Staffel 2 von Star Trek TNG: Streiks, Sturköpfe und Sternen-Storys

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Special Sebastian Göttling - Autor Lukas Schmid - Brand / Editorial Director
Staffel 2 von Star Trek TNG: Streiks, Sturköpfe und Sternen-Storys
Quelle: Paramount

Teil 7 unserer Star-Trek-Retrospektive führt Autor Sebastian Göttling zurück auf den Fernsehbildschirm und in die zweite Staffel von The Next Generation!

Am 7. Februar 1992 war sie vorbei, die große Pause, denn das Zweite Deutsche Fernsehen zeigte an diesem Tag endlich wieder eine neue Folge von "Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert". Seitdem zuletzt eine Episode ausgestrahlt wurde, war eine Zeit vergangen, die für mich als damals Zwölf- bzw. Dreizehnjährigen eine absolute Ewigkeit darstellte: Acht Monate waren ins Land gezogen seit dem 8. Juni 1991, acht Monate ohne "neuen Stoff". Immerhin entdeckte ich im Sommer 1991 zufällig, dass der Pay-TV-Sender Premiere jeden Tag unverschlüsselt - also auch für Nicht-AbonnentInnen anguckbar - eine Folge der klassischen Star-Trek-Serie aus den Sechzigern im Doppelpack mit "Alf" zeigte. Außerdem gab es bei SAT.1 zwischen Juli und Dezember 1991 die ersten vier Star-Trek-Kinofilme in deutscher Fernseh-Erstausstrahlung.

Doch bei so viel Kirk & Spock hatte ich vergessen, wie überhaupt die Abenteuer mit Jean-Luc Picard und seiner Crew waren, denn von denen hatte ich nur eine Handvoll Folgen gesehen zwischen meiner Fan-Erweckung im März 1991 und der Sendepause drei Monate später. Zugegeben: Um wenigstens irgendwas konsumieren zu können und einen Eindruck der Serie zu haben, hatte ich mir die allererste Karussell-Hörspielkassette gekauft - ja, die gab es damals.

Darauf enthalten war die erste Hälfte des Pilotfilms. Von verrückterweise derselben Story hatte ich mir auch die Romanumsetzung aus dem Heyne-Verlag gekauft, doch was mir fehlte, waren die Bilder, vor allem von dieser neuen, modernen und riesigen Enterprise-D.


Sebastians bisherige Star-Trek-Retrospecials


Ich hatte in meinen ersten drei Fan-Monaten keine einzige Folge auf Video aufgenommen und das Roman-Cover zeigte paradoxerweise die alte Enterprise des Captain Kirk, deswegen hatte ich in Ermangelung visueller Aufzeichnungen schlicht und ergreifend vergessen, wie dieses Schiff aussah.

Heutzutage undenkbar, da schaut man sich auf Google oder Youtube Bilder und Videoclips an, doch mein erster Internetzugang lag noch fast ein Jahrzehnt in der Zukunft. In diesen acht TNG-freien Monaten wuchs die Serie in meinem Kopf immer und immer weiter an, erreichte fast schon Legendenstatus.

Doch dann schließlich war es so weit, mit "Unnatural Selection" (Die jungen Greise) sah ich meine erste neue Next-Generation-Episode, nahm sie selbstverständlich auf VHS auf und schaute sie in der darauffolgenden Woche bestimmt fünfmal, obwohl es bei Weitem nicht die beste Episode der zweiten Staffel war.

Wer sich jetzt fragt, warum die ZDF-Sendereihenfolge ausgerechnet mit der siebten Folge der zweiten Staffel begann, dem sei gesagt, dass die Ausstrahlungsblöcke grundsätzlich willkürlich waren.

In Mainz waren Staffeln anscheinend kein Begriff, doch meine Freunde und ich, damals schon Besitzer des ersten ausführlichen Fan-Handbuchs "Das Star-Trek-Universum" von Ralph Sander, hatten natürlich den vollsten Durchblick, den man ohne Internet haben konnte und wussten genau, wo der Wiedereinstieg war.

Doch nicht nur in Deutschland war zu Beginn von Staffel 2 große Sendepause angesagt, auch im Ursprungsland USA ereignete sich im Sommer 1988 "pünktlich" zwischen der ersten und zweiten Staffel von "Star Trek: The Next Generation" ein großer Streik der Autorengewerkschaft WGA. Genau so ein Streik, wie er sich just beim Tippen dieser Zeilen im Jahr 2023 ereignet.

