Cyberpunk 2077 im Test - Seite 2
Es hat gedauert, aber endlich ist Cyberpunk 2077 bei uns im Test. Wir beleuchten das Rollenspiel in der ausführlichen Review in all seinen Facetten. Beschreiben, warum das Spiel ein großartiges Erlebnis ist, das sich kein Gamer entgehen lassen sollte. Wir zeigen aber auch klar auf, welche Macken das Spiel noch plagen und was uns nicht so gefallen hat.
Was gibt es sonst noch zu tun?
Aber dennoch seid ihr als V natürlich Teil dieser Spielwelt und des öffentlichen Lebens. Damit ihr dabei nicht völlig über die Stränge schlagt, gibt es auch ein Polizeisystem, dass euch zu schaffen macht, wenn ihr Leute überfahrt, in der Öffentlichkeit rumballert oder anderen Blödsinn anstellt. Ähnlich wie in GTA gibt es dabei ein mehrstufiges Sternsystem der Polizeiverfolgung. Allerdings ist Cyberpunk eine nicht ganz so friedliche Welt. Entsprechend machen die Cops von Night City auch schon bei kleinsten Vergehen von der Schusswaffe Gebrauch. Da hilft es also nur noch die Flucht anzutreten. Ansonsten halten sich die Interaktionsmöglichkeiten mit der Spielwelt aber überraschend in Grenzen. Bei verschiedenen Händlern für Waffen, Kleidung und Cyberware sowie den überall herumstehenden Automaten für Nahrungsmittel lassen sich benötigte Dinge einkaufen und überschüssiger Kram verkaufen, aber das war es dann auch schon. Es gibt weder GTA-typische Minispiele wie Darts, Tennis oder Golf, noch irgendeine andere Form von Nebenbeschäftigung wie das Gwent-Kartenspiel in The Witcher 3 zum Beispiel.
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Auch Collectibles sucht man vergebens, sieht man mal von einer Tarotkarten-Sammlung ab, die es für eine Nebenquest zu sammeln gibt. Wer mit seinem V genug Kohle verdient, kann sich aber immerhin eine beachtliche Fahrzeugflotte sammeln. Im Verlauf des Spiels wird man regelrecht mit Verkaufsangeboten für neue Autos und Motorräder zugeschüttet. Sich hiervon das eine oder andere schicke Gefährt auszusuchen, ist aber auch gar Quelle: PC Games nicht so verkehrt. Denn immerhin ist der eigene fahrbare Untersatz die Fortbewegungsmethode Nummer 1. Die Boliden fühlen sich dabei angenehm unterschiedlich an. Ein flinker Sportwagen wirkt leicht und dynamisch, während ein dick aufgemotzter Pickup sich schon etwas behäbiger verhält. Insgesamt brauchten wir aber ein wenig Eingewöhnung an die Fahrzeugsteuerung. So elegant von der Hand wie bei richtigen Rennspielen geht sie nicht. Besonders irritiert hat uns, dass Rückwärts beschleunigen bei eingeschlagenem Lenkrad in der Zukunft offenbar nicht mehr geht, was Rangieren eher umständlich macht.
Alternativ kann man natürlich auch vom Schnellreisesystem Gebrauch machen, dass wie in The Witcher 3 von vorgegebenen Punkten aus genutzt werden kann. Wir hatten Cyberpunk für den Test auf einer SSD installiert, was die Ladezeit bei der Schnellreise auch angenehm kurz gehalten hat. Trotzdem haben wir in den meisten Fällen dann doch die Fahrt im eigenen Wagen bevorzugt, da es einfach Spaß macht durch die atmosphärische Welt zu heizen. Zumal die komplette Spielwelt aus einem Guss besteht. Es gibt abgesehen von Spielstart und Schnellreise keine Ladezeiten. In den Gebäuden fahren wir zwar häufig Fahrstühle, aber selbst die wirkten nicht wie versteckte Ladezeiten, sondern dienten nach unserem Eindruck wirklich nur der Überwindung von Höhenunterschieden. Quelle: PC Games
Tiefgründiges Charaktersystem
Nun wäre so eine harte und raue Welt natürlich ziemlich ungeeignet für einen Protagonisten, der nur mit Autos in der Gegend rumfährt und bei jedem Anschein von Ärger die Flucht antritt. Als vom Leben gezeichneter Söldner weiß V sich natürlich auch zu wehren. Auf welche Art und Weise liegt in eurer Hand. Schon bei der Charaktererstellung legt ihr dazu den ersten Grundstein, in dem ihr Punkte auf die fünf Attribute Konstitution, Reflexe, Technische Fähigkeiten, Intelligenz und Coolness verteilt. Die im Verlauf der Entwicklung einmal angedachten drei Klassen gibt es nicht mehr. Stattdessen steht euch das komplette Skillsystem frei zur Verfügung, um euren Helden zu basteln, wie ihr das wollt.
