Star Trek 2 Der Zorn des Khan: Eine Reise aus der Midlife-Crisis und zurück

9
Special Sebastian Göttling - Autor Lukas Schmid - Brand / Editorial Director
Star Trek 2 Der Zorn des Khan: Eine Reise aus der Midlife-Crisis und zurück
Quelle: Paramount 

Unser Autor und ausgewiesener Star-Trek-Experte Sebastian Göttling blickt zurück auf den vielleicht besten Star Trek-Film: Star Trek 2: Der Zorn des Khan!

Bezüglich Casting hatte man sich auf Khan als Widersacher festgelegt, also war man sich einig, dass Ricardo Montalban seine Rolle von 1967 ein weiteres Mal spielen sollte. Doch auch hier bahnte sich eine kleine Katastrophe an: Montalban hatte zuletzt sechs Jahre lang die Hauptrolle in der TV-Serie "Fantasy Island" gespielt und wollte just nicht bei Star Trek mitmachen; stattdessen wollte er seine Karriere endlich wieder ernsthafterem Material widmen. Dann jedoch las er das Drehbuch Meyers, fand es hervorragend und war sofort an Bord. Puh! Neben William Shatner und Leonard Nimoy waren übrigens auch alle alten Recken aus der Serie wieder am Start, allerdings arbeitete Walter Koenigs Chekov mittlerweile nicht mehr auf der Enterprise, sondern taut seinen Dienst - notwendig für die Handlung - an Bord des Raumschiffes Reliant unter Captain Terrell, gespielt vom großartigen Paul Winfield.

Als Saavik wurde die Jungschauspielerin Kirstie Alley engagiert. Ihre Rolle sollte in den zwei Folgefilmen von Robin Curtis übernommen werden, doch nur Alley schaffte es, Saavik einen wunderbar andersweltlichen Stempel aufzudrücken. Abgerundet wurde das Ensemble von Merritt Butrick als Kirks Sohn David und Bibi Besch als dessen Mutter und Kirks ehemalige Flamme Dr. Carol Marcus. Mittlerweile, im Jahr 2023, sind leider alle Gastdarstellerinnen und -darsteller des zweiten Kinofilms verstorben, zuletzt überraschenderweise Kirstie Alley im Dezember 2022.

Eine besondere Herausforderung während der Dreharbeiten waren die vollen Terminkalender der Herren Shatner und Montalban, die beim besten Willen nicht gleichzeitig Zeit hatten. Deswegen begegnen sich Kirk und Khan im Film auch nie von Angesicht zu Angesicht, sondern unterhalten sich ausschließlich per Funk über die großen Brückenbildschirme der beiden Schiffskontrahenten Enterprise und Reliant.

Gedreht wurden die Kirk- und die Khan-Szenen jeweils am Stück, dazwischen lagen mehrere Wochen, in denen die Brücke der Enterprise zu jener der gegnerischen Reliant lediglich umdekoriert wurde, sodass ein Großteil des Films praktisch auf ein und demselben Set spielt. Ein Set, von dessen fotografischen Möglichkeiten Regisseur Meyer übrigens alles andere als angetan war.

Beide Produktionsblöcke - Enterprise und Reliant - waren für Meyer auch von einer völlig unterschiedlichen Herangehensweise an den jeweiligen Hauptakteur geprägt. William Shatner, der seit jeher eine Vorliebe fürs Overacting hat, wurde von Meyers Regie absichtlich zermürbt. Der ließ Shatner so oft jede Szene wiederholen, bist dieser mit erheblich weniger Gusto, dafür mit umso höherer Authentizität schauspielte.

Star Trek 2 Der Zorn des Khan: Eine Reise aus der Midlife-Crisis und zurück (6) Quelle: Paramount  Star Trek 2 Der Zorn des Khan: Eine Reise aus der Midlife-Crisis und zurück (6)

Oft war der Regisseur erst beim zwanzigsten Take zufrieden. Doch es war eben kein überschwänglicher Kirk gefragt, sondern ein matter Admiral mittleren Alters. Montalban dagegen war das genaue Gegenteil, er spielte für Meyer zu ruhig und zurückhaltend, wollte in der Rolle des doch so rachsüchtigen Khan nicht recht aus sich herausgehen.

