Tell Me Why im Test: So geht Diversität! Life-is-Strange-Macher überzeugen erneut

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Test Alexander Bernhardt - Autor Philipp Sattler - Brand / Editorial Director
Tell Me Why im Test: So geht Diversität! Life-is-Strange-Macher überzeugen erneut
Quelle: Dontnod

Mit einer Transgender-Person als spielbarem Protagonisten wagen sich Dontnod Entertainment in Tell Me Why an ein bisher stark unterrepräsentiertes Thema in der Gamingwelt heran. Laut Entwickler ist es sogar das erste Mal der Fall in einem AAA-Game. Die Macher des hochgelobten Life is Strange stehen also vor der Herausforderung, einen glaubhaften Einblick in die Welt eines Transmannes zu schaffen, ohne dabei die eigentliche Geschichte aus den Augen zu verlieren. Ob ihnen dieser Drahtseilakt gelingt, lest ihr im Test.

Life is Strange schlug 2015 ein wie eine Bombe. Das Teenager-Drama rund um Max Caulfield und deren beste Freundin Chloe wurde überschüttet mit Preisen. Schon damals thematisierte Dontnod Entertainment einige "Tabuthemen" wie zum Beispiel Suizid bei Minderjährigen. Ein weiteres, bis dato selten dargestelltes Thema war die angedeutete Liebesbeziehung zwischen zwei Frauen, Max und Chloe. In Life is Strange wird das Thema rund um die LGBTQ-Community (Lesbian, Gay, Bi, Transgender und Queer) jedoch nur sehr dezent gezeigt. In Dontnods neuestem Titel steht die Sexualität und das Geschlecht des Protagonisten eindeutig mehr im Vordergrund.
Tell Me Why handelt von dem 21 Jahre alten Zwillingspaar Alyson und Tyler, Äußerlich merkt man Tyler nicht mehr an, dass er wie seine Schwester Alyson mit einem weiblichen Körper geboren wurde.  Quelle: PC Games Äußerlich merkt man Tyler nicht mehr an, dass er wie seine Schwester Alyson mit einem weiblichen Körper geboren wurde.  die sich nach 10 Jahren Trennung in ihrem Heimatdorf in Alaska wieder begegnen. Tyler tötete als Kind in Notwehr seine Mutter, woraufhin er ins Jugendgefängnis musste. Jetzt treffen sich die Geschwister wieder, um das Haus ihrer Kindheit zu verkaufen. Dabei decken sie Geheimnisse aus der Vergangenheit auf.

Tyler muss gleichzeitig mit den Kommentaren der Dorfbewohner klarkommen, denn er ist ein Transmann. Also ein Mann, geboren in einem weiblichen Körper. Mittlerweile fühlt er sich nicht nur wie ein Mann, sondern hat auch ein männliches Erscheinungsbild. Viele wissen aber nicht, wie sie damit umgehen sollen.

01:41
Tell Me Why: Ankündigungs-Trailer

Alles beim alten, nur anders

Typisch für die Spiele von Dontnod erscheint auch Tell Me Why im Episodenformat. Mit knapp 3 Stunden pro Episode ist das Game relativ schnell durchgespielt. Die ersten zwei Episoden sind schon erschienen, die dritte und damit finale Episode erscheint am 10. September. Damit haben die Entwickler auf den Wunsch der Fans reagiert, die Episoden in kürzeren Abständen zu veröffentlichen.

