Indika ist eines der seltsamsten Spiele, die wir je getestet haben - aber auch eines der interessantesten!

3
Test Stefan Wilhelm - Redakteur
Indika ist eines der seltsamsten Spiele, die wir je getestet haben - aber auch eines der interessantesten!
Quelle: 11 bit Studios

Selten hatten wir derart viele Fragen im Kopf, als der Abspann eines Spiels über den Bildschirm lief: Was zum Teufel haben wir da gerade gespielt? Was hatte der Teufel damit zu tun? Und haben wir es überhaupt gespielt - oder hat es vielmehr mit uns gespielt?

Existenzielle Fragen, Selbstfindung, Videospiel-Konditionierung, Kritik an der russisch-orthodoxen Kirche und sehr, sehr große Kaviardosen: Das 3D-Adventure Indika des aus Russland geflüchteten Studios Odd Meter wirft euch in einen irren Fiebertraum, über den ihr garantiert reden wollen werdet.

Ein Traum voller bizarrer Szenen, religiöser Motive und unwirklicher Dialoge, aber auch mit kunstvoll durchgezogenen roten Fäden, die alles zusammen- und euch am Bildschirm halten.

09:53
Indika | REVIEW | Eines der seltsamsten Spiele, die wir je getestet haben

Die W-Fragen zu Story und Gameplay sind dabei noch leicht zu beantworten: Ihr spielt die Nonne Indika, die in ihrem Konvent irgendwo in der russischen Pampa ihren Pflichten nachgeht. Eines Tages wird sie damit beauftragt, einen geheimen Brief in ein anderes Kloster zu bringen, dabei gerät sie jedoch in eine Auseinandersetzung, bei der sie von einem übel zugerichteten Häftling als Geisel genommen wird.

Auf der Suche nach Hilfe irren die beiden durch die Landschaft, um einen Ort zu finden, von dem der Mann glaubt, dass er dort von Gott geheilt werden kann.

Indika vergeudet keine Zeit damit, euch den Boden des konventionellen Storytellings unter den Füßen wegzuziehen: Es beginnt mit einer Sequenz im Pixel-Artstyle, in der ihr Punkte einsammelt, von denen euch explizit gesagt wird, dass sie keinen Nutzen haben.

Aber wenn ihr so seid wie wir, dann werdet ihr trotzdem für den Rest des Spiels darauf achten, so viele heilige Punkte wie möglich zu sammeln, damit oben links eine hohe Zahl eingeblendet wird. Jahrelange Konditionierung lässt sich eben nur schwer ablegen, obwohl man's eigentlich besser weiß.

Indika und Ilja blicken sich an. Quelle: 11 bit Studios Genauso ergeht es auch Indika im Kloster: Direkt zu Beginn soll sie zum Beispiel fünf Eimer Wasser aus dem Brunnen holen, was das Spiel auch gnadenlos durchexerziert, nur, damit die Oberschwester das gerade gefüllte Fass direkt wieder umkippt.

Die Regel, den Spieler auf keinen Fall zu langweilen, bricht Indika hier mit Vorsatz, und das ist längst nicht die einzige Stelle, die die Konventionen eines klassischen Videospiels ignoriert.

Die Botschaft der Szene kommt jedenfalls durch: Das Leben als Nonne im Russland des 19. Jahrhunderts ist kein Zuckerschlecken. Glaube und Gehorsam haben hier längst jeden Sinn verloren, und es wird höchste Zeit für Indika, aus dem System auszubrechen.

Avantgarde-Ästhetik

Auch sonst verstehen sich die Entwickler hervorragend darin, eine kompromisslos-unbequeme Stimmung zu erzeugen. Kontraste oder Farben sucht man vergeblich, die Gebäude sind alle seltsam schief, Tiere unnatürlich groß. Das ganze Setting ist außerdem von einer schrägen Steampunk-Ästhetik durchzogen, von motorisierten Fahrrädern bis hin zu einer grotesken Fischfabrik.

Indika flüchtet durch einen schrägen Raum. Quelle: 11 bit Studios Schon zu Beginn lässt Indika die drei Buchstaben W, T und F in Leuchtschrift in eurem Kopf aufblinken, und sie werden bis zum Schluss nicht erlöschen.

Zu sehen, was euch die überzeugende Art-Direction als nächstes präsentiert, übt dementsprechend einen großen Reiz aus. Auch die Kameraarbeit ist bemerkenswert: Ihr spielt die meiste Zeit aus der Third-Person-Ansicht, viele Cutscenes werden aber aus Perspektiven gezeigt, die man nicht einmal in Filmen allzu häufig sieht.

Wie Hellblade: Senua's Sacrifice spielt auch Indika mit dem Gedanken, wie viel von dem Wahnsinn, der sich auf eurem Bildschirm abspielt, eigentlich real ist. Immerhin hat auch Indika einen prominenten Gast ihrem Kopf, und zwar den Teufel höchstpersönlich!

Mit ihm führt Indika immer wieder Diskussionen über die großen Themen in ihrem Leben, und obwohl sie, wie so vieles im Spiel, gerne mal aus heiterem Himmel losbrechen, sind die Gespräche unterhaltsam anzuhören.

Vor allem der Sprecher des Teufels überzeugt, wenn er Indika mit bissigen Kommentaren quält und selbst in diesen Momenten noch irgendwie witzig und charmant klingt. Die anderen Figuren, inklusive des Häftlings, den ihr die ganze Zeit an eurer Seite habt, klingen dafür, als hätten sie sich gerade ein paar Gläser Wodka zu viel genehmigt. Auch das ist befremdlich, trägt aber seinen Teil zur Atmosphäre bei.

    • Kommentare (3)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von statler665 Anwärter/in
        Irgendwie merkwürdig. Nicht so meins, denke ich. Metro und auch Stalker sind meine Lieblingstitel. Werde aber hiermit nicht wirklich warm. Leider ist bei mir auch mit Atomic Heart nicht weit her. Klappt nicht so mit Russland.
      • Von statler665 Anwärter/in
        Irgendwie merkwürdig. Nicht so meins, denke ich. Metro und auch Stalker sind meine Lieblingstitel. Werde aber hiermit nicht wirklich warm. Leider ist bei mir auch mit Atomic Heart nicht weit her. Klappt nicht so mit Russland.
      • Von 80sGamer Spiele-Novize/Novizin
        Wunschlistenspiel, das bei Angebot mal angeschaut wird. Wie die restlichen 200 Wunschlistenspiele. :-D
        Muss meinen 2 Euro Kauf "Hellblade" noch durchspielen.
      • Von MarcHammel Spiele-Kenner/in
        Klingt interessant. Werd ich mir mal auf die Liste setzen.
      Direkt zum Diskussionsende
  • Print / Abo
    Apps
    PC Games 06/2024 PCGH Magazin 06/2024 PC Games MMore 04/2024 play5 06/2024 Games Aktuell 01/2024 N-Zone 06/2024
    PC Games 06/2024 PCGH Magazin 06/2024 play5 06/2024 PC Games MMORE Computec Kiosk