Der eher junge Regisseur hatte seine liebe Mühe damit, sich mit guten Ratschlägen an den deutlich reiferen Schauspieler Montalban zurückzuhalten, denn ernst zu nehmende Schauspieler mögen diese Art der Einmischung für gewöhnlich überhaupt nicht, doch schließlich konnte Meyer nicht mehr anders und konfrontierte Montalban mit seinem verhaltenen Schauspiel.

Der hingegen war von dieser Intervention überraschenderweise mehr als begeistert, denn er empfand es bei seiner Arbeit immer als wertvoll, wenn ihm ein Regisseur eine harte Richtung vorgab; darauf war er fast schon angewiesen. Montalban und Meyer arbeiteten daraufhin begeistert und harmonisch miteinander - und Khan zischt und tobt und knirscht so wunderbar, wie wir ihn kennen und lieben.

Während der erste Star-Trek-Kinofilm vor atemberaubenden Effekten nur so strotzt, dauert es bei "Der Zorn des Khan" fast zwanzig Minuten, bis zum ersten Mal ein neuer Effekt zu sehen ist, als nämlich die Reliant in den Orbit eines Planeten im Ceti-Alpha-System einschwenkt.

Davor sehen wir lediglich Recycling, unter anderem eine Schlacht in einem Simulator, die uns vorbeifliegende Klingonenschiffe aus der Eröffnungsszene des ersten Kinofilms zeigen - und auch der Anflug der kleinen Transportkapsel auf die stattliche Enterprise ist hier ein Zusammenschnitt der majestätischen Sequenz aus "Star Trek: The Motion Picture".

Dabei hat man fast das Gefühl, der zweite Kinofilm macht sich über seinen Vorgänger lustig, denn während im ersten Film Kirk noch mit leuchtenden Kinderaugen gebannt auf sein geliebtes Schiff starrt, ist er hier gelangweilt und abgelenkt und beschäftigt sich lieber mit seinem soeben erhaltenen Geburtstagsgeschenk, einer Lesebrille.

Ebenfalls wiederverwendet wurde das Modell der Erdorbitalstation aus dem ersten Kinofilm, sie wurde einfach auf den Kopf gestellt, nennt sich jetzt Regula und ist die zentrale Forschungsstation für das Genesis-Projekt. Apropos Genesis: Es wird zwar oft kolportiert, dass die Vorführung der Funktionsweise des Terraforming-Projekts die ersten CGI-Effekte der Filmgeschichte darstellen - das stimmt nicht ganz, da gab es schon andere Vorgänger -, hier kommen aber zum allerersten Mal sogenannte Partikeleffekte zum Einsatz.

Ebenso spektakulär sind chemische Flüssigkeitseffekte, mit denen der Mutara-Nebel, Schauplatz des finalen Showdowns, erzeugt wurde, und die fiesen Schäden, die im Verlauf der Schlacht an den Raumschiffen entstehen. Natürlich wollte man nicht die teuren Modelle beschädigen oder gar vernichten, schließlich sollten sie in potenziellen Fortsetzungen vorzeig- und wiederverwendbar sein.

Also entwickelte ILM Schaden simulierende Applikationen aus Aluminium und Wachs, die sich anbringen und anschließend wieder abknibbeln ließen. In Sachen Make-up ging ebenso hoch her: Für die Szenen, in denen ein ekelerregender Parasitenwurm in Chekovs Ohr eindringt und später wieder herausrutscht, wurde die überlebensgroße, ja riesige Replik eines menschlichen Ohrs mit umliegenden Haaren gebaut.

Star Trek 2 Der Zorn des Khan: Eine Reise aus der Midlife-Crisis und zurück (7) Quelle: Paramount  Star Trek 2 Der Zorn des Khan: Eine Reise aus der Midlife-Crisis und zurück (7)

Ein groteskes Prop, das mittlerweile auf einer Holzplatte genagelt in den Archiven Paramounts schlummert. Im Rahmen der zahlreichen Schlachten erleiden die Besatzungen viele Fleischwunden und Verbrennungen, bei denen der Film schon fast in das Genre des Body-Horrors abgleitet, so fies und realistisch sehen diese aus. Tatsächlich handelt es sich um ein neu für diesen Film entwickeltes Make-up-Prinzip auf Gelatinebasis, das dafür sorgte, dass die falschen Wunden auch noch Stunden nach Drehbeginn frisch, saftig und äußerst unangenehm aussahen.