Spielerisch hält sich Tell Me Why ebenfalls an die Vorbilder des Life is Strange-Franchis oder auch der Telltale Games-Spiele. Wir schauen uns in kleinen Arealen die Umgebung an und lesen herumliegende Briefe, Plakate und so weiter. Ab und zu kommen Rätsel auf, die jedoch kaum eine Herausforderung darstellen. Wer darauf verzichten will, kann die verschlossenen Türen oder Boxen zudem auch einfach auftreten und damit die Rätsel überspringen. Wo Max in Life is Strange die Zeit zurückdrehen konnte, sind Alyson und Tyler in der Lage, gedanklich zu kommunizieren. Noch dazu können sie durch bestimmte Reize wie Gerüche oder Geräusche ihre Erinnerungen verbildlichen. Im Spiel werden diese Erinnerungsfetzen durch schimmernde Figuren dargestellt, die nur vom Geschwisterpaar gesehen werden können. Das Problem dabei: Manchmal erinnern sich Menschen unterschiedlich an dasselbe Ereignis. Das ist bei Tell Me Why nicht anders. So stehen wir oft vor der Entscheidung, ob wir Alysons oder Tylers Gedächtnis glauben. Die Erinnerungen der Geschwister werden mit schimmernden Figuren dargestellt. Quelle: PC Games Die Erinnerungen der Geschwister werden mit schimmernden Figuren dargestellt. Apropos Entscheidungen: Auch dabei bleibt das Spiel seinem Genre treu. Immer wieder stehen wir vor Dialogentscheidungen, die den Verlauf der Geschichte ändern sollen. Leider unterscheidet sich das Spiel auch dabei nicht von Life is Strange: Die Entscheidungsvielfalt wird oft nur vorgegaukelt und bei den meisten Unterhaltungsoptionen ändern sich lediglich ein oder zwei Sätze. Der weitere Verlauf der Story wird hingegen kaum beeinflusst. Erst am Schluss der dritten Episode werden die Entscheidungsmöglichkeiten wirklich tragend und ermöglichen verschiedene Enden.

Nahbar, glaubwürdig, aber anfangs langweilig

Die erste Episode von Tell Me Why kann man mit dem ersten Akt eines Films vergleichen. Die Charaktere werden vorgestellt, die Welt gezeigt und die Vorgeschichte erzählt. Dabei sollte bei einem Episodenformat aber besser die Struktur wie bei einer Serie genutzt werden. Auch da gibt es innerhalb einer Episode einen Spannungsbogen, der sich erst aufbauen muss. Aber jedes Ende einer Folge sollte einen Höhepunkt haben, um am Ball zu bleiben. Der Höhepunkt der ersten Episode in Tell Me Why kommt jedoch zu spät und das auch noch als einfache Rückblende. Vorher ist das Spiel zu sehr damit beschäftigt, den Spieler an Tylers Charakter und dessen Geschlecht heranzuführen. Damit ist nicht nur die eigentliche Geschichte anfangs zu sehr in den Hintergrund gerückt worden, sondern lässt unsere andere Protagonistin, Alyson, charakterlos erscheinen. Erst in der zweiten und vor allem in der dritten Episode zeigt sie ihren Tiefgang. Gleichzeitig muss aber gesagt werden, dass Tyler diese Zeit, die ihm gegeben wird, gut nutzt.

Da davon auszugehen ist, dass sich manche Spieler nie mit dem Thema rund um Transgender-Personen auseinandergesetzt haben, ist es wichtig, diese Rolle glaubwürdig, aber auch nahbar zu gestalten. Um das zu erreichen, hat Dontnod mit vielen Menschen der LGBTQ-Community, sowie der Organisation GLAAD zusammengearbeitet. Auch der Sprecher von Tyler, August Black, sieht sich selbst als Transmann und hat die Dialoge mitgestaltet. Dontnod hat hier definitiv seine Hausaufgaben gemacht, was man im fertigen Spiel deutlich merkt. Auch die Reaktionen der Dorfbewohner auf Tylers neues Aussehen sind sehr gut geschrieben.

