Grottenschlechter Gollum: Die Entschuldigung der Entwickler macht alles nur noch schlimmer

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Kolumne Tobias Tengler-Boehm - Redakteur
Grottenschlechter Gollum: Die Entschuldigung der Entwickler macht alles nur noch schlimmer
Quelle: PCGH

In seiner Kolumne ärgert sich unser Autor über das Statement von Daedelic und ordnet seine Gefühle zum katastrophalen deutschen Spiel Der Herr der Ringe: Gollum ein.

Eines vorweg: Ich habe darauf verzichtet, Der Herr der Ringe: Gollum zu spielen und kann mir deshalb eigentlich kein Urteil über den Inhalt des Titels erlauben. Doch wenn ich mir die internationalen Reviews und insbesondere den äußerst treffenden Testbericht meines geschätzten Kollegen Stefan Wilhelm zu Gemüte führe, dann war das offenbar keine so schlechte Entscheidung. Der Herr der Ringe: Gollum scheint ein einziges Ärgernis, eine Zeitverschwendung und ein Paradebeispiel für ein Spiel zu sein, dessen Entwicklung (ein Special über das traditionsreiche deutsche Studio Daedelic findet ihr hier) offensichtlich von vorne bis hinten durch Inkompetenz auf Managementebene geprägt war. Ein Nachfolger mit Millionen-Förderung ist übrigens bereits in Sicht.

Der Herr der Ringe: Gollum - die Lizenz wird zum Bumerang

Diese vernichtende Einschätzung zu schreiben kostet mich wirklich Überwindung und macht mich tief betroffen. Der Herr der Ringe: Gollum (jetzt kaufen ) ist nicht einfach nur ein durchschnittliches oder belangloses Spiel geworden. Es wurde zu einem Desaster und wird lange nachhallen. Die prominente Lizenz, die den niedrig budgetierten Titel aus Deutschland sogar auf das Cover des renommierten EGDE Magazins hievte, erweist sich jetzt als Bumerang.

Millionen Fans rund um den Globus dürften dem Spiel mit Vorfreude, aufgrund der kruden Ankündigungstrailer hoffentlich jedoch auch mit einer gerechtfertigten Portion Argwohn entgegengefiebert haben. Diejenigen Spielerinnen und Spieler, die Der Herr der Ringe: Gollum gutgläubig zum Vollpreis erstanden haben, werden sich nun zurecht ordentlich verarscht fühlen. Zu gravierend sind die objektiv offensichtlichen Schwächen. Gefühlt lacht ganz Gaming-Twitter über diesen Titel.

Der Herr der Ringe: Gollum - Häme nicht angebracht, Wut durchaus

Zu behaupten, dass Der Herr der Ringe: Gollum in irgendeiner Form repräsentativ für die Gaming-Branche in Deutschland steht, ist meiner Meinung nach Quatsch. Die Welt lacht nicht über die hiesige Entwicklerlandschaft, die Welt lacht über die vermurkste Lizenz einer Weltmarke. Wäre Der Herr der Ringe: Gollum in seiner jetzigen Form in den USA, in China, Frankreich oder Polen entstanden, würde all die Häme nicht geringer ausfallen.

Ich müsste lügen, wenn ich leugnete, dass es mich in den letzten Tagen nicht auch das ein oder andere Mal gereizt hätte, einen halbwegs "lustigen", deftigen Tweet zum Scheitern von Daedelic rauszuhauen. Mein ehrliches Mitgefühl - nicht Mitleid - allen Beteiligten dieses Machwerks gegenüber, hielt mich jedoch davon ab. Ich möchte nicht mit jemanden tauschen, der sich jahrelang leidenschaftlich für Der Herr der Ringe: Gollum aufgeopfert hat und trotz aller Anstrengungen sehenden Auges der Katastrophe entgegenschuftete.

