Humankind im Test: Mächtige Strategie auf den Spuren von Civ - so gut wie das Vorbild?

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Test Felix Schütz - Redakteur 44,99 €
Humankind im Test: Mächtige Strategie auf den Spuren von Civ - so gut wie das Vorbild?
Quelle: PC Games

Im Test bestätigt Humankind unsere Erwartungen: Irgendwo zwischen Endless Legend und Civilization 6 erleben wir motivierende, angenehm entschlackte Globalstrategie, die gute Ideen und viel Bewährtes unter einen Hut bringt. Rundentaktiker kommen auf ihre Kosten, auch wenn vielleicht nicht jedes Feature golden glänzt. Muss Civ am Ende doch seinen Thron räumen? Jetzt mit Test-Video!

Wenn es um 4X-Strategie mit eigener Note geht, macht Amplitude Studios so schnell niemand was vor. Endless Space 2, Endless Legend - die Franzosen sind vom Fach. Ihr neues Spiel Humankind wurde aber nicht nur mit Spannung, sondern auch einer gewissen Skepsis erwartet: Ausgerechnet auf den Spuren von Civilization will man diesmal wandeln, mit motivierender Globalstrategie, die uns durch mehrere Epochen der Menschheitsgeschichte führt. Wirtschaft, Forschung, Diplomatie, taktische Kämpfe - alles an Bord. Reicht das für den ersten Platz?

Schon in der Vorschau hat es sich abgezeichnet: Humankind (jetzt kaufen 17,57 € / 44,99 € ) spielt sich über weite Strecken prima, sieht sehr hübsch aus und motiviert mit sauberem Spielfluss, der schon die Endless-Spiele ausgezeichnet hat. Inhaltlich hat es aber etwas weniger zu bieten als die Firaxis-Konkurrenz, die spätestens mit Add-ons wie Gathering Storm und Rise and Fall zu wahren Funktionsmonstern angewachsen sind. Humankind gibt sich da bescheidener, hier und da auch zugänglicher - und könnte genau damit bei den Spielern punkten, die sich ein entschlackteres Civ zurückwünschen.

UPDATE: Jetzt auch mit Test-Video und Einsteiger-Tipps!

13:40
Humankind | REVIEW | Mächtige 4X-Strategie oder nur ein Civ zweiter Klasse?

Von der Steinzeit bis in die Moderne

Humankind folgt zwar dem gleichen Strickmuster wie Civilization, verzichtet aber auf eine Kulturauswahl zu Spielbeginn. Stattdessen erschafft man sich nur einen Avatar, eine Spielfigur, die man dann durch sieben Epochen bis zur Weltherrschaft führt. Los geht's in der Jungsteinzeit; hier hat anfangs man nur einen kleinen Nomadenstamm zur Verfügung, den man über die zufallsgenerierte Hexfeldkarte scheucht. Während man so Kachel für Kachel die Umgebung aufdeckt, sammelt man Nahrung (erhöht die Anzahl an Einheiten) und Entdeckungen, die uns erste Kulturpunkte verschaffen. Diese Punkte brauchen wir dringend, um uns erste Territorien zu sichern, indem wir dort einen Vorposten errichten. In Humankind sind alle Herrschaftsbereiche nämlich fest auf der Karte eingezeichnet, jedes Gebiet muss einzeln beansprucht oder erobert werden - ein krasser Gegensatz zu Civilization 6, in dem Städte klein anfangen und sich dann nach und nach auf weitere Kacheln ausdehnen. Die Suche nach dem perfekten Standort ist darum entscheidend: In den meisten Gebieten gibt es unterschiedliche Ressourcen, die später zwar eine wichtige Rolle spielen, anfangs aber noch unbekannt sind - umso wichtiger, sich möglichst viele davon zu sichern und aggressiv zu erkunden. Gleichzeitig könnt ihr mit euren Stammesmitgliedern auf die Jagd gehen oder, falls ihr anderen Nomaden über den Weg lauft, ein wenig Streit anzetteln und erste Kämpfe austragen.
In der Jungsteinzeit lenken wir einen kleinen Nomadenstamm. Unser Ziel: Nahrung und gute Bauplätze. Quelle: PC Games In der Jungsteinzeit lenken wir einen kleinen Nomadenstamm. Unser Ziel: Nahrung und gute Bauplätze.

