Star Trek 5 The Final Frontier: William Shatners Pechsträhne am Rande des Universums

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Special Sebastian Göttling - Autor Lukas Schmid - Brand / Editorial Director
Star Trek 5 The Final Frontier: William Shatners Pechsträhne am Rande des Universums
Quelle: Paramount Pictures

Teil 6 unserer Star-Trek-Retrospektive von Sebastian Göttling begibt sich in Flop-Gefilde: Blickt gemeinsam mit ihm zurück auf Star Trek 5: The Final Frontier!

Endlich geht es wieder zurück auf Klassenfahrt nach Ameland! Zuletzt besuchten wir die niederländische Insel in meinem Text zu "Star Trek 2: The Wrath of Khan". Eine kurze Auffrischung: Der Film feierte seine TV-Premiere auf SAT.1 während besagter Klassenfahrt im September 1991, weswegen es mir nicht vergönnt war, ihn "live" zu sehen, doch trotzdem wurde mir die Handlung von meinem Klassenkameraden Thorsten im Rahmen einer nächtlichen Dünenwanderung gespoilert, denn Thorsten hatte den Roman zum Film mit auf die Insel genommen und innerhalb weniger Tage verschlungen.

Soviel zum zweiten Film, doch meine erste Begegnung mit dem fünften Star-Trek-Kinofilm war acht Tage vor dieser schicksalshaften Nachtwanderung, genauer gesagt am Anreisetag auf der Fähre zwischen Holweerd und Ameland. Ich hatte den Roman zum Film "Star Trek 5: The Final Frontier" im Gepäck, einige Tage vor der Abreise frisch beim Buchhändler meines Vertrauens gekauft. Gerne hätte ich wie Thorsten das Buch zum zweiten Kinofilm mitgehabt, doch na ja, das hatte er mir leider vor der Nase weggeschnappt. Nun saß ich also am 4. September 1991 unter Deck, steckte meine Nase in den trekkigen Schmöker und las das Prolog-Kapitel über einen Wüstenbewohner namens J'Onn, der mit einem Steingewehr in der Hand und nur wenig Zähnen im Gaumen über einem völlig vertrockneten und rissigen "Acker" wacht und dabei Besuch von einem merkwürdig berittenen und unerhörter Weise lachenden Vulkanier bekommt.

Ich war elf Jahre alt, immer noch halbwegs frisch gebackener Star-Trek-Fan und fand diese erste Szene endlos und langweilig. Neidisch schielte ich rüber zu Thorsten, der mir schräg gegenübersaß und von seiner Lektüre umso angetaner zu sein schien.


Sebastians bisherige Star-Trek-Retrospecials


Lassen wir die persönlichen Erinnerungen hinter uns für den gewohnten Blick in die bewegte Entstehungsgeschichte von "Star Trek 5: The Final Frontier".

Es beginnt wie eigentlich immer nahtlos dort, wo der letzte Film aufhörte. "Star Trek 4: The Voyage Home" wurde 1986 der erfolgreichste Film der klassischen Kinoreihe, hatte es auf Platz 5 der US-Jahres-Kinocharts geschafft und war der bis dato einzige Star-Trek-Film, dessen Einnahmen die Hundert-Millionen-Dollar-Marke geknackt hatten.

Von Film zu Film wurde es also aus rein monetärer Sicht immer wahrscheinlicher, dass die Fortsetzung bereits kurz nach Erscheinen des Vorgängers vorbestimmt war. Und doch geht es mit "Star Trek 5" um den Film - Spoiler-Alarm! -, der dieser traumhaften Strähne ein jähes Ende setzen sollte.

Aus dem Erfolg des vierten Films litten sich gleich mehrere Dinge ab - zu einer daraus resultierenden, fatalen Fehlentscheidung kommen wir noch später -, aber böse Zungen könnten behaupten, dass die Schwierigkeiten direkt mit etwas anfingen, das sich die "Favored Nations Clause" nennt.

