Scorn im Test: Ein Albtraum aus Fleisch und Maschine
Daran hätte selbst H.R. Giger seine Freude: Scorn präsentiert sich als durchgestyltes, unglaublich morbides Horror-Abenteuer, dem Begriffe wie Sinn und Moral völlig schnuppe sind. Das Design ist eine Wucht, die Atmosphäre zum Schneiden dicht. Doch macht es auch Spaß? Und ist es nun mehr Shooter oder Adventure? Wir haben Scorn für euch durchgespielt.
Selbst wenn Scorn ein schlechtes Spiel wäre, müsste man ihm doch eines zugutehalten: Es ist grafisch und vor allem atmosphärisch ein absolutes Brett. Beklemmend und gnadenlos düster präsentiert sich Scorn als biomechanischer Albtraum, der unter die Haut geht. Doch über das Gameplay und die Story wurde lange gerätselt, selbst beim Genre gab's Fragezeichen: Isses nun ein Shooter, ein Adventure - oder einfach nur ein Walking Simulator mit Ekeldesign? Fünf Jahre nach seiner Ankündigung via Kickstarter haben wir's durchgespielt - was Scorn wirklich kann und was nicht, das klären wir im spoilerfreien Test. Und für alle, die lieber schauen als lesen, haben wir unser komplettes Review auch als Video für euch.
Trostloser geht's nicht
Nackt, verletzt und unvorbereitet wirft euch Scorn in eine ausgestorbene, zutiefst verstörende Welt. Wer seid ihr, was ist euer Ziel? Das müsst ihr selbst herausfinden, ein finstere Selbstsuche, die euch etwa sechs Stunden beschäftigen wird. Dialoge, Erklärungen oder Hintergründe? Fehlanzeige. Die Geschichte, wenn man sie überhaupt so nennen will, wird in erster Linie über die bedrückende Kulisse erzählt. Und das ist auch gut so, denn die fantastisch designte Welt ist der eigentliche Star des Spiels.
Die Umgebungen sind nicht einfach nur düster. Sie sind auch eine gewaltige Verneigung vor dem unverwechselbaren H.R. Giger, den die Grafiker als offensichtliche Inspirationsquelle nutzen. Jeder Gegenstand, jede Textur, jeder Raum wirkt so durchgestylt, als würde man durch eine virtuelle Ausstellung des legendären Schweizer Künstlers marschieren. Giger ist bereits 2015 verstorben, Scorn ist also ohne sein Wissen entstanden - doch wir vermuten stark, es hätte ihm gefallen. Es ist eine albtraumhafte Welt ohne erkennbaren Sinn oder Moral, ein Ort, an dem Fleisch und Maschine scheußlich ineinanderfließen. Organische Strukturen treffen auf strenge Geometrie, selbst Schalter, Waffen und Schlüssel erinnern an zuckende Körperteile. Fühlende Wesen werden qualvoll auf ihre Biomasse reduziert, Leichen wie Abfall beseitigt. Und mehr als einmal muss man seine Hand in fremde Apparate stecken, ohne zu wissen, ob man sie danach wieder zurückbekommt.
In diesem Artikel
Das Design ist wunderbar abstoßend, grafisch toll umgesetzt und zieht sich konsequent durch das gesamte Spiel - auch wenn es nicht gerade abwechslungsreich ist. Erst im letzten Kapitel wartet nochmal ein toller Tapetenwechsel auf euch, den wir euch allerdings keinesfalls spoilern wollen. Vertraut uns darum einfach, wenn wir sagen: Der letzte Level ist zwar sehr kurz, sieht aber dafür auch ausgesprochen gut aus.
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Nur schade, dass der Schluss ein wenig unbefriedigend daherkommt - allerdings hatten wir bei Scorn auch kein klassisches Happy End erwartet. Schön dagegen: Weil euch möglichst nichts von der dichten Atmosphäre ablenken soll, gibt es auch keine dauerhaften Bildschirmanzeigen. Wichtige Infos wie Lebenspunkte oder Munition werden also nur bei Bedarf eingeblendet. Begleitet wird das Ganze von einer bedrohlichen, unheilschwangeren Soundkulisse, die einfach perfekt zur trostlosen Stimmung passt. Musik wird eher als Klangteppich eingesetzt, erkennbare Melodien gibt es keine.
Macht das auch Spaß...?
Nun ist Scorn aber kein Kunstkatalog zum Rumlaufen, es ist ein Spiel. Und das sollte, idealerweise, auch ein bisschen Spaß machen. Also wie funktioniert's? Im Kern ist Scorn ein lineares Adventure mit Action-Einlagen, das in mehrere Kapitel unterteilt ist. Jedes dieser Kapitel steckt euch in ein verschachteltes Gebiet aus biomechanischen Gängen und Fluren, in denen man sich wunderbar verirren kann. Während ihr langsam die Gegend erkundet, müsst ihr eine zentrale Aufgabe lösen, die euch aber natürlich niemand vorher erklärt. Da sollt ihr zum Beispiel eine Maschine in Gang bringen, einen Weg öffnen oder eine Gondel auf eine Schiene bringen.