Dazu verfügt jedes Attribut über zwei oder drei verschiedene Skillbäume, in denen sich verschiedenste Fertigkeiten freischalten lassen. Unter Reflexe befinden sich zum Beispiel Gewehre, Handfeuerwaffen und Klingen. Wer also auf Waffenpower setzen möchte, wird hier fündig. Welche Skills der Bäume zugänglich sind, hängt dabei von der Anzahl der in das zugehörige Attribut verteilten Punkte ab. Darüber hinaus verbessert ihr euch im Umgang bestimmten Fertigkeiten durch die tatsächliche Anwendung. Wer also zum Beispiel viel schleicht, wird automatisch besser in der lautlosen Fortbewegung. Auch hier gilt, dass sich diese Fertigkeiten höher ausbilden lassen, je mehr entsprechende Attributspunkte zur Verfügung stehen.
Quelle: PC Games Diese Freiheit spiegelt sich dann natürlich auch in der Konfrontation mit Gegnern in der Spielwelt wider. Es gibt stets diverse Möglichkeiten, wie ihr Herr der Lage werdet. Eine rein lautlose Vorgehensweise ist genauso möglich, wie das massive Ausnutzen von Hacking, mit dem sich nicht nur Gerätschaften, sondern auch Gegner beeinflussen lassen. Schließlich bestehen ja auch Personen in Cyberpunk 2077 häufig zu teilen aus Elektronik. Das gilt allerdings auch für V. Wer das möchte und sich bei Attributen und Skills entsprechend spezialisiert hat, kann auch seinen Protagonisten mit weitreichenden kybernetischen Veränderungen ausstatten. Die inzwischen schon berühmten Mantis-Klingen sind da nur ein Beispiel.
Bei all dem hat man zudem stets die Wahl, ob man Gegner töten oder nur ausknocken möchte. Das gilt nicht nur für Schleichangriffe, sondern sogar für den Einsatz von Schusswaffen, die mit entsprechenden Mods auf nicht-tödliche Projektile umgerüstet werden können. Leider konnten wir nicht feststellen, dass diese Wahl größere nennenswerte Auswirkungen hätte. Hier und da machen Charaktere vielleicht mal eine Bemerkung zu Vs Vorgehensweise, das war es dann aber auch schon.
So großartig das freie Skillsystem für Tüftler und Rollenspiel-Puristen ist, so überwältigend kann es auf den ersten Blick auch sein. Bei den schier unendlichen Kombinationsmöglichkeiten von coolen Sachen, besteht auch immer die Gefahr sich skilltechnisch ein wenig zu verrennen. Das fällt immer dann besonders auf, wenn man plötzlich einem Bossgegner gegenübersteht, der für die eigne gewählte Kampfweise so gar nicht geeignet ist. Mit ein wenig Improvisation haben wir zwar jede Situation gemeistert, die uns das Spiel gestellt hat, zu ein wenig Planung bei der Skillung können wir aber trotzdem nur raten. Zumal es derzeit keine Möglichkeit gibt, seine Attribut- und Skillpunkte zurückzusetzen und neu zu verteilen.
Egal für welche Art zu Kämpfen ihr euch entscheidet, dank Ego-Perspektive fühlt es sich stets hervorragend an. Man ist ständig direkt in der Aktion. Die Schusswaffen haben ordentlich Wumms und verhalten sich je nach Waffentyp, wie man es von ihnen erwartet. Auch mit Nahkampfwaffen kommt ordentlich Spielspaß auf. Wer sich mit einem Katana durch die Gegner schneiden will, sollte aber auch darauf achten, dass er ein paar Treffer aushalten sollte. Im Stealth-Gameplay sind vor allem Geduld und die richtigen technischen Gadgets gefragt. Allgemein erinnert das Kampfsystem von seiner Vielfalt an die Deus-Ex-Reihe, was ja nicht zwingend etwas Schlechtes ist.
Sammler und Bastler
Neben einem tiefgründigen Charaktersystem hat jedes vernünftige Rollenspiel natürlich auch ein Item-System, das mit ersterem Hand in Hand geht. Das ist auch in Cyberpunk 2077 der Fall. Nahezu jeder ausgeschaltete Gegner lässt Beute fallen, darunter vor allem stets die getragene Waffe. Quelle: PC Games Darüber hinaus lassen sich Klamotten, Munition, Cyberware und verschiedenste Verbrauchsgegenstände wie Heilpacks und Nahrungsmittel mit diversen Buffs erbeuten. Vieles davon findet man auch einfach in der Welt herumliegend oder in irgendwelchen Behältnissen verstaut. Wohl dem, der schon durch Spiele wie The Elder Scrolls darauf konditioniert ist, alles aufzuheben, was nicht Niet- und Nagelfest ist.