Zur Erklärung: Bereits zu Zeiten der Urserie Ende der 60er-Jahre war Captain-Kirk-Darsteller William Shatner durchaus neidisch darauf, wie beliebt der Charakter von Leonard Nimoys Spock war. Eigentlich war Kirk als Mann der Tat der Chef des Ladens, doch der geheimnisvolle Vulkanier zog besonders - aber nicht ausschließlich - weibliche Fans in seinen Bann, was beispielsweise dazu führte, dass sich der allererste Star-Trek-Fanclub mit eigenem Fanzine "Spockanalia" nannte.

Um sich bloß nicht den Rang ablaufen zu lassen, fing William Shatner kleinlich an, Drehbuchzeilen zu zählen - und wehe, Nimoy hatte in einem Skript mal mehr zu sagen als er, der Chef, dann machte Shatner ordentlich Rambazamba. Diese Schwierigkeiten eskalierten immer und immer weiter, was dazu führte, dass die Beziehung Shatner/Nimoy in ein offizielles Vertragsgewand gesteckt werden musste.

Was der eine hat, muss auch der andere bekommen: Zwischen William Shatner und Leonard Nimoy existierte zeitlebens eine "Favored Nations Clause". Quelle: Paramount Pictures Was der eine hat, muss auch der andere bekommen: Zwischen William Shatner und Leonard Nimoy existierte zeitlebens eine "Favored Nations Clause". Star-Trek-Erfinder Gene Roddenberry schloss mit den beiden Darstellern eine Vereinbarung, die später an Paramount übergehen sollte: besagte "Favored Nations Clause". Diese legte ganz klar fest: Alles, was Shatner bekam, stand in gleichem Maße auch Nimoy zu. Und alles, was Nimoy bekam, darauf hatte auch Shatner ein Anrecht.

Nun hatte aber Leonard Nimoy mit beträchtlichem Erfolg Regie geführt bei den Filmen 3 und 4 und das bedeutete: Eigentlich hätte William Shatner schon nach "Star Trek 3: The Search for Spock" von seinem Gleichstellungsrecht Gebrauch machen können, was er zwar seinerzeit nicht tat, aber unmittelbar nach Film 4 nachholte. Damit stand fest: Der fünfte Star-Trek-Kinofilm würde unter der Regie von William Shatner entstehen.

Seit "Star Trek 2: The Wrath of Khan" war außerdem Harve Bennett ausführender Produzent und damit Lenker der Kinofilmreihe. Nach Film 4 wollte er diesen Job eigentlich an den Nagel hängen, denn was als Freundschaft zwischen ihm und Leonard Nimoy begonnen hatte, war während der Dreharbeiten von "Star Trek 4: The Voyage Home" den Bach heruntergegangen.

Die genauen Gründe sind nicht bekannt, aber Harve Bennett fühlte sich äußerst schlecht behandelt von Leonard Nimoy. William Shatner war aber viel daran gelegen, Bennett weiterhin zu beschäftigen, um als absoluter Regieneuling an seiner Seite wenigstens einen erfahrenen und alten Star-Trek-Hasen zu haben.

Mit Ach und Krach konnte Shatner Bennett dazu überreden, ein letztes Mal den Produktionsjob zu übernehmen. Dabei half es wahrscheinlich, dass Harve Bennett einen Gastauftritt als Admiral "Bob" bekommen würde. Eine kleine Rolle, die mehr als deutlich machte, dass Bennett eigentlich gar kein Schauspieler war, aber hey, was tut man nicht alles für einen begabten Produzenten.

Dabei schmückte Harve Bennetts Stimme - Fun Fact - Mitte der 70er-Jahre den Vorspann jeder Episode von "Der Sechs-Millionen-Dollar-Mann" als Erzähler, der dem Publikum das Schicksal des Astronauten Steve Austin erläuterte - und diesen Sprechjob machte er viel überzeugender als den des Admiral "Bob".

William Shatner war immer jemand, der sich für ausgefallene Musik und Literatur interessierte und so hatte er bei Produktionsbeginn direkt den idealen Autor für sein Filmprojekt vor Augen: Erik Van Lustbader. Der hatte in den 80er-Jahren die Nicholas-Linnear-Romanreihe geschrieben, die von einem Amerikaner anglo-chinesischer Abstammung handelt, der in Japan lebt und wirkt und sich deswegen ständig zwischen den Kulturen hin- und hergerissen sieht.

