Gene Roddenberry, der Erfinder von Star Trek, Teil 2: Von den wilden 70ern bis zu seinem Vermächtnis

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Special Sebastian Göttling - Autor Lukas Schmid - Brand / Editorial Director
Gene Roddenberry, der Erfinder von Star Trek, Teil 2: Von den wilden 70ern bis zu seinem Vermächtnis
Quelle: Paramount

Gene Roddenberry war mehr als nur der Erfinder von Star Trek. Im zweiten Teil unseres Blicks auf sein Leben widmen wir uns unter anderem seinem bleibenden Einfluss.

Weil sich beides mit der unverhältnismäßig harmonischen Roddenberry-Box, wie sie in den letzten Jahren gelebt wurde, nur bedingt vereinen ließ, herrschte in der ersten Hälfte der 90er große Angst vor Ablehnung der neuen Star-Trek-Auswüchse durch die Hardliner-Fans.

So gaben sich die Verantwortlichen größte Mühe, stets zu betonen, dass Gene Roddenberry den sechsten Kinofilm noch im Rohschnitt gesehen und dass er das Serienkonzept von Deep Space Nine gelesen - und dass er beidem praktisch noch auf seinem Sterbebett seinen Segen erteilt hatte. Ohne diesen Anschein des Roddenberry-Gütesiegels ging für zahlreiche Fans nichts.

Dabei gibt es über die tatsächlichen Reaktionen Gene Roddenberrys, was die beiden Folgeprojekte angeht, so viele unterschiedliche Geschichten, wie es Mitwirkende bei Star Trek gibt.

Manche aus dem inneren Zirkel, der sich nach Roddenberrys Tod geschasst fühlten - so wurde beispielsweise seine persönliche Assistentin und langjährige Geliebte Susan Sackett noch beinahe am Todestag gefeuert -, pochen bis heute darauf, dass Gene Roddenberry selbstverständlich absolut dagegen war und die Geschichten seines gütigen Abnickens selbstverständlich erstunken und erlogen seien.

Gefangen in der Roddenberry Box: Will Riker und Captain Picard Quelle: Paramount Gefangen in der Roddenberry Box: Will Riker und Captain Picard Doch auch Fans, die den Altmeister gar nicht persönlich kannten, waren sich nicht zu schade, ihn vor ihren Karren zu spannen. Oftmals stöbere ich in alten Trekworlds - das ist das damalige deutsche Fanzine des Clubs Star Trek Central Europe -, und gerade in der Leserbrief-Ecke (oder Laserbrief-Ecke, wie sie da genannt wird) ging es oft hoch her, was die Qualitätseinschätzung von Star Trek in den Jahren unmittelbar nach Roddenberrys Ableben angeht.

Viele der Fans, die von einer der Serien oder Filme ganz und gar nicht begeistert waren, schrieben dort: "Das hätte Gene nie gewollt!" Oder: "Das entspricht nicht der Vision des Gene Roddenberry." Absolute Totschlagargumente.

Für mich spricht nichts dagegen, popkulturelle Inhalte persönlich für gut zu befinden oder aber auch qualitativ abzulehnen. Wunderbar auch, wenn man selbstbewusst zu dieser Meinung steht und diese vertritt, am liebsten mit schlüssigen Argumenten und Belegen.

Doch ich fand und finde es schäbig und respektlos, dieser eigenen Meinung eine Allgemeingültigkeit für alle Fans weltweit verleihen zu wollen, indem man einem Verstorbenen Einschätzungen unterjubelt, die weder bewiesen noch widerlegt werden können. Der arme Gene musste da für ganz schön viel herhalten.

Dabei sagte er selbst auf einer Convention etwa ein Jahr vor seinem Tod: "Ich rechne damit, ja, eigentlich hoffe ich sogar, dass in den Jahren, die da noch kommen, neue Generationen von Fans ganz neue Formen von Star Trek anschauen werden, die in Zukunft produziert werden, und sagen: 'Das hier ist echtes Star Trek! Diese anderen Leute damals, ganz am Anfang, die haben es noch nicht einmal halb so gut gemacht.'"

