Phoenix Wright Ace Attorney: Ein Star-Anwalt wird 20 - Retro-Special
2001 hätte wohl niemand bei Capcom gedacht, dass ein urjapanisches Nischen-Adventure international so beliebt werden würde - wir blicken zurück!
Die Welt war immer noch geschockt von den schrecklichen Geschehnissen des 11. September, im US-Fernsehen lief die erste Folge Scrubs und in Japan eröffnete das Ghibli-Museum - wir befinden uns im Oktober 2001.
Am zwölften Tag des Monats erschien für den Game Boy Advance ein Spiel, das erst über Umwege in den Westen gelangen und dort einen Erfolg feiern sollte, der ungewöhnlich ist für das Nischen-Genre, in dem es beheimatet ist.
Wir sprechen natürlich von Phoenix Wrights erstem Abenteuer, das im Original Gyakuten Saiban: Yomigaeru Gyakuten heißt und den Aufstieg des jungen Anwalts Ryuichi Naruhodo begleitet. Wir kennen und lieben ihn als Phoenix Wright, treffen sollten wir Europäer ihn aber erst viele Jahre später auf dem Nintendo DS.
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In diesem Artikel
Der Beginn einer steilen Karriere
Quelle: Mobygames
Der Butz mal wieder! Verlässlich zieht der alte Freund von Phoenix Wright Unglück an wie ein Kuchenstück die Wespen. Wir müssen ihm als Anwalt helfen!
Aber jetzt wandern wir erst noch ein bisschen weiter zurück in die Vergangenheit. Seinen Ursprung nämlich hat Ace Attorney im Jahr 2000: Shinji Mikami, damals Capcom-Mitarbeiter und niemand Geringeres als der Erfinder der Resident-Evil-Serie, gab seinem Kollegen Shu Takumi sechs Monate Zeit, um ein Spiel ganz nach Takumis Vorstellungen zu entwickeln.
Und tatsächlich lag im Schreibtisch von Takumi noch ein Prototyp zu einem Adventure, das er Ende der 90er Jahre ersonnen hatte. Ein wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste Element stellte für ihn das Dialogsystem dar, er wollte, dass der Spieler Aussagen widerlegen kann. In Takumis frühen Entwürfen war nicht vorgesehen, dass man einen Anwalt verkörpert. Zunächst war geplant, einen Detektiv zu spielen - eine klassische Protagonistenwahl für ein Mystery-Adventure, vielleicht wurde dieser Ansatz auch deshalb nicht weiterverfolgt.
Die nächste Idee war, unschuldig unter Mordverdacht zu geraten und sich selbst vor Gericht vertreten zu müssen, da der eigene Pflichtverteidiger ein Idiot sein sollte. Existierte Winston Payne also vielleicht schon viele Jahre vor Phoenix Wright? Schlussendlich kam Takumi zu der Erkenntnis, dass man gleich einen Anwalt als Protagonisten verkörpern könnte, vermutlich auch, weil dann mehrere unterschiedliche Fälle behandelt werden können anstatt nur einer.
Quelle: Mobygames
Typisch Adventure steuert man keine Spielfigur durch die Gegend, sondern betrachtet Standbilder der unterschiedlichen Schauplätze.
Außerdem reizte Takumi die Anwaltsthematik, da man so einen echten Underdog in der Hauptrolle hatte. Was, wieso Underdog? Das hängt mit dem japanischen Justizsystem zusammen, welches kulturell bedingt ein wenig anders funktioniert(e) als bei uns in Deutschland.
Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts gab es so etwas wie Anwälte, die Angeklagte verteidigen - da Harmonie und Gemeinschaftsgefühl wichtige Säulen der japanischen Gesellschaft sind, galt es bereits als Schande, überhaupt vor Gericht zu landen, beziehungsweise vermeintlich mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, ob unschuldig oder nicht. Das Interesse, mit einem Anwalt für weiteren Wirbel zu sorgen, war also nur in seltenen Fällen vorhanden.
Quelle: Mobygames
Miles Edgeworth, Star-Staatsanwalt und Rivale von Phoenix Wright, gehört zu den beliebtesten Figuren der ganzen Serie. Er bekam sogar eine eigene Spielereihe!
Inzwischen gibt es im Reich der aufgehenden Sonne zwar Anwälte, die den gleichen Job erledigen wie Anwälte in anderen Ländern, doch die Verurteilungsrate liegt mit mehr als 99 Prozent der Fälle deutlich über der anderer Staaten (in Deutschland beträgt die Quote zum Beispiel etwas mehr als 80 Prozent). Das hat eine Vielzahl von Gründen und liegt auch daran, dass vergleichsweise wenige Fälle überhaupt erst vor Gericht gebracht werden.
So oder so ist es extrem unwahrscheinlich, dass ein des Mordes Angeklagter freigesprochen wird - es sei denn natürlich, er wird von Phoenix Wright vertreten! Da in Japan zudem noch die Todesstrafe verhängt wird, steht sehr viel auf dem Spiel, was zur Spannung im virtuellen Gerichtssaal beiträgt.
Wie im echten Leben?
Natürlich sollte man Ace Attorney nicht als realistische Simulation der japanischen Rechtsprechung verstehen, das Adventure nutzt das Justizsystem lediglich als grobes Fundament, um unrealistische, aber dennoch packende Fälle zu erzählen. Die Entwickler wohnten sogar Verhandlungen bei und waren erstaunt, dass es vor Gericht eher ruhig und gesittet zugeht, ganz anders als im Spiel dargestellt. Diese künstlerische Freiheit erlaubte man sich, um für mehr Spannung zu sorgen!
Eine weitere Inspirationsquelle Takumis stammt nicht aus Japan, sondern aus den USA: Als Fan des kauzigen TV-Detektivs Columbo entschied sich Takumi, den Spieler im ersten Kapitel des Abenteuers vorab wissen zu lassen, wer der Mörder ist. In der Fernsehserie ist das üblicherweise auch der Fall, denn dort geht es vor allem darum mitzuerleben, wie der findige Ermittler die Lügen und vermeintlichen Alibis des Täters entkräftet.
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