The Witcher Enhanced Edition im PC Games-Test

Sammlerboxen, Geburtstagsausgaben, Spezialeditionen - das sind blumige Umschreibungen für meist stinknormale Spiele in aufgehübschten Verpackungen. Anders bei The Witcher: Das polnische Rollenspiel erscheint in einer Neuauflage mit dem Zusatz Enhanced Edition im Titel. Und der ist gerechtfertigt!

Quelle: Atari Geralt wickelt (viele) Frauen um den Finger. Trotzdem kommen auch emotionale Momente nicht zu kurz. Entwickler CD Projekt überarbeitete The Witcher in Details. So ist es nun technisch gereift, läuft stabiler und flüssiger. An der Steuerung verbesserte man vor allem das Inventar, während die Atmosphäre von abwechslungsreicheren NPCs profitiert. Zudem wurde die umstrittene Sprachausgabe zum Teil ausgetauscht - wer mag, darf Stimmen und Untertitel sogar frei aus zehn Sprachfassungen kombinieren. So toll das auch klingen mag: Perfekt ist die deutsche Sprachausgabe aber lange nicht, auch in der Enhanced Edition haben wir The Witcher lieber auf Englisch gespielt.

Keine Party, kein Zahlenwirrwar, keine Item-Jagd - The Witcher ist ein modernes Rollenspiel. Im Zentrum des Geschehens steht ein Held mit reichlich Tiefgang und Profil: Geralt heißt er, weißhaariger Monsterjäger und Frauenverführer, der wohl coolste Typ, den das Genre je gesehen hat. Rassismus, Zukunftsängste, Terrorismus, das sind unbequeme Themen, die The Witcher mal ernst, mal augenzwinkernd in eine epische Geschichte verpackt. Das Spiel ist in Kapitel unterteilt und verzichtet zugunsten überschaubarer Levels auf eine offene Welt. Alle Areale sind mit interessanten Charakteren und klugen Quests angefüllt, Letztere münden oft in moralisch verzwickten Entscheidungen. Von denen hängt ab, welches der drei möglichen Enden man zu sehen bekommt.

Die zahllosen Kämpfe werden auf Dauer zwar etwas eintönig, aber zumindest nie nervig, der unkomplizierten Bedienung sei Dank: Mit der Maus klickt man Gegner einem simplen Rhythmus folgend ins Verderben. Das führt oft zu blutigen Ergebnissen - The Witcher ist nur für Erwachsene gedacht! Die Charakterentwicklung läuft verständlich über den Ausbau von Talenten ab. Das macht Spaß und motiviert. Enttäuschend ist allerdings, dass Ausrüstung kaum eine Rolle spielt: Es gibt nur wenig Waffen und Kleidung für den Helden. Technisch mag The Witcher nicht mit Engine-Schwergewichten wie Mass Effect konkurrieren, doch toll sieht es trotzdem aus. Feine Lichteffekte, malerische Städtchen voll herumwuselnder NPCs, drumherum blühende Landschaften - mittelalterliche Fantasy, deren Anblick für Entzückung sorgt. Die Kampfanimationen sind ein anderes Kaliber - sie gehören schlichtweg zum Besten, was das Rollenspiel-Genre je hervorbrachte.

Die teils blutigen Kämpfe erfordern wenig mehr als regelmäßiges Klicken, sind aber brillant animiert. Mehr als 50 Stunden darf man einplanen, insofern man jede Quest zu lösen beabsichtigt. Und das sollte man. Obwohl die Handlung im letzten Drittel ein wenig gestreckt wirkt, bleibt das Spiel von Anfang bis zum verblüffenden Ende eine spannende Erfahrung. Wer noch mehr will, darf sich in zwei mitgelieferten Mini-Erweiterungen austoben, die für sich genommen einige Stunden vergnügliche Spielzeit bieten, dem Hauptspiel aber wenig Neues hinzufügen. Reicht das immer noch nicht, dürfen Geduldige sich an dem komplexen Editor namens D‘jinni versuchen. Damit können Sie theoretisch das halbe Spiel nachbauen.

Wer die "alte Version" von The Witcher schon besitzt, darf sich freuen: Es genügt, sein Exemplar zu registrieren, und schon darf man sich sämtliche Verbesserungen der Enhanced Edition gratis herunterladen. Wer das Spiel jedoch im Laden kauft, bekommt eine fantastisch ausgestattete Schachtel voller Goodies wie Soundtracks, Lektüre, Karten und noch mehr. In jedem Fall gilt: Wer The Witcher bislang noch nicht kennt, hat ab dem 18. September keine Ausrede mehr. Kaufen!

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