Dicke Drachen und Sex mit Schleimen: Die "Dungeons & Dragons"-Regisseure im Interview

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Special Christian Fussy - Redakteur
Dicke Drachen und Sex mit Schleimen: Die "Dungeons & Dragons"-Regisseure im Interview
Quelle: Paramount Pictures

Wir haben Jonathan Goldstein und John Francis Daley, die Regisseure von Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben, sowie Produzent Jeremy Latcham in Berlin zum Interview getroffen. Wir reden mit den Kreativköpfen ausgiebig über den speziellen Tonfall des Films, Vetos von Wizards of the Coast und ihre Probleme mit "Cinematic Universes".

Vor Release der neuen Dungeons-and-Dragons-Verfilmung "Ehre unter Dieben" hatten wir eine Reihe an Interviewmöglichkeiten zu dem Projekt. So sprachen wir unter anderem mit dem Cast um Chris Pine sowie dem an der deutschen Vertonung beteiligten Sprecher Rick Kavanian. Links zu den jeweiligen Interviews findet ihr unterhalb dieser Zeilen. Zuletzt sprachen wir jedoch auch noch mit den Regisseuren des Films, John Francis Daley und Jonathan Goldstein ("Game Night"), die uns, begleitet von Produzent Jeremy Latcham (u.a. "Guardians of the Galaxy"), im Interview Rede und Antwort standen.

Als Fans der Tabletop-Vorlage legten Daley und Goldstein vor allem Wert darauf, das Spielgefühl einer Kampagne auf die Leinwand zu übertragen. Außerdem verweigern sich die beiden dem Hollywood-Trend, im ersten Film zu einem Franchise gleich merhere Sequels oder gar ein sogenanntes Cinematic Universe anzuteasern. Nicht nur wir (Filmkritik) finden, dass sich diese Einstellung positiv auf die Qualität des Films auswirkt. Auch das Publikum und die internationale Kritik zeigen sich angetan von Dungeons and Dragons. Der Film ist an den Kinokassen erfolgreich. Kein Wunder also, dass die Köpfe dahinter im Gespräch mit uns bei bester Laune waren. Viel Spaß beim Lesen!

Hier geht's zu den restlichen Interviews:

Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben: Jonathan Goldstein, John Francis Daley und Chris Pine Quelle: Paramount Pictures Jonathan Goldstein, John Francis Daley und Chris Pine

Die Grenzen der Lore: "Du kannst nicht mit einem Schleim Liebe machen"

PCG: Ihr wart wahrscheinlich gut mit D&D vertraut, bevor ihr dieses Projekt angegangen seid?

John Francis Daley: Wir waren es, Jeremy überhaupt nicht.

Jonathan Goldstein: Er durfte nicht.

Jeremy Latcham: Ich durfte als Kind nicht spielen.

PCG: Wegen der Satanic Panic?

Jeremy Latcham: Buchstäblich. Ja, genau deswegen. Das ist schon faszinierend.

PCG: Der Film gibt D&D-Lore und -Regeln sehr akkurat wider. Hattet ihr eine Art Lore-Bibel beim Schreiben?

John Francis Daley: Ja, wir waren vertraut mit dem ganzen schriftlichen Material. Und wir hatten auch einen Lore Master, Ashley Alexander von eOne, die sich mit allem [was Dungeons and Dragons angeht] auskennt. Und wenn sie einmal etwas nicht wusste, hat sie Wizards of the Coast kontaktiert, um sicherzustellen, dass alles aufeinander abgestimmt ist.

Jeremy Latcham: Wir hatten auch ein paar Leute bei Wizards of the Coast, Nathan Stewart und Jeremy Jarvis, die wirklich extensive Teams hatten, die uns Material bereitgestellt haben. Und wenn es kein visuelles Material gab, weil etwas nur schriftlich beschrieben wurde, haben sie etwas Visuelles erschaffen und an Ray, unseren Produktionsdesigner geschickt, der dann die Filmversion daraus kreiert hat. Das war ein wirklich effektiver Weg, zum Herz von D&D vorzudringen.