Der alte Seefahrer Sam sagt beispielsweise beim ersten Treffen, er wusste nicht, dass man eine Frau mittlerweile so sehr wie einen Mann aussehen lassen kann. Im ersten Moment fühlt sich Tyler natürlich nicht ernst genommen, sieht er sich doch als echter Mann. Dabei meinte es Sam gar nicht böse, er hat nur nie gelernt, wie man Transgender-Personen angemessen anspricht. Tell Me Why ist dadurch schlicht kein nettes Spiel für den gemütlichen Abend, sondern hilft den Spielern auch, wie man richtig "gendert" und zeigt einen Einblick in das Leben eines Transmanns. Der alte Sam trifft Tyler gerade das erste Mal seit der Transition. Quelle: PC Games Der alte Sam trifft Tyler gerade das erste Mal seit der Transition. Trotzdem hat die erste Episode ihre Längen. Teil zwei von Tell Me Why nimmt aber nochmal richtig Fahrt auf und man bekommt eine kontinuierlich spannender werdende Geschichte aufgetischt. Die dritte Episode beginnt zwar wieder etwas schleppend, steigert sich aber sehr schnell bis zum Höhepunkt. Auch wenn der letzte Twist am Schluss etwas vorhersehbar war, ist das Ende ein zufriedenstellender Abschluss. Die vorher erwähnten Rätsel haben dazu noch einen erheblichen geschichtlichen Hintergrund. Als Kinder haben Alyson, Tyler und deren Mutter viele Märchen geschrieben und in einem Buch zusammengefasst. Die Rätsel im Spiel basieren auf diesen Geschichten, wodurch die meisten der Erzählungen gelesen werden müssen. Falls man Interesse hat, kann man aber jederzeit auch einfach so über 80 Seiten des Märchenbuchs durchstöbern. Das Märchenbuch ist nicht nur vollgepackt mit netten Geschichten, sondern ist auch noch liebevoll gestaltet worden. Quelle: PC Games Das Märchenbuch ist nicht nur vollgepackt mit netten Geschichten, sondern ist auch noch liebevoll gestaltet worden.

Von weitem hui, von nahem pfui

Grafisch ist Tell Me Why zwar definitiv keine optische Perle wie The Last of Us Part II, aber auch keineswegs hässlich. Bei totalen Aufnahmen, also von weitem betrachtet, ist das Game wunderschön. Nicht zuletzt liegt das an der faszinierenden Natur Alaskas. Wenn am Horizont die schneeweißen Berge zu sehen sind und der Fluss davor bald zugefroren ist, dann bietet Tell Me Why des Öfteren screenshotwürdige Momente. Alaskas Landschaft gibt dem Game eine ganz besondere Schönheit. Quelle: PC Games Alaskas Landschaft gibt dem Game eine ganz besondere Schönheit. Bei Detailaufnahmen lässt dieser Zauber aber nach. Die Schattierungen haben selbst bei den höchsten Grafikeinstellungen selten einen fließenden Übergang, Hände sind oft kantig und die Gesichtsanimation wirkt sehr steif und hölzern. Insgesamt war der Sprung von Life is Strange zu Tell Me Why nicht besonders groß. Auch die gelegentlichen Ruckler beim Nachladen von Umgebungen reißen einen immer mal wieder aus der Immersion. Außerdem hat das Spiel im Test einmal nicht automatisch gespeichert, was dazu führte, dass wir eine halbe Episode nochmal zocken mussten. Denn manuelles Speichern ist leider nicht möglich.

02:07
Tell Me Why: Trailer zu Kapitel 1 veröffentlicht + Termine aller Episoden

Musikalisch ist Tell Me Why ausgezeichnet. Ob in den ruhigen und melancholischen Momenten ein einzelnes Klavier zu hören ist oder der Druck durch schneller und lauter werdende Musik bei schwerwiegenden Entscheidungen steigt, jede Situation ist mit einem passenden Stück unterlegt. Selten sind die Klänge aber im Vordergrund, sie sind reine Unterstützung für das Visuelle. Auch die Synchronsprecher*innen leisten eine gute Arbeit. Sie transportieren jede Menge Emotionen und wirken stets charakterkonform. Nach dem erfolglosen Remember Me von 2013 ist Tell Me Why übrigens das erste Spiel von Dontnod, was auch in anderen Sprachen synchronisiert wird. Aufgrund der Corona-Pandemie werden andere Sprachausgaben (unter anderem Deutsch) allerdings erst zu einem bisher unbekannten Datum nachgereicht. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das Spiel nur auf Englisch und wahlweise mit deutschem Untertitel spielbar.

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Die erste Episode von Tell Me Why steht ab sofort kostenlos für alle Spieler auf PC und Xbox-Konsolen zur Verfügung.

