Story of Seasons: Pioneers of Olive Town im Test: Farmer, die auf Kühe starren
Was viele als Harvest Moon kennen, heißt mittlerweile Story of Seasons. Gameplaytechnisch hat sich aber wenig getan, noch immer bietet die Spiele-Reihe entspannten Farm-Alltag mit Langzeitmotivation. Wir haben den neuesten Ableger "Pioneers of Olive Town" für euch im Test plus Video unter die Lupe genommen.
Fans der Reihe ist schon länger bekannt, dass die alten Entwickler von Harvest Moon seit der Trennung vom Publisher Natsume die beliebten Farming-Spiele unter einem neuen Namen veröffentlichen: Story of Seasons. Aufgrund von Lizenzproblemen mussten sie den ursprünglichen Titel zwar zurücklassen, die Reihe selbst hat aber nichts von ihrem alten Glanz verloren. Für viele ist der Farming-Simulator neben Animal Crossing nicht umsonst das entspannendste Spiel überhaupt. Auch der neueste Ableger "Pioneers of Olive Town" lockt mit digitaler Gemüse- und Tierzucht sowie einer Fülle an Charakteren. Aber lohnt sich der Landausflug auch?
Inhaltsverzeichnis
Opa McDonald hatte eine Farm
Wen zieht es in Zeiten einer zunehmend hektischen Welt nicht aufs Land? Wer möchte nicht die Abgase und den Stadtlärm hinter sich lassen, um mal wieder richtig die Seele baumeln zu lassen? Wie praktisch, wenn der eigene Opa eine Farm im ländlich gelegenen Olivingen besitzt, die ihr als Enkelsohn oder -tochter ganz einfach übernehmen könnt.
So simpel das Story-Setup von Story of Seasons: Pioneers of Olive Town (jetzt kaufen 29,61 € ) auch ist - es funktioniert. Denn eine groß aufgebauschte Geschichte mit dramatischen Wendungen würde gar nicht zu dem beschaulichen Farm-Alltag passen, in den euch das Spiel entführen will.
Quelle: PC Games Glücklicherweise bleibt es nach eurer Ankunft aber nicht völlig still. Der Bürgermeister von Olivingen ist nämlich hochmotiviert und bittet euch, ihm beim Touristenfang unter die Arme zu greifen. Denn obwohl die malerische Kleinstadt direkt am Meer wahrlich ein Blickfang ist: Bis auf die durch die Gassen wuselnden Einwohner bewegt sich höchstens mal ein Strohballen über den Bildschirm. Neben dem Aufbau einer florierenden Farm mit Gemüseanbau und Tierzucht, sollt ihr im aktuellen Ableger von Story of Seasons also auch das beschauliche Olivingen mit neuen Straßen, einem Schönheitssalon und weiteren Attraktionen bestücken.
Man erntet, was man sät
Quelle: PC Games Obwohl das Leben auf dem Land oftmals in orangeroten Farbtönen auf eine romantisierte Leinwand gepinselt wird, bringt es auch einiges an Arbeit mit sich. Denn wie wir alle wissen: Aus einer großen Farm folgt große Verantwortung. Damit Spieler sich nicht überfordert fühlen, fangen wir aber klein an. Ein Zelt, ein paar Werkzeuge und eine Handvoll Rübensamen - das Startequipment bietet eine gute Grundlage für aufstrebende Ackerbauer. Das Tutorial-Dauerfeuer wirkt auf den ersten Blick zwar etwas einschüchternd, erfüllt aber seinen Zweck und führt auch Neueinsteiger gut an den Gameplay-Loop heran. Wenn eine Mechanik untergeht, können die Erklärungen außerdem jederzeit nachgelesen werden.