Unter den aufsammelbaren Objekten befindet sich auch jede Menge Junk. Dieser dient aber nicht nur zum Verkaufen, um Geld zu verdienen. Genau wie alle anderen Gegenstände kann auch der Müll in seine Einzelteile zerlegt werden. Dabei gewinnt ihr Einzelteile und Komponenten für das Crafting-System. Mit den richtigen Blaupausen und Rohstoffen lassen sich darin eigene Gegenstände herstellen. Zum Beispiel stehen verbesserte Versionen von besonderen Waffen und Rüstungsklamotten zur Auswahl. Darüber hinaus lassen sich umfassende Upgrades an bestehenden Gegenständen vornehmen. Auf diese Weise können die Werte von lieb gewonnenen Items gesteigert werden, damit diese nicht so schnell an Nutzen verlieren. Mit steigendem Charakterlevel werden nämlich auch die Waffen und Klamotten immer besser. Wer sich aber zum Beispiel aus stilistischen Gründen nicht von seiner schicken Jacke trennen will, kann diese dann eben aufwerten. Das gleicht das Upgrade auf einen besseren Gegenstand zwar nicht aus, verschafft aber vielleicht etwas mehr Zeit nach einem passenderen Ersatz zu suchen. Quelle: PC Games
Audiovisuelles "Licht und Schatten"
Nun könnte man meinen, dass der Stil nicht so wichtig ist, da man V ja eh kaum sieht. Aber das audiovisuelle Erlebnis von Cyberpunk 2077 ist schon so hervorragend gelungen, dass man mit seinem Protagonisten da natürlich mithalten will. Die Red Engine zaubert wunderschöne Kulissen auf den Bildschirm. Seien es die stählernen und gläsernen Gebäudeschluchten im Zentrum von Night City, oder die kargen Ebenen der Badlands. Besonders durch die herrlichen Lichtstimmungen zu den unterschiedlichen Tageszeiten entsteht eine besondere Atmosphäre. Auch die vielen Details, die es überall auf den Straßen zu beobachten gibt, zeugen von der Leidenschaft der Entwickler, hier eine nachvollziehbare Welt zu erschaffen. Man kann also durchaus sagen, das Cyberpunk 2077 zu den derzeit schönsten Vertretern des Genres gehört.
Leider wird dieses Bild aber noch viel zu häufig durch unschöne Bugs und Glitches getrübt. Besonders in gescripteten Sequenzen kommt es immer wieder zu Objekten, die falsch platziert sind, unsichtbar werden oder in der Luft schweben. Außerdem sind uns mehrfach fehlende Animationen in Cutscenes aufgefallen. Mehrfach ist es uns auch passiert, dass V aus heiterem Himmel einfach das Zeitliche gesegnet hat.
Lesetipp: Weitere Infos zur technischen Seite von Cyberpunk 2077 lest ihr bei den Kollegen von PC Games Hardware
Quelle: PC Games Ein ähnliches Bild ergibt sich im Sound- und Audiobereich. Die Geräuschkulisse von Night City ist fantastisch. Mit 11 Radiosendern kann man sich in seinem Auto mit verschiedenster Musik beschallen lassen. Besonders der Aufwand, der vielen von zahlreichen Künstlern extra für das Spiel geschaffenen Songs, ist positiv zu erwähnen. So macht zum Beispiel die schwedische Band Refused einen erstklassigen Job, der fiktiven Band Samurai von Johnny Silverhand mit einigen Songs Leben einzuhauchen. Die englische Sprachausgabe glänzt nicht nur mit Keanu Reeves, sondern auch die meisten anderen Rollen sind Top besetzt und spielen ihre Charaktere hervorragend. Aber auch die deutsche Fassung braucht sich dahinter nicht zu verstecken. Viele bekannte Sprecher, darunter Benjamin Völz, die deutsche Stimme von Keanu Reeves, machen ebenfalls einen ordentlichen Job.
Allerdings geht auch beim Ton nicht alles fehlerfrei vonstatten. So ist es uns gelegentlich passiert, dass entweder die Sprachausgabe nicht richtig abgespielt wurde, oder die zugehörigen Lippenbewegungen gefehlt haben. Etwas schade ist auch, dass man quasi gezwungen ist, mit Untertiteln zu spielen, da man sonst Fremdsprachen nicht versteht. Hier wäre eine Option hilfreich gewesen, die Untertitel nur einblendet, wenn ein Charakter in einer Fremdsprache spricht.