Musikalisch wurden mit dem Newcomer James Horner, passend zu Nick Meyer, neue und vor allen Dingen günstigere Wege eingeschlagen. Nicht, dass man mit der Arbeit von Altmeister Jerry Goldsmith beim ersten Film unzufrieden gewesen war. Ganz im Gegenteil, die Filmmusik war einer der einstimmig hochgelobten und sogar Oscar-nominierten Aspekte von "The Motion Picture".

Doch bezahlen konnte oder wollte man Goldsmith nicht - und sein Enterprise-Thema war erst 1987 wieder zu hören, als es die Titelmusik der Next Generation wurde. Dennoch war Horners Arbeit mehr als nur passend für "Der Zorn des Khan".

Melodisch, mitreißend und verwegen wie ein Piratenfilm, gilt der Soundtrack des zweiten Films als moderner Klassiker, der fast auf Augenhöhe mit dem ersten Film steht. Wen kümmert es da, dass Horner große Teile seine Kompositionen aus dem 1980er Star-Wars-Rip-off "Battle Beyond the Stars", auf Deutsch "Sador - Herrscher im Weltraum", wiederverwendete?

    • Kommentare (9)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von Worrel Spiele-Guru
        Zitat von smurfsoft
        Kleine Korrektur:
        "hier in Deutschland lief Star Trek übrigens bis zur großen Trek-Welle, die SAT.1 1994 mit der täglichen Next-Generation-Ausstrahlung lostrat, unter ferner liefen in kleinen Schuhkarton-Kinos, selbst der famose Khan"

        In Darmstadt liefen die Star Trek Kinofilme schon bei der Erstauführung in den jeweils größten Sälen. Mag aber auch daran liegen, daß zahlreiche Briten und US-Amerikaner hier lebten und leben, bedingt durch Raumfahrt und (damals noch) US Army Stützpunkt.
        Ich erinnere mich noch an 2 Star Trek Filmnächte im Programmkino, in denen die ersten 5 bzw beim zweiten mal 6 Star Trek Filme am Stück gezeigt wurden. Da der 6. Film 1991 rauskam, dürfte das dann 1991 oder 92 gewesen sein.
      • Von Worrel Spiele-Guru
        Zitat von smurfsoft
        Kleine Korrektur:
        "hier in Deutschland lief Star Trek übrigens bis zur großen Trek-Welle, die SAT.1 1994 mit der täglichen Next-Generation-Ausstrahlung lostrat, unter ferner liefen in kleinen Schuhkarton-Kinos, selbst der famose Khan"

        In Darmstadt liefen die Star Trek Kinofilme schon bei der Erstauführung in den jeweils größten Sälen. Mag aber auch daran liegen, daß zahlreiche Briten und US-Amerikaner hier lebten und leben, bedingt durch Raumfahrt und (damals noch) US Army Stützpunkt.
        Ich erinnere mich noch an 2 Star Trek Filmnächte im Programmkino, in denen die ersten 5 bzw beim zweiten mal 6 Star Trek Filme am Stück gezeigt wurden. Da der 6. Film 1991 rauskam, dürfte das dann 1991 oder 92 gewesen sein.
      • Von sauerlandboy79 Spiele-Guru
      • Von RoteRosen Hobby-Spieler/in
        Zitat von matrixfehler
        Schöner Artikel.
        Aber voller Rechtschreibfehler.
        War wieder kein Lektor in der Nähe?
        Nope, nur PC-Games^^
      • Von 08-of-15 Anfänger/in
        Yay für Good old Star Trek Content!
      • Von smurfsoft Anfänger/in
        Kleine Korrektur:
        "hier in Deutschland lief Star Trek übrigens bis zur großen Trek-Welle, die SAT.1 1994 mit der täglichen Next-Generation-Ausstrahlung lostrat, unter ferner liefen in kleinen Schuhkarton-Kinos, selbst der famose Khan"

        In Darmstadt liefen die Star Trek Kinofilme schon bei der Erstauführung in den jeweils größten Sälen. Mag aber auch daran liegen, daß zahlreiche Briten und US-Amerikaner hier lebten und leben, bedingt durch Raumfahrt und (damals noch) US Army Stützpunkt.
      Direkt zum Diskussionsende
  • Print / Abo
    Apps
    PC Games 06/2024 PCGH Magazin 06/2024 PC Games MMore 06/2024 play5 06/2024 Games Aktuell 01/2024 N-Zone 06/2024
    PC Games 06/2024 PCGH Magazin 06/2024 play5 06/2024 PC Games MMORE Computec Kiosk