Quelle: PC Games Nichtsdestotrotz gibt es bereits zu Beginn eine breite Auswahl an Möglichkeiten. Bevor ihr Platz zum Samensäen habt, solltet ihr erst einmal den zugewachsenen Hof ein wenig von Bäumen, Gräsern und Steinen befreien. Das ist auch deshalb wichtig, weil ihr dadurch verschiedene Materialien erhaltet, die ihr zum Verbessern von Haus und Hof sowie für die Herstellung zahlreicher wichtiger Gegenstände benötigt. Unweit eurer Farm gibt es außerdem eine Mine, in der ihr Erz abbauen könnt. Anschließend widmet ihr euch dann der Feldarbeit. Mit der Hacke den Boden umgraben, dann Samen pflanzen und abschließend mit der Gießkanne bewässern - fertig ist euer erster Gemüseacker.
Wenn ihr die stumme Vegetation zu langweilig findet, könnt ihr natürlich auch Tiere auf eurem Hof halten. Ob Hühner, Kühe oder Schafe: Mit ein paar tierischen Begleitern wird es gleich deutlich lebhafter auf der Farm. Eier und Milch sind natürlich auch nicht zu verachten. Genau wie Gemüse und Obst packt ihr auch eure tierischen Erzeugnisse am Ende des Tages in eure Versandkiste, damit ihr über Nacht finanziell entlohnt werdet.
The right tool for the job
Quelle: PC Games Ebenso wie eure Feldwerkzeuge könnt ihr übrigens auch Axt, Sichel, Hammer und Angel verbessern, vorausgesetzt, ihr habt die richtigen Ressourcen und das nötige Kleingeld. Aber der Aufwand lohnt sich: Die verbesserten Arbeitsgeräte decken nämlich mehrere Kästchen auf einmal ab und seltenere Bäume oder Felsen lassen sich schneller niederreißen. Habt ihr ein Werkzeug ausgerüstet, markiert ein blauer Rahmen die Stelle, mit der ihr interagieren würdet. Weil das trotz der sehr hilfreichen Anzeige aber manchmal etwas fummelig ist, sind die flächenabdeckenden Verbesserungen ein wahrer Segen.
Hinzu kommt ein natürliches Fortschrittssystem: Zu jedem eurer Werkzeuge habt ihr eine entsprechende Fertigkeit, die sich bei Gebrauch langsam verbessert. Seid ihr mit eurer Axt also kräftig am Bäume fällen, steigt eure Abholzen-Fertigkeit irgendwann auf, wodurch ihr beispielsweise neue Gegenstände herstellen könnt, schneller Tannen niedermäht oder beim Schwingen der Axt weniger Energie verbraucht.
Die kaum drehbare Kamera müsste sich dabei eigentlich als hinderlich erweisen, weil ständig Bäume und Gebäude die Sicht versperren. In Wirklichkeit spielt das aber kaum eine Rolle, weil alle Hindernisse zu Umrissen reduziert werden, wenn ihr dahintersteht. So habt ihr trotz eingeschränkter Kamera immer den Überblick.
Quelle: PC Games Pioneers of Olive Town schafft es somit, ein stetiges Gefühl von Fortschritt zu vermitteln. Nach und nach könnt ihr mehr und neue Tiere versorgen, bekommt Zugriff auf unterschiedliche Gemüsesorten und Obstbäume und schaltet durch das Sammeln von Materialien sogar neue Areale frei. Auch der Sprung vom Zelt zur Blockhütte ist schon eine ordentliche Belohnung, weil ihr mit einem Mal kochen und Haustiere halten dürft. Gerade zu Beginn schaut außerdem Bürgermeister Victor täglich vorbei und gibt euch Aufträge oder Tipps, um euren Hof langsam, aber sicher zu vergrößern. Weil immer mehr Aufgaben gleichzeitig gemanagt werden müssen, gewinnt Pioneers of Olive Town außerdem fortwährend an Spieltiefe, wird jedoch nie überfordernd. Auch die lokalen Events und Jahreszeiten sorgen für eine satte Portion Abwechslung: Eierjagd, Feuerwerk und Geisterfest bringen zusätzlichen Schwung in den harten Farm-Alltag.