Aus diesem Grund empfinde ich all die Häme, die Der Herr der Ringe: Gollum entgegenschlägt, für nicht angebracht. Allerdings schreibe ich mich auch leicht, denn schließlich habe ich weder mein hart verdientes Geld, noch meine Lebenszeit an dieses offensichtlich schlechte Spiel verschwendet. Was mich aber massiv stört, ist die Entschuldigung des Hamburger Studios Daedalic Entertainment, die vor wenigen Stunden online ging.

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Der Herr der Ringe: Gollum - Entschuldigung des Entwicklers macht alles nur noch schlimmer

Im Rahmen dieses Statements wird sich im abgedroschenen PR-Sprech demütigst bei allen Spielerinnen und Spielern entschuldigt, die sich mit der "underwhelming experience" von Der Herr der Ringe: Gollum herumschlagen mussten. Gleichzeitig wird versprochen, dass sich das volle Potenzial des Spiels mithilfe von Patches doch noch entfalten wird. Ein lächerlich anmutendes Versprechen aufgrund der miesen Qualität des Titels.


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Es ist eine Sache, mit einem offensichtlich überambitionierten Projekt wie Der Herr der Ringe: Gollum auf ganzer Linie zu scheitern. Die Community für dumm zu verkaufen und ihr nebenbei auch noch mit lächerlichen kostenpflichtigen DLCs, wie zusätzliche Emotes und einer Elbensprache, das Geld aus der Tasche ziehen zu wollen, geht jedoch gar nicht. So verspielt sich Daedelic auch die letzten Sympathien, die Fans von älteren Titeln wie Edna oder Deponia noch verspürt haben könnten.

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Wer nach dem grauenhaften Abenteuer mit Gollum doch noch nicht genug von Daedelics Mittelerde hat, bekommt wohl bald Nachschub.
Gollum blickt verstört in die Kamera. Das Bild ist verschwommen.

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Eine passable Idee, fürchterlich umgesetzt: Wir haben Gollum gespielt, damit ihr es nicht müsst.

Die Leittragenden sind in erster Linie die Spielerinnen und Spieler. Man darf aber bitte auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Daedelic nicht vergessen. Sie können, unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen, sicherlich am allerwenigsten dafür, dass die Verantwortlichen mit Der Herr der Ringe: Gollum ein nicht empfehlenswertes Spiel auf den internationalen Markt geworfen haben, das noch jahrelang für Gesprächsstoff sorgen wird.

    • Kommentare (35)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von fud1974 Spiele-Kenner/in
        Zitat von Loosa
        (..)
        Die Förderung hilft enorm, macht den Braten aber nicht wirklich fett. Lässt ihn halt immerhin fliegen. Oft holprig.
        (..)
        Hm, ja.

        Ich bin ja bei bei so Förderungsdingen immer zwiegespalten.

        Natürlich befürworte ich ich Förderungen und Hilfskredite in meinem beruflichen Umfeld auch wenn die Zeiten gerade hart sind. Aber wenn es "dauerhaft strukturell" wird und sich die Länger gegenseitig mit Fördermaßnahmen überbieten um eine Branche überhaupt am Leben zu erhalten (überspitzt gesagt, aber ich wage zu behaupten ein paar Marktteilnehmer im Games Business wären gar nicht dabei wenn sie nicht jedesmal an Förderungen kämen) habe ich manchmal Zweifel an der Sinnhaftigkeit.
      • Von fud1974 Spiele-Kenner/in
        Zitat von Loosa
        (..)
        Die Förderung hilft enorm, macht den Braten aber nicht wirklich fett. Lässt ihn halt immerhin fliegen. Oft holprig.
        (..)
        Hm, ja.

        Ich bin ja bei bei so Förderungsdingen immer zwiegespalten.