Jeremy Latcham D&D Dreharbeiten Quelle: Paramount Pictures Jeremy Latcham (Mitte) PCG: Gab es ein Veto von Hasbro zu irgendwas?

John Francis Daley: Ja, gab es. Es gab ein Veto für einen Charakter, den wir erfunden haben, der technisch gesehen zur Hälfte aus Schleim bestand. Das haben sie aber nicht in der Lore.

Jonathan Goldstein: Du kannst nicht mit einem Schleim Liebe machen. Und Babies damit haben.

Jeremy Latcham: Ist das der Grund?

Jonathan Goldstein: Nein (lacht)

Jeremy Latcham: Ach so, das ist der Grund dafür, dass es nur halb [Schleim] ist, ich verstehe.

Jonathan Goldstein: Jemand muss Sex mit einem Schleim haben.

Jeremy Latcham: Es gab ein paar andere Dinge, die wir machen wollten, aber verworfen haben. Aber meistens lag das an Budget und Zeit, normale Einschränkungen. Wir wollten einen Grippli im Film, aber es war vom Geld her unmöglich, noch eine Puppe zu bauen. Wir wollten es praktisch umsetzen.

PCG: Bei einem Film wie diesem müsst ihr doch wahrscheinlich schon sehr früh in Vorproduktion gegangen sein, um die ganzen Animatronics zu bauen. Da gab es wahrscheinlich viele Gespräche zwischen euch und den Lizenzhaltern.

John Francis Daley: Weniger die Lizenzhalter, mehr die Leute bei Legacy Effects, die unsere gesamte praktische Effektarbeit übernommen haben. Sie waren großartig. Wir waren in ihrer Werkstatt. Das war wie in Willy Wonkas Schokoladenfabrik. Der magischste, fantastischste Ort an dem wir je waren.

PCG: Gab es eine bestimmte Sache, die ihr unbedingt gebaut haben wolltet?

Jonathan Goldstein: Es gibt einen drei Meter großen Fisch im Film. Das ist ziemlich sensationell. Aber wenn es um Kreaturen aus der Lore geht ...

John Francis Daley: Wir haben ein Baby-Tabaxi. Das hatte eine unglaublich detaillierte robotische Skelettstruktur. Es sah aus wie ein Baby-Terminator. Es war furchterregend. Und dann wurde es so niedlich, sobald Fell angebracht wurde.

Jeremy Latcham: Ja, der Prozess war auch ziemlich spaßig. Zuerst nehmen sie die Bilder aus der Lore und machen Filmkonzepte davon, damit sie tatsächlich laufen und in echten Umgebungen funktionieren könnten. In vielen Fällen in der Lore ist es nur eine Zeichnung, aus der man nicht erkennen kann, wie etwas vollständig aussieht. Das dann in eine richtige Zeichnung für den Film zu übersetzen und dann in die reale physische Welt zu transportieren mit Legacy.

John Francis Daley: Hier ist ein kleines Schmankerl: Die Frau, die unsere Tabaxi-Mutter spielen sollte, hatte eine Panikattacke in ihrem Kostüm, weil es darin so klaustrophobisch war. Wir mussten sie an Ort und Stelle recasten mit Jeremy, der keinerlei Puppenspieler-Erfahrungen hatte, aber am Ende großartig war.

Jeremy Latcham: Die Frau hatte schon damit geübt und es wurde für ihren Körper angefertigt. Aber als dann der Tag kam, war es draußen heiß und sie wurde davon überwältigt.

Jonathan Goldstein: Wir können es ihr wirklich nachfühlen.

Jeremy Latcham: Ja, aber es war hart. Wir mussten weiterdrehen. Wir brauchten jemanden, der in einer Stunde im Kostüm stecken kann.

Dungeons and Dragons: Ehre unter Dieben Quelle: Paramount Pictures

Gute Jokes statt mittelmäßiger Improvisation

PCG: Wann habt ihr euch dafür entschieden, den Film so zu strukturieren wie eine D&D-Kampagne? Wenn Chris Pine am Anfang seine Motivation verrät, ist das, als würde er seinen Character Sheet vorlesen. War das von Anfang an die Intention?