Alles eine Frage der Energie
Quelle: PC Games Damit ihr all die anstrengenden Aufgaben überhaupt erledigen könnt, braucht ihr natürlich genug Energie. Die wird in Form von Herzen dargestellt und leert sich nach und nach, wenn ihr auslaugenden Aktivitäten frönt. Was zunächst wie eine unnötige Form der Einschränkung wirkt, entpuppt sich als gut integriertes Gameplay-Element. Zum einen sorgt die Energie-Leiste dafür, dass ihr euch neben den reinen Hofarbeiten auch mit Erkundung, Herstellung und sozialer Interaktion beschäftigt. Zum anderen könnt ihr die Leiste auch durch das Verspeisen von Mahlzeiten einfach wieder auffüllen. Ein weiteres Rad im Management-Getriebe also.
Wenn ihr vor allem durch Gemüseanbau das schnelle Geld machen wollt, verbraucht ihr euren Löwenanteil an Energie durch das tägliche Wässern der Pflanzen. Regentage sind hier eure besten Freunde, es lohnt sich aber auch, Materialien in Sprinkler zu investieren, die den Vorgang automatisieren.
Verausgabt ihr euch zu sehr und verbraucht auch das letzte Herz oder seid nach zwei Uhr nachts noch auf den Beinen, fallt ihr in Ohnmacht und erwacht erst am nächsten Tag wieder, noch dazu ordentlich geschlaucht. Die Konsequenzen halten sich aber in Grenzen: Euch steht dann für den folgenden Tag lediglich ein bisschen weniger Energie zur Verfügung. Nichts, was sich durch ein herzhaftes Frühstück nicht wieder ausgleichen lässt.
Reif fürs Museum
Quelle: PC Games Hat man Angel und Hammer ordentlich strapaziert, stellt sich irgendwann die Frage: wohin mit all den Fischen und Bodenschätzen? Klar, verkaufen ist immer eine Option, aber wäre es nicht schön, wenn man seine wertvollen Fundsachen irgendwo gesammelt ausstellen könnte? Wie praktisch, dass Olivingen über ein Museum verfügt! Dort könnt ihr einmalig abgeben, was euch beim Angeln und in der Mine so zwischen die Finger gerät, um es anschließend in Ruhe zu begutachten. Auch Fotos von wilden Tieren sind willkommene Spenden, aus denen dann passende Statuen gefertigt werden. Findet ihr beim Buddeln undefinierbare Objekte, könnt ihr diese außerdem im Museum analysieren lassen, um daraus brauchbare Items zu gewinnen.
Während die Tierstatuen und Schätze naturgetreu dargestellt werden, sind die Fische leider bloß verschwommene Silhouetten. Lediglich zwischen groben Arten wird unterschieden, Muscheln sehen also zumindest nicht aus wie Krebstiere. Trotzdem wäre in der Aquariums-Abteilung deutlich Meer drin gewesen.
Einsilbige Pappkameraden
Quelle: PC Games Obwohl das Betreiben eurer Farm den Hauptaspekt des Spiels darstellt, hat Pioneers of Olive Town auch einiges in Sachen sozialer Interaktion in petto. Olivingen besitzt zahlreiche Bewohner, die sich über jedes Pläuschchen freuen. Die meisten Charaktere sind abwechslungsreich gestaltet. Leider sind die gezeichneten Modelle, die ihr im Einwohner-Info-Menü bewundern könnt, während den Gesprächen aber nicht zu sehen. Wollt ihr euren Lieblingskontakten Besuche bei ihnen zu Hause abstatten, serviert euch Pioneers of Olive Town liebevoll eingerichtete und detailverliebte Häuser, die das Leben der Bewohner auch nach Feierabend glaubhaft vermitteln.
Weniger liebevoll sind dafür leider die Dialoge geschrieben. Nicht nur, dass viele der Bürger äußerst einsilbige Nichtigkeiten von sich geben, auch wiederholen sich viele der Zeilen schon nach kurzer Zeit. Zwar reagieren die Einwohner auf Veränderungen der Stadt und lokale Events, dann gibt es aber kein anderes Thema mehr und mit einem Mal besteht das Vokabular der gesamten Bevölkerung nur noch aus "Ich freue mich schon auf die Eierjagd".
