King Richard in der Filmkritik: Zwei Legenden und ein Mann
Im weiteren Verlauf gehen wir nun auf die vielen Dinge ein, die das Tennis-Biopic "King Richard" verschweigt. Die kontroversen Themen, die in der "wahren Geschichte" kaum oder gar nicht angesprochen werden, fühlen sich nicht nur eigenartig unterrepräsentiert an, sie hinterlassen auch das Gefühl, man hätte nur einen romantisierten Teil einer Geschichte gesehen. Ziemlich manipulativ, zumindest aus emotionaler Sicht.
Beim Spannungsbogen gibt es auch keine wirklichen Überraschungen. Man weiß ja schließlich, wo das alles hinführt: Es gibt alles, was man sich von einem typischen Sportdrama für die ganze Familie erhofft: Das stark ausgelebte "Underdog"-Intro, unzählige Rückschläge, die klassisch für Sportfilme benötigte "Jetzt erst recht!"-Szene nach dem womöglich härtesten Rückschlag, und einen zutiefst emotionalen Monolog über diverse Dinge, die das Publikum emotional richtig schön mitreißen sollen - sehr viel mehr traut sich die handzahme und Alphatier-orientierte Williams-Story aber leider nicht zu.
Dass sich all die aufgezählten Klischee-Elemente in "King Richard" wiederfinden, ist natürlich kein sonderlich großes Problem. Es macht sogar Sinn. Solche Bausteine haben sich ja aus gutem Grund im Sportfilm-Genre und in Biopics etabliert. Man will nun mal universell Emotionen erzeugen und den Legenden dahinter gerecht werden. Wir finden nur, da stecken so viele spannenden Thematiken zwischen den Zeilen, die auffällig von der Filmcrew umschifft und ignoriert werden.
Quelle: Warner Bros I EuroVideo Medien
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Obwohl Richard Williams natürlich auch gute und schöne Seiten hat, wie der Film wiederholt fett unterstreichen möchte, gibt es um den Mann auch unzählige Kontroversen. Das beginnt bei dem vor der Geburt der zwei Töchter geschriebenen Karriereplan, geht weiter mit seiner ausgegrenzten Erstfamilie, bei der übrigens fünf Kinder zurückgelassen wurden, bis hin zu seiner bewusst getroffenen Entscheidung, seine Kinder in einer Umgebung wie Compton aufzuziehen, obwohl das Geld für weitaus sichere Umgebungen gereicht hätte. Nur, um sie abzuhärten.
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Ein Biopic, verliebt in Fantasie
Man könnte den FSK-12-Film in folgendem Satz zusammenfassen: Ein herzerwärmendes Drama über Familie, Zusammenhalt, Ehrgeiz und verdienten Erfolg, der die Welt zu Tränen rührt. Das wird auch für eine Vielzahl an Menschen zutreffen, was okay ist - je nachdem, was man sich eben wünscht vom Will-Smith-Film.
Schauspielerisch ist das alles nämlich absolut großartig, und zwar durch die Bank. Will Smith spielt sich die Seele aus dem Leib, um der lückenhaften, einseitigen Geschichte Tiefe zu verleihen. Selbes gilt für die überaus talentierten Schauspielerinnen Aunjanue Ellis ("If Beale Street Could Talk", "When They See Us"), Saniyya Sidney ("Hidden Figures", "Fences") und Demi Singleton ("Godfather of Harlem"). Ein gemütlicher Film mit tollem Schauspiel, für einen gemütlichen Abend, also. Wer mit "King Richard" liebäugelt, muss sich aber fragen: Soll es ein gutgemachter und schöner Film sein, der einfach positiv stimmt, oder ein tatsächliches und wahrheitsgemäßes Biopic mit Tiefe, Komplexität und Oscar-Flair?
Quelle: Warner Bros I EuroVideo Medien
"King Richard" ist nämlich auch eine manipulative Kinoreise in eine Realität voller zurechtgebogener Wahrheiten. Man könnte sogar so weit gehen: die konstruierte Zukunftsvorstellung eines Mannes, der im Röhrenfernseher gesehen hat, wie gottverdammt viel Geld Tennis-Profis verdienen. Das ist nämlich genau, was passiert ist ... glaubt man Richard William selbst.
In seiner 2014 veröffentlichten Autobiografie "Black and White: The Way I See It" verrät er nämlich, dass er 1980 im Fernseher sah, wie die 25-jährige Rumänin Virginia Ruzici ein Turnier gewann und 40.000 Dollar Preisgeld einheimste. "Wenn eine Frau so viel Geld gewinnen konnte, wollte ich zwei Töchter, um in dieser Disziplin mitzumischen. Danach setzte ich mich in mein Büro und begann, alles zu durchdenken und zu planen."
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