Moralische Entscheidungen in Spielen: Wie Games Konflikte in uns triggern

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Special Olaf Bleich - Autor Benedikt Plass-Fleßenkämper - Autor Lukas Schmid - Brand / Editorial Director
Moralische Entscheidungen in Spielen: Wie Games Konflikte in uns triggern
Quelle: 2K Games

Leben oder Tod? Gut oder böse? Computer- und Videospiele stellen ihre Konsumenten immer wieder vor schwierige Entscheidungen. Doch wie viel Moral steckt wirklich in den Spielen? Und wie viel Moral macht Spaß?

Unser innerer Konflikt gegen bestimmte Entscheidungen weicht schnell dem Impuls, einfach bestimmte Möglichkeiten aus dem Spiel herauskitzeln zu wollen, um einen Vorteil zu haben. Die wahre Komplexität der menschlichen Moral kommt hier kaum zum Tragen. Sehr oft generieren wir die größten Vorteile vor allem dann, wenn wir klar in eine Richtung marschieren.

Andere Spiele gehen direkt über das Narrativ und triggern so unser Verständnis für Moral - aber auch hier fehlt es oft an Konsequenz.

Denn mal ganz nüchtern betrachtet: In Fallout 3 rauben, plündern und morden wir ohnehin, sodass die eingangs erwähnte Atombombe auf Megaton eigentlich nur die Krönung einer langen "Karriere" darstellt.

Ähnlich verhält es sich mit dem oft kritisierten Motiv der Little Sisters in Bioshock. Wir müssen sie töten, um möglichst viel ADAM zu erhalten. Verschonen wir sie jedoch, werden wir mit Extras belohnt.

Bioshock Quelle: 2K Games Bioshock Ein kontroverser, aber eigentlich interessanter Ansatz wird hier also durch eine Art Belohnungsspirale untergraben. Was eine moralische Entscheidung sein sollte, mutiert irgendwann zur Frage: "Will ich ADAM oder doch lieber etwas anderes?"

Viele Spiele nutzen Entscheidungen, um uns über die Geschichte zu inneren Konflikten zu provozieren. Telltale Games versteht es meisterhaft, spannende und nahbare Charaktere zu erschaffen - um uns dann buchstäblich die Pistole auf die Brust zu setzen.

Am Ende der ersten Staffel von The Walking Dead müssen wir uns beispielsweise entscheiden, ob wir mit der kleinen Clementine ihren treuen Weggefährten Lee erschießen und ihn damit vor dem Zombie-Dasein bewahren oder ob wir ihn am Leben lassen, um Clem ein traumatisches Erlebnis zu ersparen.

Moral spielt hier in erster Linie eine narrative Rolle. Ein klares Schwarz-Weiß-Bild gibt es nicht, stattdessen verändern wir die Geschichte damit.

The Walking Dead Quelle: Telltale Games The Walking Dead In The Witcher 3: Wild Hunt betreten wir mit dem Hexer Geralt von Riva zunächst einmal eine bereits moralisch aufgeladene Spielwelt. Diese ist in Fraktionen mit unterschiedlichen Werten, Ideologien und Hintergründen aufgeteilt. Geralt ist ein Außenseiter, der immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert wird. Eigentlich wird er nur zu Hilfe gerufen, wenn wirklich Not am Mann ist.

Das Spiel stellt uns oft vor moralische Entscheidungen und zeigt uns die Konsequenzen auf. Gleichzeitig ist aber das gesamte Umfeld so aufgeladen, dass wir hier sehr stark unsere eigenen Moralvorstellungen in das Spiel übertragen und situativ auf die Wahlmöglichkeiten reagieren. Es geht hier also nicht um "gut" oder "böse" - und damit auch nicht um Gameplay-Motive.

Der von Yager entwickelte Militär-Shooter Spec Ops: The Line dreht den Spieß hingegen um. Zunächst wirkt es wie ein klassisches Actionspiel, in dem wir zwar Unmoralisches tun, dies aber hinter Gleichgültigkeit und Pflichterfüllung verstecken.

Spätestens aber, wenn wir nach einem Drohnenangriff die Konsequenzen unserer Taten selbst erfassen, schlägt der moralische Kompass aus. Was haben wir nur angerichtet? Spec Ops: The Line war zwar kein kommerzieller Erfolg, gilt aber wegen dieses Twists als bahnbrechendes Spiel.

Spec-Ops:The Line Quelle: Moby Games Spec-Ops: The Line The Darkest Dungeon geht in eine ganz ähnliche Richtung: Denn auch hier sieht auf den ersten Blick alles nach einem typischen Dungeon Crawler aus. Wir schicken unsere Charaktere in dunkle Kellergewölbe und lassen sie dort kämpfen. So weit, so gewöhnlich. Doch anstatt das Spiel auf seine Kämpfe zu reduzieren, erweitert Entwickler Red Hook die Charaktertiefe.

