Utopie, Zoff & Teerpfützen: Die erste Staffel von Star Trek The Next Generation

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Special Sebastian Göttling - Autor Lukas Schmid - Brand / Editorial Director
Utopie, Zoff & Teerpfützen: Die erste Staffel von Star Trek The Next Generation
Quelle: Paramount Pictures

In Teil 4 unserer Star Trek-Retrospektive wechseln wir vom Kino ins Fernsehen: Sebastian Göttling widmet sich Staffel 1 von Star Trek: The Next Generation!

Doch - wie bereits gesagt - vier Monate später, im März 1991 war es endlich so weit, meine Schulkollegin Sonja war zu Besuch, eine außerordentliche resolute Person, deren "Wunsch", doch jetzt "Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert" auf dem ZDF einzuschalten, ich unter Androhung körperlicher Gewalt kaum abschlagen konnte. Und was soll ich sagen? Von da an war ich hooked! Nicht jedoch, weil Tasha starb, was großen Eindruck auf Sonja machte. Nein, ich fand das schwarze Teermonster Armus irgendwie faszinierend. Vor allem aber zog mich in seinen Bann, wie Armus den ersten Offizier William Riker mit Haut und Haaren verschluckte und daraufhin sein teerbedecktes, zu einem Schmerzensschrei verzerrtes Antlitz in einem kurzen Horrormoment an die Oberfläche der schwarzen Pfütze spülte. Dieser Anblick verknüpfte in meinem Kopf die beiden Synapsen "Star Trek" und "Star Wars", denn er erinnerte mich instantan daran, wie horrormäßig "geil" ich es fand, als Han Solo in "Das Imperium schlägt zurück" in Karbonit eingegossen wird - ein damals unvergesslicher Anblick für meine junge Seele.

Bis heute bin ich der Ansicht, dass sich "Skin of Evil" ganz bewusst auf dieses ikonische Bild bezieht. Doch unabhängig davon: Nun war ich Star-Trek-Fan. Danke, George Lucas, danke, Armus - und danke, Sonja.

Ich stieß aber auch just im richtigen Moment zur Serie, als sich nämlich gegen Ende der Staffel die Dinge verdichteten und richtig "cool" wurden. Die nächste Geschichte war "We'll Always Have Paris" (Begegnung mit der Vergangenheit), in der Zeitstörungswellen das gesamte Universum zu zerlegen drohen, dicht gefolgt von "Conspiracy" (Die Verschwörung), worin insektenhafte Invasoren die Sternenflotte unterwandern - und schließlich "The Neutral Zone" (Die neutrale Zone), in der die geheimnisumwitterten Romulaner nach jahrzehntelanger Abwesenheit wieder aus den Schatten treten, weil eine unerklärliche Macht ganze Außenposten in den Grenzgebieten ausradiert hat.

Verhandlungsauftakt im sieben Jahre langen Prozess Q (John de Lancie) gegen die perfekte Menschheit Quelle: Paramount Pictures Verhandlungsauftakt im sieben Jahre langen Prozess Q (John de Lancie) gegen die perfekte Menschheit Die erste Staffel der Serie bekommt heutzutage viel Hohn ab, weil sie noch nicht so poliert ist wie die späteren Hochglanzjahre der Next Generation. Weil sie mit ihren grellgrünen, außerirdischen Planetenatmosphären und niedrig stehenden Horizonten aussieht wie die cheesigsten Episode der Urserie.

Weil die Charaktere alle noch ziemlich steif agieren. Außerdem ist der Mittelteil der Staffel tatsächlich ziemlich müde geraten und hat den ein oder anderen Langeweiler im Angebot. Merkwürdige Töne werden zudem angeschlagen in Episoden wie "Code of Honor" (Der Ehrenkodex) oder auch "Angel One" (Planet Angel One) - zwei Geschichten, in denen es unzeitgemäß ziemlich rassistisch und Mario-Barth-mäßig zugeht.

Trotzdem: Die erste Staffel wohnt in meinem Herzen an einem viel wärmeren Ort als bei vielen anderen Fans - und ja, ich erkenne die Schwächen dieser 25 Geschichten durchaus. Nicht jedoch in den letzten vier Folgen, die meine allerersten waren, und die den Weltraum als die Heimat kosmischen Horrors inszenieren, wie man ihn beispielsweise von H.P. Lovecraft kennt (der mir damals freilich noch kein Begriff war, aber das Gefühl, das er auslöste, war mir nicht unbekannt).