Wollt ihr bestimmten Charakteren eine Freude machen, könnt ihr entweder von ihnen ausgeschriebene Aufträge erfüllen (was euch obendrauf noch einen kleinen Obolus beschert) oder ihr überreicht ihnen Geschenke. Dass die Bewohner von Olivingen sich dabei über einen Stein genauso sehr freuen wie über eine Blume oder eine warme Mahlzeit, ist belustigend und ermüdend gleichermaßen. Dennoch lohnt sich das tägliche Beschenken, weil ihr abseits von Unterhaltungen so nämlich die Zuneigung des jeweiligen Charakters steigert. Bei bestimmten Meilensteinen erlebt ihr ein besonderes Ereignis, das die Figur in einer kurzen Zwischensequenz etwas aus ihrer Eindimensionalität hebt und euch näherbringt.
Ist die Zuneigung hoch genug, entfacht vielleicht sogar der Funke der Liebe. Schließlich wirft euch das Spiel gleich zehn potentielle Heiratskandidaten vor die Füße, eine Hälfte männlich, die andere weiblich. Gleichgeschlechtliche Ehen sind wie schon beim Vorgänger glücklicherweise möglich, zumindest im Westen. In Japan findet dies erneut nur unter dem Schirm einer "Beste Freunde Zeremonie" statt.
Süßer Look und die Geduld strapazierendes Gedudel
Quelle: PC Games Pioneers of Olive Town kommt in einer knuffigen Chibi-Optik daher, die größtenteils sehr gelungen ist. Die Kleinstadt Olivingen kann sich sehen lassen, auch der Farm- und Waldbereich versprühen echtes Bauernhof-Feeling. Besonders toll sind die Tiere gestaltet: Die Kühe sind ganz in der Tradition der Reihe klobige Knautschklötze, ihre kompakte Form macht sie aber umso süßer. Lediglich die 3D-Modelle der Charaktere können einen gewissen Mobile-Game-Flair nicht ganz abschütteln. Daher ist es doppelt schade, dass bei Unterhaltungen keine 2D-Porträts mehr zu sehen sind.
Der Soundtrack passt durch seine entspannenden Melodien zwar zum digitalen Acker-Alltag, will aber nicht wirklich herausstechen. Je nach Uhr- und Jahreszeit gibt es Musikwechsel, dennoch ist die Variation vergleichsweise gering und so brennen sich einige Titel über kurz oder lang ins Gehirn ein. Gerade die Minen-Melodie macht den Erz-Abbau auf Dauer nervtötend. Eine Sprachausgabe gibt es nicht, dafür reagieren Charaktere mit Lauten oder Ausrufen, wenn sie sich mitteilen möchten. Die Hauptfigur lässt euch durch häufiges Aufstöhnen übrigens genau wissen, wie anstrengend die virtuelle Farm-Arbeit wirklich ist.
Farming-Fazit
Pioneers of Olive Town kann vor allem durch seinen Umfang glänzen und sorgt durch eine Vielzahl unterschiedlicher und abwechslungsreicher Mechaniken auch langfristig für Motivation und Spielspaß. Mit seiner regen Mischung aus Hof-Alltag und sozialer Interaktion muss es sich auch vor seinen Genre-Kollegen nicht verstecken, sondern begeistert durch einen süchtig machenden Gameplay-Loop. Wer noch ein entspanntes Spiel zum Runterkommen nach einem harten Arbeitstag braucht, kann mit Story of Seasons: Pioneers of Olive Town wenig falsch machen.
Story of Seasons: Pioneers of Olive Town gibt's exklusiv für Nintendo Switch und ist für 49,99€ im eShop oder physisch bei einem Elektronikhändler eurer Wahl erhältlich.