Alle drei Episoden von Tell Me Why sind für PC im Microsoft Store und auf der Xbox One für 29,99 Euro erhältlich und im Xbox Game Pass enthalten. Separat sind die einzelnen Teile momentan nicht kaufbar.

Wertung zu Tell Me Why (PC)

Wertung:

8/10
Pro & Contra
fesselnde, emotionale Storyglaubwürdige Darstellung einer Transgender-Personimmer wieder auflockernde Rätselbildhafte Erinnerungen, die unterschiedlich ausfallentolle Märchengeschichtenmit passenden Musikstücken unterlegt
Episode 1 zieht sichGrafisch nur "okay"öfters auftretende Ruckler Gameplay sehr seicht

    • Kommentare (49)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von Theumis Stille/r Leser/in
        Ich möchte an der Stelle auch gerne mal meine Gedanken zu dem Spiel kundgeben und versuche mich mit Spoilern zurückzuhalten.

        Kurz vorab: Ich habe sowohl LiS1, LiS: BtS als auch LiS2 gespielt, kann also alle Spiele miteinander vergleichen ("The Adventures of Captain Spirit" lasse ich mal außen vor).
        "Life is Strange" hat mich damals umgehauen, wenn auch die erste Episode etwas lahm begonnen hat. Nach hinten raus hat die Story aber sosehr gepackt, dass ich den Kauf nicht bereut habe.
        "Life is Strange: Before the Storm" war ganz nett, mehr aber auch nicht. Ich persönlich konnte mich einfach nicht mit Chloe identifizieren, daher hat das Spielen des Charakters auch nicht so viel Spaß gemacht. Schlecht war es aber keinesfalls.
        "Life is Strange 2" war, wie auch der erste Teil, großartig. Es griff aktuelle Themen auf und hier und da wurden ganz nette Easter-Eggs eingebaut, damit man noch erkennt, dass man sich im LiS Universum befindet.
        Ich fand nur den kleinen Bruder Daniel nervig. :-B
        Aber es gab noch ein paar Dinge, die ich besser gemacht hätte, wenn ich denn bei den Spielen etwas zu entscheiden gehabt hätte.
        Zum Einen gab es hin und wieder Auswahlmöglichkeiten bei Antworten, hinter denen nicht direkt erkennbar war, was der gespielte Charakter genau antworten würde, und dann kam es eben mal zu Antworten, die man nicht geben wollte.
        Außerdem war der Releasezeitraum einfach viel zu lang. Bei LiS1 und BtS hab ich es nicht mehr richtig im Kopf, aber LiS2 hat oft vier Monate mit neuen Episoden auf sich warten lassen. Dass man da erstmal wieder in die Story reinkommen muss, dürfte einigen klar sein. Und auch die Steuerung hat man nicht immer sofort wieder parat.

        Aber gut, es geht hier ja um "Tell Me Why". Wie fand ich denn nun das Spiel?
        Storytechnisch hat es mich - mal wieder - gepackt. Das kann Dontnod einfach enorm gut, wobei ich die zweite Episode gegenüber den anderen beiden als deutlich schwächer empfand.
        Was in Episode 1 noch deutlich präsenter war - also dass wir hier einen Transmann spielen - hat man in Episode 2 schon fast vergessen, in der dritten spielt man eh fast nur Alison. Und was die Autoren des Tests schreiben, also dass Tyler sich hin und wieder Kommentare von den Bewohnern der Stadt anhören darf, das hab ich ehrlich gesagt gar nicht so empfunden. Klar, Sam hat man es gut angemerkt, dass er mit der Situation erst nicht ganz umgehen konnte, aber wir haben ihn ja erfolgreich aufklären können. Und die anderen Bewohner sind eigentlich ganz gut mit der Thematik umgegangen. Aber vielleicht habe ich es auch anders aufgefasst, weil ich in der Thematik nicht so sehr drinstecke. Ein Transgender könnte es vielleicht wieder komplett anders auffassen.
        Grafisch muss ich den Autoren aber zustimmen, da hätte man sicher mehr herausholen können, wobei sich Ruckler bei mir in Grenzen hielten.
        Was meine oben genannten Kritikpunkte zu den LiS Teilen angeht: Ein einziges Mal habe ich es hier nur feststellen können, dass eine Antwortmöglichkeit kam, die augenscheinlich harmlos klang, der Charakter aber etwas komplett anderes daraus gemacht hat. Könnte vielleicht auch an der Übersetzung liegen, keine Ahnung. Vielleicht sollte ich das Spiel nochmal in Englisch durchspielen. Na mal sehen.
        Und der Releasezeitraum zwischen den Episoden? Waren ja dieses Mal keine vier Monate, sondern nur eine Woche. Gut so?
        Jein.
        Generell fand ich es großartig, dass der Release der einzelnen Episoden nun nicht so lange auf sich warten ließ. Aber nur eine Woche? Fand ich dann doch etwas zu kurz. Für zwei Wochen hat mich das Spiel begleitet, dann war plötzlich Schluss. Aber wie man es halt macht...