    • Kommentare (2)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von SethWinterstein Spiele-Enthusiast/in
        Die meisten moralischen Entscheidungen sind ja eher simpel und wie Nevrion sagt, die eine Entscheidung verspricht dabei zumeist auch wirklich nutzen und die andere eher nicht. Wir haben da bspw. sowas wie den Charakter töten oder leben lassen. Leben lassen bedeutet meistens halt Quest, Story, Belohnung, töten bedeutet er ist weg, kurzfristig Erfahrung und Geld aber nicht das wonach man meistens sucht.

        Als Alternative gibt es dann natürlich noch die Entscheidungen die einem dann in den Hintern beißen so als Erinnerung daran wie schlecht die Welt sein jann alá "Du wolltest gut sein aber dann die sind jetzt alle tot! Hättest du mal...".

        Und natürlich ist es allgemein oftmals halt aufgeteilt in zwei Wege, zwei Fraktionen und so weiter. Mit Glück hat man eine dritte Option die dann aber auch zumeist eher in Richtung "ich will mir allem nichts zutun haben" darstellt.

        Insgesamt bin ich in all den Jahren von den moralischen Entscheidungen eher nicht sonderlich angetan gewen.
      • Von SethWinterstein Spiele-Enthusiast/in
        Die meisten moralischen Entscheidungen sind ja eher simpel und wie Nevrion sagt, die eine Entscheidung verspricht dabei zumeist auch wirklich nutzen und die andere eher nicht. Wir haben da bspw. sowas wie den Charakter töten oder leben lassen. Leben lassen bedeutet meistens halt Quest, Story, Belohnung, töten bedeutet er ist weg, kurzfristig Erfahrung und Geld aber nicht das wonach man meistens sucht.

        Als Alternative gibt es dann natürlich noch die Entscheidungen die einem dann in den Hintern beißen so als Erinnerung daran wie schlecht die Welt sein jann alá "Du wolltest gut sein aber dann die sind jetzt alle tot! Hättest du mal...".

        Und natürlich ist es allgemein oftmals halt aufgeteilt in zwei Wege, zwei Fraktionen und so weiter. Mit Glück hat man eine dritte Option die dann aber auch zumeist eher in Richtung "ich will mir allem nichts zutun haben" darstellt.

        Insgesamt bin ich in all den Jahren von den moralischen Entscheidungen eher nicht sonderlich angetan gewen.
      • Von Nevrion Spiele-Enthusiast/in
        Ich mag solche Spiel eigentlich ganz gerne, auch wenn ich selten dazu tendiere absichtlich das moralisch Falsche zu tun. Ob bei Life is Strange oder Mass Effect oder Baldurs Gate (1-3) - im Endeffekt ist in den meisten Spielen die moralisch höchst noble Antwort auch die, die einem später Vorteile im Spiel verspricht. Das macht es dann auch relativ leicht, sich dafür zu entscheiden.
        Natürlich gibt es auch Spiele wie The Last Of Us, wo man als Spieler nicht wirklich vor die Wahl gestellt wird anders zu handeln, sondern eher begleitend und erfassend mitspielt. Das mag auch mal interessant sein, kann aber dann auch darin enden, dass einen das Spiel nicht mehr interessiert, weil sich die Handlung in eine Richtung entwickelt, die nicht mehr gefällt.

        Erstaunlicherweise ist auch so ein Strategiespiel wie Warcraft 2 bei mir auf den moralischen Kompass eingeschlagen, weil hier z.B. die inner-orcischen Konflikte zwischen den Anhängern des ermordeten Blackhands und dem neuen Chief Doomhammer durchaus zum Nachdenken anregen, für welche Seite man eigentlich ist, auch wenn einem das Spiel dahingehend keine große Wahl lässt. So hat z.B. Doomhammers feiger Hinterhalt, der zum Tod Lothars führte, mich in meiner Ansicht zu der Zeit bestärkt, dass die Horde besser mit Blackhand dran gewesen wäre. Und natürlich generell, ist man für die Interessen der Menschen oder für die Orcs?

        Entscheidend ist wohl im Endeffekt nicht die Art des Spiels, sondern die Darstellung der Geschichte und ihrer Protagonisten darin. Natürlich gibt es auch Spiele, die relativ geschmacklos mit bestimmten Themen umgehen, aber letztendlich geht es bei Spielen darum die Emotionen anzusprechen, nicht zu belehren oder zu erziehen. Man will unterhalten werden und das schafft man natürlich auch ohne die Frage eines moralischen Konflikts.
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