Nach einigen Startschwierigkeiten trifft die Enterprise endlich auf die Borg, doch aus Insekten wurden Cyber-Zombies. Quelle: Paramount Nach einigen Startschwierigkeiten trifft die Enterprise endlich auf die Borg, doch aus Insekten wurden Cyber-Zombies. Einigermaßen selten sind diese Streiks, dazwischen lag lediglich der von 2007. Der 88er-Streik ist der bis heute längste in der Mediengeschichte - auch, wenn ihm der aktuelle dicht auf den Fersen ist - 1988 währte er exakt fünf Monate, vom 7. März bis zum 7. August.

Immer, wenn das passiert, versiegt die Quelle verfilmbarer Geschichten und auch das Produktionsteam der Next Generation hatte nichts, womit es zum Staffelauftakt vor die Kameras gehen konnte. Den ProduzentInnen ist es darüber hinaus verboten, in ihre Schreibmaschinen zu hämmern und so den Streik zu brechen.

Deswegen startete die zweite Staffel TNG mit zweimonatiger Verspätung erst am 19. November 1988, und da stand von vorneherein fest, dass sie im Folgejahr viel weiter in den Sommer hineinreichen würde als geplant, um die verlorenen Folgen wieder wettzumachen. Trotzdem hatte Staffel 2 nur 22 anstelle der sonst üblichen 26 Episoden.

Außerdem ist die erste Folge der zweiten Staffel nicht von Grund auf neu geschrieben worden, sondern war aus Zeitgründen ein besonders tiefer Griff in die Mottenkiste. Denn bevor Star Trek ab 1979 zu einer erfolgreichen Kinoreihe wurde, war unter dem Titel "Star Trek: Phase 2" Mitte der Siebziger eine zweite Realserie mit Jim Kirk als Hauptcharakter geplant gewesen. Deren Drehbücher lagen jetzt schon seit über zehn Jahren umher und setzten Staub an. Was für eine Verschwendung - vor allem, wenn Drehbücher so knapp sind wie die Zeit!

Also kramte man nach Streikende "The Child" (Das Kind) aus diesem antiken Stapel hervor - eine Geschichte, in der die deltanische Navigation Ilia von einem Energiewesen geschwängert wird - und ließ den alten Entwurf hektisch vom Showrunner, der nun wieder arbeiten durfte, aktualisieren.

Denn weil Counselor Deanna Troi tatsächlich auf dem Charakter der Ilia basierte, konnte die alte Geschichte halbwegs problemlos auf sie umgemünzt werden.

Dennoch eine Auftaktepisode, die nicht gerade als Klassiker gilt. In einem Paralleluniversum, in dem es nicht zum Streik kam, dürfte der Start in die zweite Staffel deutlich spektakulärer gewesen sein, denn wir erinnern uns: Staffel 1 endete mit "The Neutral Zone" (Die neutrale Zone), eine Folge, in der sich Romulaner und Föderation darüber wundern, dass irgendeine dunkle Bedrohung die Außenposten an ihrer gemeinsamen Grenze ausradierte.

Dieser neue Antagonist wäre in Folge 1 der zweiten Staffel in einem epischen Mehrteiler aus den Schatten getreten und hätte sich entpuppt als niemand Geringeres als die Borg, ein alles konsumierendes Volk von Insekten. "Insekten?", fragt sich jetzt die geneigte Leserschaft.

Ja, die "Borg-Verschiebung" aufgrund des Autorenstreiks führte dazu, dass man länger über das neue Volk nachdachte, die Insekten beiseitelegte und sie schließlich zu kybernetischen Zombies machte, denn das Thema Cyberspace war in der zweiten Hälfte der Achtziger in der Science Fiction äußerst en vogue.

Doch "The Child" hat auch ein absolutes As im Ärmel, nämlich den ersten Auftritt von Whoopi Goldberg als Enterprise-Barkeeperin Guinan, die von Staffel 2 bis 6 insgesamt 28 Gastauftritte absolvieren sollte.

Die Art und Weise, wie sie zum Cast hinzustieß, ist durchaus kurios: Als sich Whoopi Goldbergs Agent mit der Nachricht bei Paramount meldete, dass seine Klientin bei Star Trek mitspielen solle, hielt man das erst für einen Aprilscherz. "Die weltberühmte Schauspielerin, die 1985 für Steven Spielbergs 'The Color Purple' (die Farbe Lila) für den Oscar nominiert war, möchte bei unserer mitunter leicht trashigen Science-Fiction-Serie mitspielen? Selten so gelacht, wer meldet sich als nächstes, Arnold Schwarzenegger?"