        Also alles in allem bin ich mit dem Spiel äußerst zufrieden und lege es gerne jedem ans Herz, der Wert auf eine gute Story mit ein paar Rätselelementen legt. Ansonsten ist es halt ein klassisches LiS: Man läuft in der Gegend herum, spricht mit den Leuten, deckt Geheimnisse auf, sammelt Sammelfiguren (kleiner Tipp: Gotta catch them all!) und lässt sich hin und wieder nieder und bewundert einfach nur die wunderschöne Natur von Alaska.
        Verglichen mit den LiS Spielen würde ich folgende Platzierung wählen:
        1. LiS
        2. Tell Me Why
        3. LiS 2
        4. LiS: BtS

        Das waren meine Gedanken zu dem Spiel. Wollte ich einfach mal mit euch teilen.
      • Von Theumis Stille/r Leser/in
        Ich möchte an der Stelle auch gerne mal meine Gedanken zu dem Spiel kundgeben und versuche mich mit Spoilern zurückzuhalten.

        Kurz vorab: Ich habe sowohl LiS1, LiS: BtS als auch LiS2 gespielt, kann also alle Spiele miteinander vergleichen ("The Adventures of Captain Spirit" lasse ich mal außen vor).
        "Life is Strange" hat mich damals umgehauen, wenn auch die erste Episode etwas lahm begonnen hat. Nach hinten raus hat die Story aber sosehr gepackt, dass ich den Kauf nicht bereut habe.
        "Life is Strange: Before the Storm" war ganz nett, mehr aber auch nicht. Ich persönlich konnte mich einfach nicht mit Chloe identifizieren, daher hat das Spielen des Charakters auch nicht so viel Spaß gemacht. Schlecht war es aber keinesfalls.
        "Life is Strange 2" war, wie auch der erste Teil, großartig. Es griff aktuelle Themen auf und hier und da wurden ganz nette Easter-Eggs eingebaut, damit man noch erkennt, dass man sich im LiS Universum befindet.
        Ich fand nur den kleinen Bruder Daniel nervig. :-B
        Aber es gab noch ein paar Dinge, die ich besser gemacht hätte, wenn ich denn bei den Spielen etwas zu entscheiden gehabt hätte.
        Zum Einen gab es hin und wieder Auswahlmöglichkeiten bei Antworten, hinter denen nicht direkt erkennbar war, was der gespielte Charakter genau antworten würde, und dann kam es eben mal zu Antworten, die man nicht geben wollte.
        Außerdem war der Releasezeitraum einfach viel zu lang. Bei LiS1 und BtS hab ich es nicht mehr richtig im Kopf, aber LiS2 hat oft vier Monate mit neuen Episoden auf sich warten lassen. Dass man da erstmal wieder in die Story reinkommen muss, dürfte einigen klar sein. Und auch die Steuerung hat man nicht immer sofort wieder parat.