Kulturencocktail aus 60 Völkern

Habt ihr genug gesammelt, entdeckt und gezankt, steht die erste große Entscheidung an: Ihr dürft von der Jungsteinzeit in die Antike aufsteigen und dürft euer Volk festlegen. Dazu habt ihr die Wahl aus zehn vorgegebenen Kulturen, die neben einem speziellen Gebäude und einer einzigartigen Einheit auch einen besonders mächtigen passiven Bonus besitzen. Einige Kulturen verstehen sich mehr auf Wachstum, während andere dafür eher auf militärische Stärke, Handel oder Expansion setzen. Die Ägypter sind beispielsweise hervorragende Baumeister, während die handelsstarken Phönizier dicke Geldgewinne einfahren. Neben dieser passiven Eigenschaft erhält jedes Volk auch noch eine aktive Fähigkeit, die Babylonier können eine Stadt beispielsweise in einen Forschungsmodus versetzen, dadurch werden Industrie und Geld in Wissensproduktion umgewandelt.
Nach jedem Epochenwechsel suchen wir uns eine von zehn neuen Kulturen aus - oder wir behalten unsere alte Kultur einfach bei. Quelle: PC Games Nach jedem Epochenwechsel suchen wir uns eine von zehn neuen Kulturen aus - oder wir behalten unsere alte Kultur einfach bei. Der Clou hinter diesem System zeigt sich, sobald wir später von der Antike ins Altertum aufsteigen: Hier dürfen wir aus zehn weiteren Kulturen wählen, die immer zur Ära passen. Spezialeinheiten und besondere Gebäude werden dabei ersetzt, doch die passive Kultureigenschaft bleibt uns erhalten. Besser noch: Wir dürfen uns sogar eine Weitere aussuchen. Bis zum Erreichen der letzten Epoche hat man so bis zu sechs mächtige Kultureigenschaften zusammengestellt, ganz nach persönlichem Geschmack. Bei insgesamt 60 Völkern kommen da einige interessante Kombinationsmöglichkeiten zusammen.

Einsteiger-Guide für Humankind: Mit diesen Tipps gelingt die Weltherrschaft

Ruhm geht über alles

Es gibt aber auch noch eine weitere Option: Anstatt ein neues Volk zu wählen, können wir beschließen, unsere alte Kultur beim Epochenwechsel zu behalten. Dadurch verzichten wir auf die neuen passiven Boni, erhalten dafür aber etwas mehr Ruhmpunkte als andere Völker. Und das ist nicht zu verachten, denn Ruhm ist der Punktewert, der am Ende einer Partie über den Sieg entscheidet! Ruhm lässt sich auf verschiedene Arten verdienen, zum Beispiel könnt ihr historische Wunder wie den Eifelturm oder die Freiheitsstatue bauen oder einzigartige Orte in der Welt entdecken.
Bis zu 21 Epochensterne könnt ihr pro Ära verdienen. Sterne gibt's für sieben verschiede Kategorien wie Forschung, Wachstum oder Industrie. Quelle: PC Games Bis zu 21 Epochensterne könnt ihr pro Ära verdienen. Sterne gibt's für sieben verschiede Kategorien wie Forschung, Wachstum oder Industrie. Die wichtigste Art, um an Ruhm zu gelangen, sind aber die Epochensterne. In jedem Zeitalter könnt ihr bis zu 21 Sterne verdienen, aufgeteilt auf sieben Schwerpunkte wie Wachstum, Handel, Industrie und so weiter. Wenn ihr beispielsweise mehrere Forschungen abschließt, gibt's dafür den ersten von drei Forschungssternen - und dazu auch eine satte Ladung Punkte auf euer Ruhmkonto. Ihr benötigt allerdings nur sieben Sterne, um von einer Epoche in die nächste aufzusteigen. Oft lohnt es sich, diesen Schritt noch etwas hinauszuzögern, vor allem wenn schon die nächsten Sternengewinne in greifbarer Nähe sind - so kann man pro Zeitalter nämlich noch mehr Ruhm einstreichen.

Die Spielregeln rund um die Epochensterne sind zwar angenehm verständlich, haben aber auch einen Nachteil: Sie lassen Flair vermissen und sind manchmal schlicht unglaubwürdig. Theoretisch kann man das dritte Altertum erreichen, bevor man überhaupt das Rad erfunden hat. Solange man nur genug Geld sammelt, Feinde besiegt oder Bezirke baut, steht einem Aufstieg nichts mehr im Wege. Spannende Sonderziele oder kulturelle Bonusaufgaben gibt es nicht.