Wenn Ausweichen zum Problem wird
Ein paar zusätzliche Optionen hätten wir uns auch für das Interface und die Steuerung gewünscht. Mal abgesehen davon, dass die Gesundheitsanzeige gerne mal verbuggte und nur noch eine statische 0 anzeigte, gefiel uns vor allem die Minimap im Interface nicht wirklich. Der darin dargestellte Ausschnitt ist meist viel zu klein. Das fällt besonders auf, wenn man flott mit dem Auto unterwegs ist. In dem Moment, wo man auf Quelle: PC Games der Minimap erkennt, dass man abbiegen muss, ist es meist schon zu spät und man ist an der Kreuzung vorbeigerauscht. Hier wäre entweder ein frei verstellbarer Zoomfaktor oder eine Zoom-Automatik gekoppelt an die Bewegungsgeschwindigkeit hilfreich gewesen. Ansonsten ist das Interface aber völlig in Ordnung. Es vermittelt die wichtigsten Informationen und drängelt sich nicht unnötig auf. Die Gesundheitsanzeige wird zum Beispiel ausgeblendet, wenn man volle Lebenspunkte hat.
Auch die Steuerung mit Maus und Tastatur geht gut von der Hand und hat besonders im Umgang mit Schusswaffen natürlich Vorteile. Weniger gut ist die digitale Eingabe einer Tastatur aber für präzise Bewegungen geeignet. Das wäre im Grund kein so großes Problem, hätten sich die Entwickler nicht entschieden, dass Ausweichen durch ein Doppeltippen auf die Bewegungstasten erfolgt. Die Folge ist, dass man beim Versuch von präzisen Bewegungen, zum Beispiel beim Schleichen, häufig ruckartige Bewegungen ausführt, die dann auch das Schleichen brechen. Dadurch sind wir ein ums andere Mal in brenzlige Situationen geraten. Zwar lässt sich die Tastenbelegung im Spiel ändern, aber gerade die Belegung von Ausweichen ist davon ausgeschlossen.
Nun ist das aber alles durchaus jammern auf sehr hohem Niveau. Die Entwickler von CD Projekt Red stellen auch mit Cyberpunk 2077 wieder unter Beweis, dass sie etwas von Rollenspielen verstehen. Das größte Problem bei der Bewertung dieses Spiels ist daher weniger die Betrachtung der guten und weniger guten Aspekte. Vielmehr stellt sich die Frage, wie sehr die über die Jahre enorm angewachsenen Erwartungen und der Hype in die Betrachtung mit einbezogen werden sollten. Kann man dem Spiel vorwerfen, dass sich viele Leute wahnsinnig auf den Titel gefreut und entsprechend hohe Erwartungen haben? Sicherlich nicht. Ist Cyperpunk 2077 der von vielen erwartete Messias, der das Genre revolutioniert? Definitiv nicht. Hat das Spiel noch ein paar Macken zu viel? Durchaus. Ist es trotzdem ein herausragendes Rollenspiel, das jeder Fan von großartigen Videospielen gespielt haben sollte? Absolut! In diesem Sinne, um auf die Frage vom Anfang zurückzukommen: Was lange währte, wurde endlich gut!
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am glaubwürdigsten sollten dementsprechend eigentlich tests von spielen sein, bei denen keine gewaltige erwartungshaltung bestand oder sogar eine gewisse - eigentlich ja immer angebrachte - skepsis vorherrschte. wobei ich da allerdings hin und wieder den eindruck habe, dass übertrieben genau hingeschaut wird und dinge penibel (ab-) gewertet werden, die andernfalls keine rolle gespielt hätten. ich denke da bspw an biomutant. ist bestimmt nicht das beste spiel unter der sonne (geworden); aber 5/10? das gilt ja heutzutage quasi als kernschrott. selbst cyberpunk last-gen hat bekanntlich mehr gepunktet. und da wären wir wieder beim thema inkonsistenz.
Soll man das bewerten? Wenn ja, wie und wie stark? Ich finde das ist durchaus ein wichtiger Punkt .. weil das kann ja eine Bewertung schon gewaltig drehen.
Ich finde da nagt dann heftig was an der Glaubwürdigkeit.
Soll man das bewerten? Wenn ja, wie und wie stark? Ich finde das ist durchaus ein wichtiger Punkt .. weil das kann ja eine Bewertung schon gewaltig drehen.