Filmkritik zu Everything Everywhere All At Once: Die Mutter aller Filme - Seite 2

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Test Christian Fussy - Redakteur
Filmkritik zu Everything Everywhere All At Once: Die Mutter aller Filme - Seite 2
Quelle: Leonine

In Everything Everywhere All At Once (Kinostart: 28. April), dem zweiten gemeinsamen Spielfilm der Macher von Swiss Army Man, prügelt sich Hauptdarstellerin Michelle Yeoh im Affenzahn durch sämtliche Filmgenres. Wir verraten, warum ihr euch den Sci-Fi-Wahnsinn mit Anleihen bei The Matrix, Kill Bill und In the Mood For Love auf keinen Fall entgehen lassen solltet.

Der Film weckt Assoziationen mit den Werken von Charlie Kaufman (Being John Malkovich) und gibt sich über weite Strecken als Science-Fiction-Kung-Fu-Film im Stil von The Matrix. Wirklich gerecht werden ihm diese Vergleiche aber nicht. Die Daniels haben längst ihren ganz eigenen Stil etabliert, der im emotionalen Finale voll zur Geltung kommt. Wo sich z.B. James Gunns Filme zwischen Humor und rührenden Szenen hin und her bewegen wie ein Ping-Pong-Ball, stapeln die Daniels die beiden Elemente einfach aufeinander. Oft zielen die Dialoge mit ihrer Aufrichtigkeit direkt ins Herz, dann erscheint unkommentiert ein absurdes Element und die Szene geht genauso herzlich, aber zusätzlich albern weiter. Wer zwischendurch ins Schluchzen gerät, hat dabei also zumindest was zu Lachen.

Nie im falschen Film: Tausendsassa Michelle Yeoh

Dafür, dass diese Gefühle auch überall genauso präzise ankommen, sorgt die von vorne bis hinten ausgezeichnete Besetzung. Michelle Yeoh wurde hier endlich mal ein Skript auf den Leib geschrieben, das einer Schauspielerin ihres Kalibers würdig ist. Verheizt in Hollywood-Produktionen wie Star Trek Discovery, Shang-Chi, Last Christmas und Gunpowder Milkshake, darf der Filmstar aus Malaysia hier alle Register ziehen und sein komplettes Arsenal an Fähigkeiten zur Schau stellen. Egal, ob dramatische Liebeserklärung, Humor in Three-Stooges-Manier oder absurde Kampfszene: Für Yeohs Performance ist die große Leinwand gerade groß genug. Wer schon immer mal wissen wollte, wie sich die 59-Jährige in Kill Bill oder an Stelle von Maggie Cheung in In the Mood for Love geschlagen hätte, bekommt hier die Antwort serviert. Deirdre (Jamie Lee Curtis) und Evelyn (Michelle Yeoh) im Wurstfinger-Universum Quelle:  Leonine Deirdre (Jamie Lee Curtis) und Evelyn (Michelle Yeoh) im Wurstfinger-Universum
In Nebenrollen glänzen "Short Round" Ke Huy Quan, der erst kürzlich seine 20-jährige Schauspiel-Pause beendete, und Stephanie Hsu, der nach Everything Everywhere definitiv ein paar Hauptrollen entgegenfliegen sollten. Komplettiert wird das Ensemble von Jamie Lee Curtis, die als pflunzig-pedantische Steuerbeamte Deirdre sichtlich Spaß in ihrer Rolle hat.

Kleines Team, großes Kino

In Sachen visuelle Effekte, Kameraarbeit, Schnitt und Choreographie zeigt Everything Everywhere, dass es kein gigantisches Budget braucht, solange die Filmemacher wissen, was sie tun. Produziert von A24 und den Avengers-4-Regisseuren Joe und Anthony Russo stand dem Projekt mit 25 Millionen US-Dollar zwar ungefähr achtmal so viel Geld zur Verfügung wie noch Swiss Army Man, verglichen mit anderen, teureren Genrefilmen wie Bloodshot (45 Mio.) oder Venom (100 Mio.) sieht man aber, dass das Geld hier um einiges besser investiert wurde. Dass die Spezialeffekte angeblich von einem Team aus fünf Leuten erschaffen wurden, scheint hinsichtlich der hohen Qualität fast unglaublich. Und auch der Soundtrack macht einiges her: Komponiert von der Band Son Lux finden sich im Score u.a. Kollaborationen mit populären Musikern wie Randy Newman oder Talking-Heads-Frontmann David Byrne. Joy (Stephanie Hsu, rechts) und Freundin Becky (Tallie Medel) Quelle: Leonine Joy (Stephanie Hsu, rechts) und Freundin Becky (Tallie Medel) Mit einer Laufzeit von knapp 140 Minuten können bei Everything Everywhere zwar definitiv Längen auftreten, am Ende kommen die verschiedenen Plotlinien aber so schön zusammen, dass diese Zeitinvestition auch gerechtfertigt ist. Wer auch nur ansatzweise Interesse an Sci-Fi oder Fantasy hat und sich von gelegentlicher Absurdität nicht abschrecken lässt, sollte den Film unbedingt im Kino sehen.