        Aber gut, es geht hier ja um "Tell Me Why". Wie fand ich denn nun das Spiel?
        Storytechnisch hat es mich - mal wieder - gepackt. Das kann Dontnod einfach enorm gut, wobei ich die zweite Episode gegenüber den anderen beiden als deutlich schwächer empfand.
        Was in Episode 1 noch deutlich präsenter war - also dass wir hier einen Transmann spielen - hat man in Episode 2 schon fast vergessen, in der dritten spielt man eh fast nur Alison. Und was die Autoren des Tests schreiben, also dass Tyler sich hin und wieder Kommentare von den Bewohnern der Stadt anhören darf, das hab ich ehrlich gesagt gar nicht so empfunden. Klar, Sam hat man es gut angemerkt, dass er mit der Situation erst nicht ganz umgehen konnte, aber wir haben ihn ja erfolgreich aufklären können. Und die anderen Bewohner sind eigentlich ganz gut mit der Thematik umgegangen. Aber vielleicht habe ich es auch anders aufgefasst, weil ich in der Thematik nicht so sehr drinstecke. Ein Transgender könnte es vielleicht wieder komplett anders auffassen.
        Grafisch muss ich den Autoren aber zustimmen, da hätte man sicher mehr herausholen können, wobei sich Ruckler bei mir in Grenzen hielten.
        Was meine oben genannten Kritikpunkte zu den LiS Teilen angeht: Ein einziges Mal habe ich es hier nur feststellen können, dass eine Antwortmöglichkeit kam, die augenscheinlich harmlos klang, der Charakter aber etwas komplett anderes daraus gemacht hat. Könnte vielleicht auch an der Übersetzung liegen, keine Ahnung. Vielleicht sollte ich das Spiel nochmal in Englisch durchspielen. Na mal sehen.
        Und der Releasezeitraum zwischen den Episoden? Waren ja dieses Mal keine vier Monate, sondern nur eine Woche. Gut so?
        Jein.
        Generell fand ich es großartig, dass der Release der einzelnen Episoden nun nicht so lange auf sich warten ließ. Aber nur eine Woche? Fand ich dann doch etwas zu kurz. Für zwei Wochen hat mich das Spiel begleitet, dann war plötzlich Schluss. Aber wie man es halt macht...

        Also alles in allem bin ich mit dem Spiel äußerst zufrieden und lege es gerne jedem ans Herz, der Wert auf eine gute Story mit ein paar Rätselelementen legt. Ansonsten ist es halt ein klassisches LiS: Man läuft in der Gegend herum, spricht mit den Leuten, deckt Geheimnisse auf, sammelt Sammelfiguren (kleiner Tipp: Gotta catch them all!) und lässt sich hin und wieder nieder und bewundert einfach nur die wunderschöne Natur von Alaska.
        Verglichen mit den LiS Spielen würde ich folgende Platzierung wählen:
        1. LiS
        2. Tell Me Why
        3. LiS 2
        4. LiS: BtS

        Das waren meine Gedanken zu dem Spiel. Wollte ich einfach mal mit euch teilen.
      • Von Celerex
        Bin heute mit dem Game fertig geworden. Verglichen mit LiS 1/2/BtS ist es für mich leider das schlechteste Game des Entwicklers. Wo ich an den Charakteren und Dialogen dieses Mal kaum etwas zu bemängeln hatte, war es leider die Story, die mich hier leider gar nicht abholen konnte. Dabei war das ganze bis zum Ende der zweiten Episode noch ziemlich spannend und clever erzählt, aber schon ab Beginn der dritten und letzten Episode hat es mich dann leider verloren. Es kann mir nicht erklären, was es genau ist, aber es fühlte sich irgendwie an, als wussten die Entwickler nicht so genau, wohin die Geschichte gehen soll. Eine gute Geschichte braucht nicht zwangsläufig eine überraschende Wendung (siehe LiS 2 oder BtS), aber in dem Fall hätte ich mir diese gewünscht. Bis zum Ende hab ich gehofft, dass da noch ein Knaller kommt, der das Ding für mich retten, dieser blieb leider aus.

