Watchmen - Die Wächter --- Filmkritik / Review

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Watchmen: Gruppenfoto der Watchmen
Quelle: Universal Pictures

Obgleich es eher ein Zufall ist, dass die seit vielen Jahren geplante Verfilmung erst jetzt realisiert werden konnte, darf der Watchmen-Film als konsequente Weiterentwicklung des Comic-Kinos gesehen werden, das mit The Dark Knight erst kürzlich zu bislang nicht gekannter Tiefe und Qualität gefunden hatte. Die bitterböse Abrechnung mit Politik und Gesellschaft - womöglich sogar der gesamten Menschheit - übertrifft die düsteren Aussagen des jüngsten Batman-Films und dessen ambivalente Charaktere um ein Vielfaches. Noch im Jahr 2002, direkt nach dem ersten Spider-Man, wäre dies undenkbar gewesen.

Perfekte Adaption?
Zack Snyder (Dawn of the Dead), der mit der Frank-Miller-Adaption 300 erste Erfahrungen bei der cineastischen Umsetzung eines Graphic Novels gesammelt hatte, versteht sich meisterlich auf den Wechsel der Medien. Snyder kürzt und strafft, wo es möglich ist, nimmt sich Zeit, wo es nötig ist, und bleibt der Vorlage bei aller visuellen Modernisierung dermaßen treu, dass die Übergänge vom Leser zum Zuschauer und zurück fließend sind. Das besondere Verdienst des Regisseurs ist es, an jenen Stellen, an denen das Druckwerk ganz deutliche Bezüge zur langen Tradition der Superhelden-Comics aufweist, nun die entsprechenden Verweise auf die filmische Superhelden-Geschichte herauszuarbeiten. So würden Szenen wie jene, in der Nite Owl und Silk Spectre Brandopfern zu Hilfe eilen, auch bestens in einen aktuellen Batman- oder Iron-Man-Film passen.

Als problematisch und für den Erfolg des Films verhängnisvoll könnte sich allerdings die Erwartungshaltung uninformierter Kartenkäufer erweisen. Den gekonnt inszenierten Trailern zufolge bietet Watchmen scheinbar vor allem unglaubliche Schauwerte und massive Actionszenen. Doch dem ist nicht so. Watchmen ist eher dunkler Thriller, Dystopie, Dekonstruktion in gewaltigen Worten denn actionorientiertes Comic-Spektakel. Die aggressiven Handlungsmomente sind klar vorhanden, doch Monologe und Zwiegespräche dominieren das Geschehen. Gewalttätige Szenen mit besonders blutigen Einstellungen sind sehr prägnant und eindringlich, doch dienen sie stets der Illustration der Dramatik und Tragweite einzelner Entscheidungen und Handlungen der Charaktere. Gleiches gilt für die wunderbar inszenierten Liebesszenen, die bei aller Erotik nie zum voyeuristischen Selbstzweck verkommen, sondern dem psychologischen Hintergrund des Originals treu bleiben und einen tiefen Einblick in die Befindlichkeiten erlauben.

Komplexität
Nach all dem Lob für eine ausgezeichnete Produktion, die auch bei Ausstattung, Effekten und den hervorragend besetzten Darstellern alles richtig macht, bleibt eine Frage aber doch bestehen: Kann der Film auch für unbedarfte Zuschauer ohne den Subtext der jahrzehntelangen US-Helden-Tradition funktionieren? Zwar schwächt Snyders Version die Mystery-Elemente und das Motiv vom "Sturz des Superhelden" nicht zuletzt durch den dezent veränderten Schluss etwas ab und betont dafür die allgegenwärtige Angst vor einem wiederaufflammenden Kalten Krieg und der Eskalation globaler Konflikte. Doch wo die X-Men-Filme von Bryan Singer auch ohne jedes Comic-Vorwissen bestens zu verstehen waren, scheint die Thematik hier - trotz der überlangen Spielzeit von mehr als zweieinhalb Stunden - viel zu komplex, als dass man sie beim unvorbereiteten Sehen erfassen könnte. Watchmen bietet ein filigranes Mosaik aus Zeitsprüngen, Vorgeschichten, Nebenhandlungen und ein ganzes Figuren-Ensemble gebrochener Kämpfer. Sei es, um dabei den Überblick zu behalten oder auch nur, um die erstklassige Ereignis-Collage des Vorspanns (passend montiert zu Bob Dylans "The Times They Are A-Changing") wirklich wertschätzen zu können, der Sammelband wird zur notwendigen Begleitlektüre vor oder nach dem Kinobesuch. Dies wiederum könnte den Film in den Augen mancher Kritiker zur bloßen Bebilderung des literarischen Meisterwerks degradieren.

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Fazit
Besser kann man die Vorlage wahrlich nicht auf die Leinwand transferieren. Aber Vorsicht: Das ist nicht der übliche Superhelden-Action-Film, das ist Comicfilm noir!

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9 /10
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