King Richard in der Filmkritik: Zwei Tennis-Legenden, ein Mann - beknacktes Biopic, gelungenes Drama

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Test Maci Naeem Cheema - Redakteur
King Richard in der Filmkritik: Zwei Tennis-Legenden, ein Mann - beknacktes Biopic, gelungenes Drama
Quelle: Warner Bros I EuroVideo Medien

Oscarprämiert, höchst emotional und manipulativ: Das Tennis-Biopic "King Richard" erzählt die eindrucksvolle Geschichte zwei der größten Sportlegenden aller Zeiten, Venus und Serena Williams, und die eines schwierigen und erfolgsvernarrten Mannes, der ihnen den durchgetakteten Karriereplan bereits in ihre Wiege legte - moralisch schwierig einzuordnen, aber auch gelungen eingefangen und großartig geschauspielert. In unserer Filmkritik verraten wir, wie sehenswert der "vielleicht letzte große Kinofilm" von "Fresh Prince" Will Smith ausfällt und warum man sich aufregen könnte über das Sportdrama - passend zum Heimkino-Release.

Es hätte die große Erlösung für Will Smith sein können: Der gefeierte Schauspieler, Musiker und Produzent - selbst nach unzähligen ikonischen Rollen immer noch für viele der (einzige) "Fresh Prince of Bel Air" -, gewinnt nach über 35 Jahren Karriere seinen allerersten Oscar. Verdient, muss man ehrlich zugeben. Im Drama "King Richard", einem Film über die zwei legendären Sporttalente Serena (Demi Singleton) und Venus Williams (Saniyya Sidney) und ihren schroffen Vater und Coach, Richard Williams (Will Smith), glänzt der neuerdings als Hollywood-Rowdy bekannte Schauspieler nämlich mit einer vielschichtigen und emotionalen Performance, die schwer beeindruckt. Auch im Bereich der hochwertigen und hübschen, wenn auch etwas konservativen, Kameraarbeit weiß der von Regisseur Reinaldo Marcus Green ("We Own This City") inszenierte Kinofilm zu gefallen.

Bis hierhin also alles schön und gut, überschattet wird das aber leider durch die Taten eines Mannes, oder besser gesagt, zweier Männer, die dem eigentlich edlen Tennis-Biopic einen bitteren Beigeschmack hinzufügen. Einerseits wäre da das ziemlich dämliche Verhalten von Will Smith auf der Bühne der diesjährigen Oscars, von dem sich der Streifen wohl nie wirklich lösen kann. Darüber wurde aber bereits dermaßen ausgiebig und hitzig diskutiert (auch in unserem Podcast), dass wir dazu nur sagen: weiter im Text. Andererseits ist es schon recht eigenartig, einen Film über zwei so exorbitant riesige Legenden zu erzählen und sich dennoch beinahe ausschließlich auf den erfolgsvernarrten Mann dahinter zu stürzen - ohne kritischen Blick oder jegliche Perspektivwechsel.

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Wir blicken, passend zum Blu-Ray- und DVD-Release des Oscar-Films (19. Mai 2022), intensiv auf den Kinostreifen und verraten, was die Geschichte zu bieten hat, wem das Ganze gefallen könnte und wem überhaupt nicht. Ein Spoiler, bevor wir loslegen: Wir haben ganz schön viel zu meckern.

"Straight Outta Compton!"

Der kleine Vorort Compton der Millionenstadt Los Angeles ist für seine enorme Rapkultur-Relevanz berühmt, aber auch für seinen heftigen Grad an Kriminalität, Bandenkriegen und systematischer Armut - insbesondere in den späten 80er- und 90er-Jahren. Neben weltberühmten Größen wie Snoop Dog, Dr. Dre oder Kendrick Lamar entsprang auch die legendäre Williams-Familie der knapp 100.000-Einwohner-Stadt.

Nach jeweils einer gescheiterten Ehe heiraten Richard Williams und Oracene "Brandy" Price (Aunjanue Ellis) im Jahr 1980 und zeugen wenig später zwei Töchter, Serena und Venus. Die beiden haben zwar aus ihren vergangenen Beziehungen bereits mehrere Kinder, was aber diesmal deutlich anders ist: Für die zwei Williams-Neuankömmlinge gibt es einen ganz speziellen Plan - genauer gesagt einen 78 Seiten dicken Karriereplan -, um eine bessere Zukunft zu garantieren.
<strong>King Richard in der Filmkritik:</strong> Zwei Tennis-Legenden, ein Mann - beknacktes Biopic, gelungenes Drama (2) Quelle: Warner Bros I EuroVideo Medien King Richard in der Filmkritik: Zwei Tennis-Legenden, ein Mann - beknacktes Biopic, gelungenes Drama (2) Brandy und Richard sind nämlich begeisterte Tennis-Fans, ein Sport, der selbst heute noch überwiegend von der weißen, privilegierten Oberschicht dominiert wird. Dass Serena und - ganz besonders - Venus überaus talentiert sind, wird schon in sehr frühen Jahren deutlich. Was macht das ehrgeizige Williams-Pärchen also? Alles, was im Bereich des Möglichen ist, um den Erfolg der beiden Mädchen trotz finanzieller Sorgen, rassistischer Strukturen und fehlender Beziehungen zu garantieren. Das führt vom heruntergekommenen Sportplatz in der Nähe, auf dem Richard mehrfach nach dem Coaching seiner Töchter von einer lokalen Gang verprügelt wird, bis in den Olymp der Sportwelt.

Die Erfolge sprechen dabei eine eindeutige Botschaft: Venus gewann im Laufe ihrer Karriere über 49 Einzeltitel, Serena sogar 73. Ebenso gewannen die Williams-Schwestern gemeinsam 24 Doppelturniersiege. Beide gelten als zwei der begabtesten und erfolgreichsten Tennis-Profis aller Zeiten - wie schon 1980 von Richard gewünscht, geschrieben und geplant.

Eine Oscar-Sportgeschichte aus dem Bilderbuch

Der amerikanische Filmemacher Reinaldo Marcus Green macht einen soliden Job und erzählt mit "King Richard" eine Hollywood-freundliche und leicht verdauliche Sportgeschichte über Ehrgeiz, Glauben und benachteiligte Jungtalente, die sich trotz aller Widrigkeiten nach ganz oben kämpfen. Hach, schön! Dabei kommen einem zurecht mehrfach Bilderbuchvergleiche in den Kopf - und das übrigens nicht, weil Regisseur Green eine ausgefallene Bildsprache nutzt oder mit großartiger Kameraarbeit beeindruckt. Jeder gewählte Frame erfüllt seinen Zweck, gekonnt. Nicht mehr und nicht weniger.

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