        Leider gab es auch aus (gameplay)-technischer Sicht Dinge, die mich störten. So passierte es mir beispielsweise 2x (1x im Laden, 1x am Friedhof), dass mein Begleiter Tyler oder Alyson (je nach Szene) einfach mal den vorgesehenen Laufweg nicht gefunden hat und auf der Stelle lief. Desweiteren hatte ich Probleme bei der Vertonung. So hörten sich Dialoge stellenweise an, als wären sie nicht in einem Tonstudio, sondern in einer kleinen Halle aufgenommen worden und passten somit absolut nicht zur Szene.

        Alles in allem zwar ein solider Titel, den man sich für paar Euro im Gamepass geben kann, reicht für mich aber definitiv nicht an die letzten Titel heran, deren Geschichten mich schlichtweg mehr bewegt haben.
      • Von Basileukum Hobby-Spieler/in
        Ich würde hier entspannter mit der Thematik umgehen, dazu ist etwas Recherche und Wissen nötig, welche in unseren (digitalen) Zeiten leichter als jemals zuvor erlangbar sind (Fluch und Segen).

        Das Neu(ein)bringen von nichtangesprochenen oder nichtgemochten Themen (je nach Sicht verschieden) ist ein Teil eines revolutionären Prozesses. Die "moderne" Gesellschaft, der "neue" Mensch, das neue Menschsein. Eine kommunistische bzw. sozialistische Agenda.

        In Frankreich bei der Revolution arbeiteten die Jakobiner dafür, ihr Klientel landete dann verhältnismäßig öfters unter der "Sense der Gerechtigkeit" als der Adel oder das Bürgertum. Im russischen Kommunismus wollte man den Arbeiter und Bauerstaat, hier rottet man die Armen und Arbeitenden zu Millionen aus.

        Im sogenannten Westen begann der Kampf für die Minderheiten, der schwarze Mann sitzt heute z.B. nicht mehr auf der Baumwollplantage sondern im hochkriminellen Ghetto. Auch die meisten Zugewanderten in Europa sind heute eher weniger links oder Themen wie Gleichberechtigung, LGBT etc. aufgeschloßen.

        Nach dieser langen Durststrecke des Versagens und des einen oder anderen kleinen Massenmordes kamen nun neue Themen in den Vordergrund. Klimaschutz oder eben sexuelle/geschlechtliche Minderheiten.

        Gerade auch viele Schwulen und Lesben sind gar nicht mehr erfreut sich vor den Karren spannen zu lassen, und unsere gute Greta wurde nicht von abschmelzenden Polkappen davongeschwemmt, sondern von der Coronawelle.

        Eine Positionierung auf immer extremere Standpunkte ist die logische Folge, da der Nutzen der Revolutionäre bei größeren Gruppen, was weiß ich, Arbeiter 90%, Menschen mit Migrationshintergrund 20%-40%, Schwule und Lesben 1% scheiterte.

        Sich nun einer Gruppe von 0,001 % anzunehmen ist der nächste logische Schritt, es bleibt zu hoffen, daß man hier erfolgreicher ist, als in den letzten ca. 200 Jahren. Und daß man diese Menschen nicht mißbraucht, diese als Gallionsfiguren vor den Karren spannt, um sich wichtig zu machen und am Ende, wie geschichtlich zu sehen, eventuell mal wieder scheitert.

        Bildung, Selbstreflektion, Bewußtsein, Geschichtsbeobachtung führen zu Wissen, das entspannt enorm. Friedlich und entspannt bleiben, meint der Basileukum.
      • Von RedDragon20 Spiele-Professor/in
        Zitat von USA911
        "glaubwürdige Darstellung einer Transgender-Person"

        Das soll ein Pluspunkt sein?
        OMG, dann darf ab sofort für alles ein Pluspunkt aufgeführt werden, was glaubwürdig dargestellt wird!
        Warum sollte das kein Pluspunkt sein? Glaubwürdigkeit ist ein wertvolles Gut und sollte entsprechend bewertet werden.
      • Von Limerick Hobby-Spieler/in
        Bin jetzt gerade mit Kapitel drei angefangen und muss sagen RICHTIG, RICHTIG gutes Spiel. Eine sehr spannende Mischung aus Drama und Krimi bislang. Bin ultra gespannt wie es aus gehen wird.... :) Von mir bekommt das Game 85-90%
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