Immerhin gibt es aber mehrere Bedingungen, die eine Partie zum Abschluss bringen und die Endabrechnung starten, bei der ein Sieger gekürt wird. Beispielsweise könnt ihr alle anderen Völker unterwerfen oder vernichten, den Forschungsbaum komplett abschließen oder eine Weltraummission zum Mars starten. Oder ihr beendet einfach eine festgelegte Anzahl an Runden, auf der Standardeinstellung sind das gerade mal 300 Stück. Wir empfehlen Neulingen eher, das Tempo auf langsam (450 Runden) oder endlos (600 Runden) zu stellen, um alle späteren Spielmechaniken richtig kennenzulernen - sonst ist euer Spiel mitunter schon im Industriezeitalter vorbei.

Bildergalerie

Feste Gebietseinteilung

Hat man die Jungsteinzeit hinter sich gelassen, läuft Humankind nach bewährtem Muster ab, das sich wie eine Mischung aus Endless Legend und Civilization 6 anfühlt. Der erste Außenposten wird in eine Stadt umgewandelt, das geht anfangs noch gratis, spätere Städte dagegen kosten eine große Ladung Kultur. Bis man die nötigen Punkte dafür zusammengekratzt hat, kann man angrenzende Gebiete aber auch einfach mit Außenposten besetzen und günstig an die Hauptstadt anschließen - so lassen sich schon früh Herrschaftsbereiche abstecken, ohne gleich alles in Stein zu meißeln. Allerdings sind diese Gebiete auch nur schwer zu verteidigen und daher leichte Beute für Gegner. Dafür kann man später unkompliziert einen Außenposten ausbauen oder Städte einfach zusammenlegen - so kann man nach Herzenslust expandieren, ohne sich später um massenhaft Städte mit unzähligen Bauaufträgen kümmern zu müssen.
Anders als in Civ ist die Zufallskarte in feste Gebiete unterteilt. Grenzen lassen sich nicht ändern. Quelle: PC Games Anders als in Civ ist die Zufallskarte in feste Gebiete unterteilt. Grenzen lassen sich nicht ändern.

Einfacher Stadtbetrieb

Der Aufbau einer Stadt ist angenehm simpel, denn ihr müsst vor allem Nahrung, Industrie, Forschung und Geld jonglieren. Dazu könnt ihr eure knapp bemessenen Stadtbewohner einfach auf einen der vier Bereiche verteilen, um so die Produktion in Gang zu bringen. Kriegerische Nationen sollten vor allem auf Nahrung setzen, denn pro Kampfeinheit wird stets ein Stadtbewohner abgezogen. Clever: Nutzlose Einheiten wie Späher oder überschüssige Soldaten könnt ihr auch jederzeit in eure Städte zurückschicken, dann werden sie wieder auf das Bewohnerkonto angerechnet. Auf diese Weise lassen sich später auch schwächere Siedlungen oder eroberte Städte schnell mit Bewohnern füllen, um das Wachstum anzukurbeln.
In den Städten müssen wir Nahrung, Industrie, Geld und Forschung ankurbeln und dabei die Stabilität und Bevölkerung im Auge behalten. Quelle: PC Games In den Städten müssen wir Nahrung, Industrie, Geld und Forschung ankurbeln und dabei die Stabilität und Bevölkerung im Auge behalten. Beim Ausbau der Stadt gibt es zwei Arten von Projekten. Da haben wir einmal die Infrastruktur, dazu zählen Upgrades wie Pferdeställe, Schmelzöfen oder Aquädukte, die einen dauerhaften Bonus liefern und keinen Platz verschwenden. Und dann gibt es noch Bezirke, die ihr von Hand auf einem Hexfeld platzieren müsst. Jedes Feld liefert unterschiedliche Boni, auf Waldkacheln sollte man beispielsweise mehr Industriebezirke einplanen, während Nahrungsbezirke eher auf Wiesen oder an Flüssen gedeihen. Ein Hafen muss an der Küste platziert werden und bestimmte Wunder wie Rio de Janeiros Christusstatue finden nur auf Gebirgen Platz. Prima: Das Spiel liefert uns vor jedem Bau gleich ein paar Vorschläge für besonders lukrative Standorte - man muss also nicht lange die Zahlenwerte auf den Feldern absuchen und kann flott zur Tat schreiten. Außerdem können wir bestimmte Projekte wie Wunder von mehreren Städten gleichzeitig bauen lassen, die Kosten werden dadurch geteilt und man kommt schnell zum Ergebnis. Nur zwei von vielen Details, die zum guten Spielfluss von Humankind beitragen.