Shatner fand, dass es große Parallelen gab zwischen den Charakteren des Spock und des Linnear und dass es deswegen eine großartige Idee wäre, diesen Roman-Zyklus, der eigentlich zum Ende des Zweiten Weltkriegs beginnt, ins 23. Jahrhundert zu verfrachten, dem Star-Trek-Universum anzupassen und die Vulkanier auf diese Weise den Japanern kulturell ähnlicher zu machen.

Eine Parallele, die hier nicht gezogen wurde, die allerdings einige Jahre später bei "Star Trek: The Next Generation" in Form der Klingonen angewandt wurde. Van Lustbader verlangte für die Romanrechte exakt eine Million Dollar, ein für Paramount viel zu hoch angesetzter Preis. Man erteilte dem Vorhaben eine Absage. William Shatner: "Mein Projekt ging direkt mit diesem allerersten Schritt den Bach runter."

Der Captain-Kirk-Mime hat ebenfalls einen Hang zu düsteren und abgefahren-comichaften Geschichten, deswegen schrieb er selbst als Nächstes einen Story-Entwurf mit dem melodramatischen Titel "An Act of Love".

In dieser Geschichte wäre das Triumvirat Kirk, Spock und McCoy auf eine harte Zerreißprobe gestellt worden, denn Kirks zwei engste Freunde hätten sich im Verlauf der Handlung gegen ihn gewandt, ja, ihn sogar verraten.

Mit dieser hochdramatischen Prämisse konnten sich die Entscheider bei Paramount anfreunden, Leonard Nimoy jedoch nicht. Er widersprach heftig: Sein Charakter Spock würde nichts und niemanden zwischen sich und seinen Busenkumpel Jim Kirk kommen lassen. Völlig ausgeschlossen. Mit diesem Veto starb dann auch dieser zweite Geschichtenanlauf.

Bildergalerie

Ein bisschen Shatner-Egotrip hätte darin selbstverständlich auch stattgefunden, denn Kirk wäre am Ende dieser Geschichte shatnerseelenallein als Held unterwegs gewesen. Womöglich stammt aus dieser Grundidee noch ein Satz, den Kirk im fünften Film tatsächlich sagt, nämlich dass er ganz sicher weiß, dass er Gevatter Tod am Ende seines Lebens einsam und allein gegenüberstehen wird.

    • Kommentare (6)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von jensmachwitz_88 Anwärter/in
        Very nice. Ja dieser Film war nicht wirklich ne Perle und die Tricks waren wirklich zu dem Zeitpunkt recht unterirdisch im Vergleich zu den Vorgängern. Interessant sind so die Hintergrundinfos, wie Rodenberry dazu stand und wie sich die "Geschichte" zum Film entwickelt hat.
      • Von jensmachwitz_88 Anwärter/in
        Very nice. Ja dieser Film war nicht wirklich ne Perle und die Tricks waren wirklich zu dem Zeitpunkt recht unterirdisch im Vergleich zu den Vorgängern. Interessant sind so die Hintergrundinfos, wie Rodenberry dazu stand und wie sich die "Geschichte" zum Film entwickelt hat.
      • Von Speclab Anwärter/in
        Sehr gut geschriebener und aufschlussreicher Bericht.
        Hauptsächlich erinnere ich mich, wenn ich an den Film denke, an die Frage: "Warum braucht Gott ein Raumschiff?" - Legendär.
        Wusste bis eben auch gar nicht, dass Star Trek Filme hier keine großen Wellen schlugen. Ich lebte wohl in einer Star Trek Bubble.
      • Von efgrib Anfänger/in
        Bin auf den nächsten teil gespannt
      • Von McDrake Spiele-Guru
        Und so hält man User (bzw mich :P ) lange auf einer Story/News.

      • Von fud1974 Spiele-Kenner/in
        Wieder einer dieser wunderschönen Artikel, und nein, ich übertreibe nicht. Kriege ich jedes mal feuchte Augen dass sowas wenigstens hin und wieder noch kommt.

        Ich vermute lohnt sich monetär für keinen der Beteiligten, ist natürlich nur Spekulation.. insofern doppelt schön dass es sowas trotzdem noch hin und wieder gibt.
      Direkt zum Diskussionsende
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