Doch Whoopi ließ sich zum Glück nicht abschütteln, sie stellte direkten Kontakt zu Star-Trek-Schöpfer Gene Roddenberry her und wiederholte mit Nachdruck ihre Absicht, bei der Next Generation mitzuspielen.

Roddenberry sprach mit Produzent Rick Berman und der brachte den Einwand, dass das ja furchtbar nett von Frau Goldberg sei, dass man aber nicht ausreichend Budget habe, um eine Schauspielerin vom Kaliber Goldbergs zu bezahlen.

Daraufhin erklärte sie sich genauer: Seit ihrer Kindheit war sie Star-Trek-Fan, nämlich seit exakt dem Moment, als ihre Mutter im Fernsehen Lieutenant Uhura in der Originalserie sah und ihre Tochter mit den Worten herbeirief: "Komm schnell, da ist eine schwarze Lady im Fernsehen und sie spielt keine Haushälterin!"

Klar, Klein-Whoopi liebte die spannenden Geschichten, die Star Trek ihr erzählte, doch am wichtigsten war ihr die positive Repräsentation in Form von Nichelle Nichols in der Rolle einer schwarzen Frau, die eine kompetente und wichtige Offizierin an Bord der Enterprise ist.

Bildergalerie

Uhura respektive Nichols wurde für Goldberg zur Heldin, zur Inspiration und zum Weg in die Schauspielerei. Für all das wollte sie sich nun revanchieren und, wann immer es ihr voller Terminkalender zuließ, die Barkeeperin der Enterprise zum regulären und äußerst bescheidenen Gaststar-Tarif spielen.

    • Kommentare (10)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von AlBundyFan Hobby-Spieler/in
        Zitat von JoeMusashi
        Schade, hätt ich gern gelesen aber nach dem ersten „Innen“ war ich raus.
        Von mir keine Klicks mehr. Es gibt eine deutsche Rechtschreibung und die sollte auch und vor allem für Journalisten gelten.
        da habe ich glück - mir ist das nichtmal aufgefallen und ich habe einen super geschriebenen artikel gelesen den du jetzt, wegen so einer nebensächlichkeit, verpasst hast.
      • Von AlBundyFan Hobby-Spieler/in
        Zitat von JoeMusashi
        Schade, hätt ich gern gelesen aber nach dem ersten „Innen“ war ich raus.
        Von mir keine Klicks mehr. Es gibt eine deutsche Rechtschreibung und die sollte auch und vor allem für Journalisten gelten.
        da habe ich glück - mir ist das nichtmal aufgefallen und ich habe einen super geschriebenen artikel gelesen den du jetzt, wegen so einer nebensächlichkeit, verpasst hast.
      • Von fud1974 Spiele-Kenner/in
        Zitat von jensmachwitz_88
        Also was mich wirklich überrascht sind die wirklich toll geschriebenen Retrospektiven, die mal rein gar nix mit PC-Spielen zu tun haben. Als Fan der mit genau dieser Serie Star Trek entdeckt hat, bin ich da voll dabei. Freu mich schon auf die nächsten Ausführungen!
        Mit PC-Spielen alleine hat die Seite schon lange nix mehr zu tun. Ist schon lange Spiele im Allgemeinen und ... nun ja, früher hätte man "Multimedia" gesagt.
      • Von jensmachwitz_88 Anwärter/in
        Also was mich wirklich überrascht sind die wirklich toll geschriebenen Retrospektiven, die mal rein gar nix mit PC-Spielen zu tun haben. Als Fan der mit genau dieser Serie Star Trek entdeckt hat, bin ich da voll dabei. Freu mich schon auf die nächsten Ausführungen!
      • Von MarcHammel Spiele-Kenner/in
        Zitat von JoeMusashi
        Schade, hätt ich gern gelesen aber nach dem ersten „Innen“ war ich raus.
        Von mir keine Klicks mehr. Es gibt eine deutsche Rechtschreibung und die sollte auch und vor allem für Journalisten gelten.
        [Ins Forum, um diesen Inhalt zu sehen]
      • Von Gast1706699402
        Zitat von JoeMusashi
        Schade, hätt ich gern gelesen aber nach dem ersten „Innen“ war ich raus.
        Von mir keine Klicks mehr. Es gibt eine deutsche Rechtschreibung und die sollte auch und vor allem für Journalisten gelten.
        Ja, sieht leider wirklich schlecht aus. Man kann sich aber angewöhnen diesen Quatsch zu ignorieren. Diese Modeerscheinung ist bestimmt auch bald wieder vorbei.

        Der Artikel ist abgesehen von den Rechtschreibfehlern wirklich gut!
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