        Natürlich befürworte ich ich Förderungen und Hilfskredite in meinem beruflichen Umfeld auch wenn die Zeiten gerade hart sind. Aber wenn es "dauerhaft strukturell" wird und sich die Länger gegenseitig mit Fördermaßnahmen überbieten um eine Branche überhaupt am Leben zu erhalten (überspitzt gesagt, aber ich wage zu behaupten ein paar Marktteilnehmer im Games Business wären gar nicht dabei wenn sie nicht jedesmal an Förderungen kämen) habe ich manchmal Zweifel an der Sinnhaftigkeit.
      • Von Loosa Senior Community Officer
        Zitat von fud1974
        Klingt auch so als würde sich erst bei den nächsten anstehenden Gesprächen mit Ministern und Co. in der Richtung was tun können, wenn überhaupt. Das wird eher so gegen Juli/August sein.
        Ich habe bei GamesWirtschaft noch eine Weile weitergelesen. Förderung ist ein echt interessantes Thema. :O
        70 Millionen an Steuergeldern klingt riesig. Aber wenn Boston mit 1 Mio auf Platz 43 ist... damit dürfte der Topf schon fast weg sein.
        Die Förderung hilft enorm, macht den Braten aber nicht wirklich fett. Lässt ihn halt immerhin fliegen. Oft holprig.

        In anderen Ländern erhält die Branche massive Steuererleichterungen. In Frankreich sind das 30% der Entwicklungsausgaben, begrenzt auf 6 Mio pro Firma und Jahr (Quelle GamesMarkt). Gerade erst wieder verlängert.
        Im Endeffekt nichts anderes, als unsere Subvention durch Förderung. Aber bei uns muss man erst einen Antrag stellen und Bedingungen erfüllen, bevor man begrenztes Geld kommt. Wenn noch was da ist. Und eine gescheiterte Förderung ist viel offensichtlicher und leichter zum Aufregen.

        Rundheraus 30%!? Meine Fresse.
        (unsere wie deren Anreize, genau das ermöglicht Steueroasen)

        Zitat von fud1974
        Dass von extern (PriceWaterhouseCoopers) jetzt auf "Wirksamkeit" überprüft wird kann jetzt auch so oder so ausgehen.... :/
        Ich kann ja mal fragen. Direkt neben unserem Büro hat PWC ihr "Experience Center".
        Future visions, oder sowas. VR, neue Tech und so. Wahrscheinlich einer deren hipperen Ableger. :-D
      • Von fud1974 Spiele-Kenner/in
        Zitat von Loosa
        Die staatlichen Fördertöpfe sind übrigens leer, für dieses und auch fürs nächste Jahr. Neue Anträge werden nicht mehr angenommen (Quelle GamesWirtschaft).
        Klingt auch so als würde sich erst bei den nächsten anstehenden Gesprächen mit Ministern und Co. in der Richtung was tun können, wenn überhaupt. Das wird eher so gegen Juli/August sein.

        Dass von extern (PriceWaterhouseCoopers) jetzt auf "Wirksamkeit" überprüft wird kann jetzt auch so oder so ausgehen.... :/
      • Von Loosa Senior Community Officer
        Zitat von McDrake
        Interessant.
        Ist das Prozentual, oder wie wird das errechnet?
        Das weiß ich nicht, zur Formel hatte ich nicht genauer nachgefragt. Aber es ist wohl schon so geregelt, dass der Hersteller sich die Rückzahlung leisten kann.
        Zumindest hatten wir die Gesamtsumme mit einem übergroßen Scheck beglichen.

        Zitat von Bonkic
        auf die gamesförderung durch den bund trifft das meines wissens nach nicht zu. da muss nix zurückgezahlt werden.
        Stimmt, du hast Recht. Eine Förderung des Bundes muss nicht zurückgezahlt werden (Quelle Handelsblatt). Das war mir nicht klar.

        Bei Ostwind war es für uns der FFF Bayern.

        Die staatlichen Fördertöpfe sind übrigens leer, für dieses und auch fürs nächste Jahr. Neue Anträge werden nicht mehr angenommen (Quelle GamesWirtschaft).
      • Von Bonkic Großmeister/in der Spiele
        Zitat von McDrake
        Interessant.
        Ist das Prozentual, oder wie wird das errechnet?
        auf die gamesförderung durch den bund trifft das meines wissens nach nicht zu. da muss nix zurückgezahlt werden.
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