Kolleg*inn*en schleppen mich aber immer mit und so gehe ich dann doch immer in den aktuellen Marvel Film ins Kino.
        Bei all den verschiedenen Helden(truppen) sind mir die Guardians mit den beiden bisherigen Filmen echt ans Herz gewachsen. Die Filme nehmen sich durch ihren Humor ein bisschen selbst auf die Schippe, schaffen damit auch eine gewisse Distanz zum Franchise, haben aber trotzdem einen ernsten Kern: eine Truppe zusammengewürfelter Einzelgänger, denen das Schicksal bisher eher nicht zugetan war, finden miteinander Freundschaft und Familie. Der dritte Teil nimmt das auf verschiedenen Ebenen erneut auf und die ernsten Momente setzen sich neben den Albernheiten immer stärker durch, was aber auch den Reifungsprozess der Charaktere spiegelt. Und ich muss ehrlich sagen, dass mich in den letzten Jahren kaum ein Film so emotional berührt hat wie dieser vor allem im Hinblick auf Rocket und seine Vergangenheit. Von mir daher eine klar Empfehlung und Hut ab vor James Gunn und seinem Cast.
      • Von heinz-otto Hobby-Spieler/in
        Ich war gestern abend drin und kann mich der Kritik voll anschließen. Ich mag die Marvel-Filme zwar, finde das Riesen-Franchise aber inzwischen eher antrengend. Die Kolleg*inn*en schleppen mich aber immer mit und so gehe ich dann doch immer in den aktuellen Marvel Film ins Kino.
        Bei all den verschiedenen Helden(truppen) sind mir die Guardians mit den beiden bisherigen Filmen echt ans Herz gewachsen. Die Filme nehmen sich durch ihren Humor ein bisschen selbst auf die Schippe, schaffen damit auch eine gewisse Distanz zum Franchise, haben aber trotzdem einen ernsten Kern: eine Truppe zusammengewürfelter Einzelgänger, denen das Schicksal bisher eher nicht zugetan war, finden miteinander Freundschaft und Familie. Der dritte Teil nimmt das auf verschiedenen Ebenen erneut auf und die ernsten Momente setzen sich neben den Albernheiten immer stärker durch, was aber auch den Reifungsprozess der Charaktere spiegelt. Und ich muss ehrlich sagen, dass mich in den letzten Jahren kaum ein Film so emotional berührt hat wie dieser vor allem im Hinblick auf Rocket und seine Vergangenheit. Von mir daher eine klar Empfehlung und Hut ab vor James Gunn und seinem Cast.
      • Von Christian Fussy Redakteur
        Zitat von Kahlmoix
        was für Tierquälerei? Bekommt Rocket aufs Maul? Oder werden kleine Häschen geschlachtet? Wie kann man nur so ein Text ohne jegliche Beispiele schreiben?
        Moin. Ich wollte aus Spoilergründen so vage wie möglich sein. Habe jetzt noch einen Satz mit allgemeinen Beispielen dazugeschrieben. Danke dir fürs Feedback!
      • Von Garfield1980 Spiele-Kenner/in
        Zitat von Kahlmoix
        was für Tierquälerei? Bekommt Rocket aufs Maul? Oder werden kleine Häschen geschlachtet? Wie kann man nur so ein Text ohne jegliche Beispiele schreiben?
        In den Trailern sieht man wie mit Rocket in einem Labor Tierversuche gemacht werden.
      • Von Kahlmoix Gelegenheitsspieler/in
        was für Tierquälerei? Bekommt Rocket aufs Maul? Oder werden kleine Häschen geschlachtet? Wie kann man nur so ein Text ohne jegliche Beispiele schreiben?
      • Von inano Spiele-Novize/Novizin
        Zitat von EynMarc
        Jungs das ist ein Film alle Tier sind cgi??
        Werde in den in Disney Plus schauen.
        Ach ich mag den Letzten Thor sehr. ?
        Versteh ich nicht ganz. Auch wenn es CGI-Tiere sind, wird dennoch Tierquälerei und Tierversuche thematisiert, was ein traumatisches Erlebnis hervorrufen kann. Ganz besonders bei Kindern die das (noch) nicht differenzieren können.

        Und der letzte Thor war ja wohl richtig scheiße. Wie oft sollen wir noch Thor in einer Existenzkrise, und die Findung seines Charakters, sehen? Das war in Teil 1, 3 und jetzt auch 4 so. Abgesehen davon, dass Waititi immer nur den gleichen abgedroschenen infantilen Humor runterrattert und aus Thor eine Witzfigur macht, ebenso mit Zeus.
      Direkt zum Diskussionsende
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