Und das, obwohl die explodierenden Köpfe und Invasoren-Muttertiere, die sich blutig durch Brustkörbe Bahn brechen, aus der ZDF-Version der Episode "Conspiracy" herausgeschnitten wurden. Mit solchem Kram bekam man mich damals, mit solchem Kram bekommt man mich auch heute - und zum Glück sollte die zweite Staffel erst einmal nahtlos so weitermachen. Ich liebe die erste Staffel der Next Generation, obwohl sie nur ein kleiner Vorgeschmack dessen ist, was Star Trek in den kommenden 17 Jahren liefern würde. Fortsetzung folgt.

Verfügbarkeitshinweis: Alle Staffeln von "Star Trek: The Next Generation" sind im Streaming verfügbar auf Paramount+, außerdem auf Blu-Ray und DVD.

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Sebastian Göttling, Jahrgang 1978, ist Ko-Moderator von Deutschlands beliebtestem Star-Trek-Podcast "Trek am Dienstag". Er forscht beharrlich auf den Retro-Gebieten Film und Fernsehen im Allgemeinen, Star Trek im Besonderen, Kultur- und Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts zwischen Space-Race und Mauerfall, Medienentwicklung, Kunst und Kommerz.

    • Kommentare (20)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von aga74 Stille/r Leser/in
        Schöner Artikel!

        Ich habe TNG, DS9 und Voyager dieses Jahr erst noch mal durch-gesuchtet...und muss sagen die Geschichten haben nix an ihrer Aktualität eingebüßt. Effekte sind vielleicht etwas angestaubt, aber daran gewöhnt man sich sehr schnell. SciFi mit Moral - das gibt's eigentlich nur bei Star Trek. Da kam für mich eigentlich nur noch Babylon 5 ran...

        Und was die neuen Serien angeht, da halt ich mich an den Kodex von Star Trek: Toleranz! Ich mag die eigentlich alle. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Ganz vorn natürlich "Picard". Die letzte Staffel war der Hammer - und Fanservice pur.
        Ich kenne das TNG Team auch persönlich von diversen Conventions, und es ist unglaublich wie dicke die noch alle miteinander sind. Diese "Familie" die ja viele Serien-Casts für sich propagieren ist bei der Crew von TNG absolut real. Immer wieder schön wenn ich der quirligen Sirtis's Geschichten von "old boldy" lauschen darf. :D Durch dieses Wissen um diesen Zusammenhalt der Schauspieler macht das Schauen der alten und neuen Folgen nochmal extra viel Freude.
      • Von aga74 Stille/r Leser/in
        Schöner Artikel!

        Ich habe TNG, DS9 und Voyager dieses Jahr erst noch mal durch-gesuchtet...und muss sagen die Geschichten haben nix an ihrer Aktualität eingebüßt. Effekte sind vielleicht etwas angestaubt, aber daran gewöhnt man sich sehr schnell. SciFi mit Moral - das gibt's eigentlich nur bei Star Trek. Da kam für mich eigentlich nur noch Babylon 5 ran...

        Und was die neuen Serien angeht, da halt ich mich an den Kodex von Star Trek: Toleranz! Ich mag die eigentlich alle. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Ganz vorn natürlich "Picard". Die letzte Staffel war der Hammer - und Fanservice pur.
        Ich kenne das TNG Team auch persönlich von diversen Conventions, und es ist unglaublich wie dicke die noch alle miteinander sind. Diese "Familie" die ja viele Serien-Casts für sich propagieren ist bei der Crew von TNG absolut real. Immer wieder schön wenn ich der quirligen Sirtis's Geschichten von "old boldy" lauschen darf. :D Durch dieses Wissen um diesen Zusammenhalt der Schauspieler macht das Schauen der alten und neuen Folgen nochmal extra viel Freude.
      • Von Nevrion Spiele-Enthusiast/in
        Hab die Serie zwar als Kind sicher mitbekommen, ich denke sogar auf SAT1, aber ich sehe mich nicht als Star Trek Fan. Hängen geblieben ist davon vor allem die deutsche Neusynch einzelner Episoden, die als "sinnlos im Weltraum" bekannt wurden. Ist für mich immer untrennbar mit Picard und Co verbunden und so gesehen, kann ich Ryker ("Meint der mich wenn er Ryker sagt?") und Co heute auch nicht mehr ernst nehmen, weil immer dass Abbild von "Sinnlos im Weltraum" durch meinen Kopf schwirrt.
      • Von ZAM Spiele-Kenner/in
        Wie immer, schöner Artikel Herr Filmeonkel. ^^