Roddenberry 18: Mose

An vielen Stellen scheint es unvereinbar, dass ein Mensch von solch üppigem Lebenswandel und mit zahlreichen Lastern, der sich gerne immer wieder selbst plagiierte, dann wieder neu erfand, später dann widersprach - dass so jemand sinnbildlich stehen soll für eine Serie, die von einer optimistischen Zukunft, vom Frieden und dem Zelebrieren von Unterschieden, von einwandfreier Moral und mit einer weltverbessernden Botschaft geprägt ist.

Um Star Trek: Deep Space Nine zu etablieren oder diskreditieren, musste der mittlerweile verstorbene Gene Roddenberry herhalten. Quelle: Paramount Um Star Trek: Deep Space Nine zu etablieren oder diskreditieren, musste der mittlerweile verstorbene Gene Roddenberry herhalten. Doch kann man hier wirklich einen Heiligen wollen, einen - und man erlaube mir Atheisten diesen Ausdruck - makellosen Heiland Roddenberry? Ist jemand, der ein echter Mensch ist, wie Gene Roddenberry einer war - voller guter Vorsätze, jedoch fehlerbehaftet, mit sprühender Kreativität sowie dem Mut zu scheitern und dann wieder aufzustehen, ein Schlitzohr, Genießer und Geschäftsmann -, nicht viel authentischer als Schöpfer der Geschichte einer Menschheit, die sich zu verbessern und selbst zu überwinden sucht?

Gene Roddenberry erzählte in Star Trek nie davon, wie er sich selbst sah, sondern davon, wie sein idealisiertes Bild wäre. Vielleicht kann ich noch ein weiteres religiöses Bild bemühen: Genau wie Mose erzählte Gene Roddenberry uns allen vom gelobten Land und brachte uns ihm ein ganzes Stück näher, doch die Makel des Menschlichen in ihm führten dazu, dass er selbst nicht mehr miterleben konnte, wie in dieses Land Einzug gehalten wird.

Roddenberry 19: Inspiration

Doch der Geist der Gene Roddenberry wirkt bis zum heutigen Tage in kreativen Köpfen. Ein Beispiel: In den ersten Jahren der Next Generation war es noch möglich, dass externe Amateure Geschichten vorschlagen konnten. So ereilten die Star-Trek-Büros tausende Manuskripte im Jahr und nur zwei oder drei davon wurden wirklich umgesetzt.

    • Kommentare (4)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von jensmachwitz_88 Anwärter/in
        Also wenn mal Artikel erscheinen die mit Games nix zu tun haben aber durchaus gelungen und lesenswert sind, dann ganz genau dann sind es diese schönen Star-Trek-Perlen. Ist aber leider eine absolute Ausnahme hier. Die reißerischen Kino-Artikel sind ja wirklich unterirdisch...
      • Von jensmachwitz_88 Anwärter/in
        Also wenn mal Artikel erscheinen die mit Games nix zu tun haben aber durchaus gelungen und lesenswert sind, dann ganz genau dann sind es diese schönen Star-Trek-Perlen. Ist aber leider eine absolute Ausnahme hier. Die reißerischen Kino-Artikel sind ja wirklich unterirdisch...
      • Von Falconer75 Hobby-Spieler/in
        Eine absolute Perle, dieses zweiteilige Special. Unglaublich kompetent und gut geschrieben. Großartig.
      • Von Loosa Senior Community Officer
        Da fällt mir ein grandioser Strip von The Oatmeal ein. Was eine Persönlichkeit!
        [Ins Forum, um diesen Inhalt zu sehen]
      • Von 08-of-15 Anfänger/in
        Ein sehr erhellender und vor allem informativer Beitrag.
        Gene Roddenberry als Mensch scheint zum Teil auch wieder einmal ein Argument für die Trennung zwischen Kunst und Künstler zu sein.
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