    • Kommentare (23)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von TheBobnextDoor Spiele-Kenner/in
        So 6300 BC. unter sowjetischer Führung den ersten Atomwaffentest durchgeführt, ich sag mal läuft bei mir. :B :-D

        Ne... zum Ende hin fehlt es noch am Balancing, ich weiß gar nicht wann ich in der Gegenwart angekommen bin. Da ich obwohl viel in Forschung investiert, ich zu der Zeit immer noch mit der Technologie der Frühen Neuzeit beschäftigt war.
        Bei den Gegnern sah es nicht anders aus.
        Aber die Kriegsführung rockt! Den Gegner am Ausbluten zu zusehen hat schon was sehr perfides. :]
      • Von TheBobnextDoor Spiele-Kenner/in
        So 6300 BC. unter sowjetischer Führung den ersten Atomwaffentest durchgeführt, ich sag mal läuft bei mir. :B :-D

        Ne... zum Ende hin fehlt es noch am Balancing, ich weiß gar nicht wann ich in der Gegenwart angekommen bin. Da ich obwohl viel in Forschung investiert, ich zu der Zeit immer noch mit der Technologie der Frühen Neuzeit beschäftigt war.
        Bei den Gegnern sah es nicht anders aus.
        Aber die Kriegsführung rockt! Den Gegner am Ausbluten zu zusehen hat schon was sehr perfides. :]
      • Von Sheggo Spiele-Kenner/in
        Also im Endgame passt aktuell wenig.
        Man kann sehr früh Kernfusion erforschen, ohne überhaupt Computer oder den Verbrennungsmotor zu haben. Die Weltraumphase ist völlig unspektakulär. Für die Mondlandung baut eine Station auf der Erde innerhalb 2 Runden, fertig. Dann gibts ne Konzeptgrafik als Belohnung ???‍♂️
        Und man ist komplett abhängig von 3 Öl. Ich habe die komplette Südhalbkugel besetzt und nur 1 Ölfeld im Gebiet. Also muss ich über Handel der Konkurrenz meine kompletten strategischen Ressourcen freigeben oder einen Eroberungskrieg führen. Natürlich komplett ohne moderne Waffen, da diese ja Öl brauchen.

        Die letzte Phase hätte also noch deutlich mehr Entwicklungszeit benötigt.
        Am interessantesten fand ich die ersten 2/3 Phasen, die auch ruhig länger hätten dauern können
      • Von Felix Schuetz Redakteur
        Hallo an alle, der Artikel wurde um ein Test-Video ergänzt.
      • Von Felix Schuetz Redakteur
        Zitat von Monco
        Ich meine, dass man wirklich in einem Team spielt und auch gemeinsame Siege erringen kann - wie es bei Civ halt ist. Da kann man ja vorher einstellen, welchem Team man angehören möchte. Klar, man kann auch so "zusammenspielen", ohne im Team zu sein - aber das ist für mich kein "richtiger" Koop-Modus. Meckern auf hohem Niveau, aber wenn Civ Standards setzt, müssen sich m.E. selbst ernannte Konkurrenten auch daran messen lassen.
        Teams konnte ich da in den Menüs nicht entdecken. Aber ich könnte mir schon vorstellen, dass sowas später vielleicht mal als Update oder im Rahmen eines Add-ons kommt, sofern sich die Fans das wünschen.
      • Von Monco
        Zitat von FelixSchuetz
        Meinst du, dass sich mehrere Spieler eine Nation teilen...? Wir haben mal zu dritt mit mehreren KI-Gegnern gespielt, das ging alles ganz normal. "Koop" wäre da insofern möglich, als dass wir ja einfach zusammenarbeiten könnten.
        Ich meine, dass man wirklich in einem Team spielt und auch gemeinsame Siege erringen kann - wie es bei Civ halt ist. Da kann man ja vorher einstellen, welchem Team man angehören möchte. Klar, man kann auch so "zusammenspielen", ohne im Team zu sein - aber das ist für mich kein "richtiger" Koop-Modus. Meckern auf hohem Niveau, aber wenn Civ Standards setzt, müssen sich m.E. selbst ernannte Konkurrenten auch daran messen lassen.
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