        ENT, TOS, TNG, DS9 und VOY sind der einzige Grund, warum ich Netflix noch habe. Wenn es da weg ist, darf P+ gern mal zeigen, was es so hat. ^^
      • Von fud1974 Spiele-Kenner/in
        Zitat von Neawoulf
        Und generell mochte ich den Optimismus bzgl. der Zukunft der Menschheit in der Serie. Das vermisse ich sehr an neueren (nicht nur) Star Trek Serien und Filmen und ich gehe davon aus, dass man das nicht mehr macht, weil es sich nicht so gut verkauft, weil es nicht zum aktuellen "Zeitgeist" passt.

        Aber ich glaube die Menschheit braucht in einer Zeit der Krisen, wie z. B. der zurückliegenden Corona Pandemie, der Aggression der russischen Regierung und der generellen Unzufriedenheit und Wut vieler Leute, wieder optimistischere Zukunftsvisionen, selbst wenn sowas anfangs evtl. nicht so viele Zuschauer anlockt, wie düsterere Geschichten.
        Ach, nun ja, noch ist nicht alle Hoffnung verloren was das angeht (passt ja.. :P)

        Tatsächlich war in den letzten Jahren eher "dirty" und "dark" in, aber das ist halt auch immer ein Zeitgeist - Ding. Einige hat das naiv-zukunftsfreudige "wir sind die guten" Szenario von solchen Serien (egal ob TV oder anderweitig) halt immer auch gestört... Wir träumten als Teenager in den Endachzigern frühen Neunzigern eher davon, dass mal so richtig der (Cyber)punk abgeht, und nicht Leute in schnieken Uniformen was von Werten faseln... :P

        Zumindest meine Fraktion war so, aber wie man sieht gab und gibt es da Unterschiede.

        Aber wie gesagt, gibt auch Entwicklungen wieder zurück in die zukunftsfreudige Ecke, und das ist ja auch gut so, zumindest im Brettspielbereich.

        Stichwort: "Hopepunk"

        Nein, das habe ich jetzt nicht erfunden.

        [Ins Forum, um diesen Inhalt zu sehen]
      • Von sauerlandboy79 Spiele-Guru
        Zitat von MrFob
        Also ich schau ja auch gerade wieder immer mal hier und da ne Folge. Bin in Staffel 4 und habe natuerlich (wie fast immer) die gegenteilige Meinung zu [Ins Forum, um diesen Inhalt zu sehen] . :-D

        So viele gute Folgen! Data's Day, eine etwas leichtere Episode und wahrscheinlich eine meiner Lieblings ST Folgen ueberhaupt, The Drummhead mit Picard's bekannter Ansprache: "with the first link, the chain is forged" (auch heute noch sehr relevant die Folge, vor allem Picards Schlussgespraech mit Worf). The Wounded, wo wir zum ersten mal die Cardassianer kennenlernen. The Mind's Eye, in der die Romulaner nochmal so richtig fies sein duerfen und dann der ganze Klingonen-Arc, der sich ueber 2 Staffeln aufbaut um dann im Finale von Staffel 4 einen Hoehepunkt erlangt.

        Die ersten beiden Staffeln, ja ok, hatten mehr Tief- als Hoehepunkte, das ist richtig aber TNG als Ganzes ist einfach peak Trek.

        Das waren halt mal richtig gute Drehbuecher und exzellent gespielt. Da konnte mMn Voyager nie so recht mithalten. Aber so hat eben jeder seine Vorlieben und das ist ja auch ok so. ;)
        Niemand muss meine Meinung teilen, ist auch vollkommen okay. Genauso hinsichtlich Voyager. ;-)

        Die damals noch leicht vorhandene Faszination von TNG verspüre ich heute einfach nicht mehr, was mitunter auch daran liegt dass TOS die eigentliche Serie meiner Kindheit war. Ohne die Beliebheit von Picard und Co. runtermachen zu wollen, aber die Kirk-Crew als Ganzes funktionierte einfach perfekt. TNG war da mit Crusher und teilweise mit Troi hingegen ein wenig "bestraft". ^^
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