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Fazit

Everything Everywhere All At Once strotzt nur so vor Einfallsreichtum, Handwerkskunst und Herz. Auch wenn der Overkill an Emotion und Action streckenweise etwas überwältigend sein kann, wird es im Kino dieses Jahr wohl kaum etwas Vergleichbares geben. Für Filmfans ist diese Erfahrung absolutes Pflichtprogramm!
"Everything Everywhere All At Once" startet am 28. April 2022 in den deutschen Kinos.

    • Kommentare (2)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von Fireball8 Hobby-Spieler/in
        Schon irgendwie bezeichnend, dass der Film hier auch kaum Aufmerksamkeit erhält. Habe ihn gestern zum zweiten Mal im "großen" Saal unseres kleinen Programmkinos in Mainz gesehen. Bin ich echt dankbar für, dass sie jeden noch so kleinen Film zeigen, mehr oder weniger direkt vor meiner Haustür. Wobei der hier so unfassbar viel mehr Aufmerksamkeit verdient hat und auch wunderbar auf der großen Leinwand von Cinestar,- maxx und Co funktionieren würde.

        Ich war jedenfalls auch gestern wieder völlig weggeblasen. Hat sich beim ersten Anschauen am Samstag direkt nach ganz oben auf meine Top-Liste geschossen und gestern auf jeden Fall dort verewigt. Habe jede Emotion einmal durchlebt, Lachen und Weinen haben sich teilweise im Sekundentakt abgewechselt. Kann mich nicht erinnern, dass mir das jemals so passiert ist bei einem Film. Kreativ, absurd, rührend, kitschig, actiongeladen, beängstigend und die Messages passen - für mich - auch so perfekt in unsere heutige Zeit. Jede Generation kann für sich was aus diesem Film mitnehmen und empfindet diesen sicherlich auch ganz unterschiedlich.

        Über Kamera, Technik, Ton und die Schauspieler brauchen wir eigentlich gar nicht reden. Wobei doch...

        ...Jonathan Ke Quan als Waymond. Großartig. Ich hab's tatsächlich erst nach dem Film gerafft, dass er der kleine Sidekick aus Indy 2 und Data aus den Goonies war :X Obwohl das Gesicht und seine Art ja eigentlich unverkennbar sind.

        Naja, für mich jedenfalls ein Meisterwerk. Könnte noch mehr drüber schreiben, aber das wird wieder zu ausladend dafür, dass es wahrscheinlich kaum jemand liest :D
      • Von Fireball8 Hobby-Spieler/in
        Schon irgendwie bezeichnend, dass der Film hier auch kaum Aufmerksamkeit erhält. Habe ihn gestern zum zweiten Mal im "großen" Saal unseres kleinen Programmkinos in Mainz gesehen. Bin ich echt dankbar für, dass sie jeden noch so kleinen Film zeigen, mehr oder weniger direkt vor meiner Haustür. Wobei der hier so unfassbar viel mehr Aufmerksamkeit verdient hat und auch wunderbar auf der großen Leinwand von Cinestar,- maxx und Co funktionieren würde.

        Ich war jedenfalls auch gestern wieder völlig weggeblasen. Hat sich beim ersten Anschauen am Samstag direkt nach ganz oben auf meine Top-Liste geschossen und gestern auf jeden Fall dort verewigt. Habe jede Emotion einmal durchlebt, Lachen und Weinen haben sich teilweise im Sekundentakt abgewechselt. Kann mich nicht erinnern, dass mir das jemals so passiert ist bei einem Film. Kreativ, absurd, rührend, kitschig, actiongeladen, beängstigend und die Messages passen - für mich - auch so perfekt in unsere heutige Zeit. Jede Generation kann für sich was aus diesem Film mitnehmen und empfindet diesen sicherlich auch ganz unterschiedlich.

        Über Kamera, Technik, Ton und die Schauspieler brauchen wir eigentlich gar nicht reden. Wobei doch...

        ...Jonathan Ke Quan als Waymond. Großartig. Ich hab's tatsächlich erst nach dem Film gerafft, dass er der kleine Sidekick aus Indy 2 und Data aus den Goonies war :X Obwohl das Gesicht und seine Art ja eigentlich unverkennbar sind.

        Naja, für mich jedenfalls ein Meisterwerk. Könnte noch mehr drüber schreiben, aber das wird wieder zu ausladend dafür, dass es wahrscheinlich kaum jemand liest :D
      • Von GoodnightSolanin Autor
        Ich werde Freitag bei uns ins Kino gehen (zum Glück hat Essen einen Haufen Lichtspielhäuser, im riesigen CineMaxx läuft der Film nämlich natürlich nicht - obwohl sie immerhin Northman zeigen) und freue mich schon riesig. Ich weiß auch fast nichts über den Film, außer, dass es um ein Multiversum geht. Nicht mal den Trailer habe ich geguckt und deine sicher sehr gute Kritik lese ich auch erst nach meinem Kinobesuch, bin aber wirklich überaus gespannt! :)
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