Jonathan Goldstein: Wir wollten von Anfang an, dass der Film widerspiegelt, wie es ist, das Spiel zu spielen. Nicht auf eine metatextuelle Art und Weise, wo wir jemanden würfeln sehen oder so, aber dieses Gefühl von Spontaneität, von Unvorhersehbarkeit, wo Figuren plötzlich eine Lösung für ein Problem finden müssen. Diese Entscheidung machte den Tonfall für uns vollkommen klar. Der Spaß, ein Spiel zu spielen. Den meisten Leuten macht das Spaß. Du spielst nicht, als ob es dieses düstere, schwermütige Ding ist. Das war der Ausgangspunkt.

PCG: Was war euer Ansatz beim Humor, der "self aware" ist? Es gibt viel Augenzwinkern in Richtung Publikum, aber es wird niemals die Vierte Wand durchbrochen.

John Francis Daley: Das ist exakt der springende Punkt. Es geht auch darum, wie subtil wir das Publikum anzwinkern. Wir müssen die selbstreferenziellen oder Meta-Momente modulieren, weil wir das Publikum niemals aus dem Film holen wollen. Wir haben das alles sehr ernst genommen, obwohl [der Film] diesen ganzen Humor hat. Wir wollten, dass es sich zu keiner Zeit zynisch oder sarkastisch anfühlt oder so, als würden wir das Genre selbst verarschen. Aber wenn du ein Bewusstsein für D&D hast und die Spielmechaniken, dann kannst du das Gefühl bekommen, dass du die Kampagne spielst, nur aufgrund der Art, wie Dinge präsentiert werden. Aber es war ein Balanceakt. Wir wollten Nicht-Fans nicht abschrecken.

PCG: Die Dialoge wirken nicht, als wäre viel improvisiert worden, sondern wie geschriebene Witze mit Setup und Payoff.

Jonathan Goldstein: Das war unsere Absicht. Wir haben wirklich hart am Skript gearbeitet und daran, die Dialogzeilen und Witze zu verfeinern. Wir wollen den Schauspielern natürlich nicht sagen, dass sie keine Freiheit haben, selbst etwas zu kreieren, aber wir versuchen zumindest, es so zu drehen, wie wir es geschrieben haben. Zumindest ein, zwei Mal. Es gab ein paar Dinge, die im Moment entstanden sind. Hugh Grant insbesondere war sehr lustig, Chris [Pine] hat ein paar Jokes vorgeschlagen. Manchmal haben wir die Kameras einfach laufengelassen und den Schauspielern Zeilen entgegengeworfen, um ein paar Varianten zu bekommen, aus denen wir dann im Schnitt wählen können.

Jeremy Latcham: Ich glaube, was diese Typen hier richtig gut gemacht haben, war, dass, wenn der Witz vorhanden ist und aufgebaut ist und alles gut strukturiert ist, eine Architektur besteht, dann kommt etwas dabei heraus, das sich bewusster anfühlt. Das ist am Ende auch für die Schauspieler hilfreich. Sie wissen, dass es auf etwas hinausläuft. Sie werden dann eher auch genau diese Line sagen, weil sie wissen, dass sich später eine Line darauf beziehen wird. Und sie wissen, dass es alles zusammenhängt. Sie haben einen tollen Job gemacht, ein solides Drehbuch zu schreiben. Wenn du gute Jokes hast, ratterst du nicht durch eine Reihe mittelmäßiger Alternativen und versuchst haufenweise Zeug, sondern investierst diese Zeit stattdessen darin, einen Joke hoffentlich zum Funktionieren zu bringen. Sie haben an der Performance dieser Line gearbeitet, um sie so lustig wie möglich zu machen, statt im Schnitt dann einen Haufen Lines zu haben, die ein bisschen lustig sind. Ich denke, das ist ein viel besserer Ansatz.

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